Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
kein Problem gewesen, berichtet Ostrovsky, denn die Palästinenser hätten über einen Vorrat in einem Trainingslager in Jugoslawien verfügt. Zwei davon sollten über die Adria nach Italien geschmuggelt werden.
Abu Hassan sei dann auf St. Pauli in Hamburg durch einige dunkle Bars gestreift, um einen Mann anzuheuern, der etwas von Navigation verstand, und zwei junge Frauen, die für Geld und Drogen den Kapitän bei Laune halten sollten. Die ahnungslose Gruppe ging in Bari an Bord einer hübschen Yacht, setzte nach Dubrovnik über und nahm dort die in Holzkisten verpackten Raketen in Empfang. Alles lief planmäßig, bis ihnen kurz vor der Ankunft im Hafen von Bari ein Kommando des »Schwarzen September« in einem kleinen Boot entgegenkam. Die Palästinenser luden die Fracht um, schnitten den drei Deutschen die Kehle durch, bohrten das Boot an und versenkten es in Sichtweite der Küste.
Der Raketenanschlag auf die israelische Regierungsmaschine konnte dann aber vom Mossad doch noch vereitelt werden. Ostrovsky war damals ganz offensichtlich persönlich an der Operation beteiligt. Es gelang ihm und seinen Caesarea-Kollegen in allerletzter Sekunde und ganz im Stile eines James Bond, die schon in der Nähe des Flugfeldes versteckten Strellas aufzuspüren und die Palästinenser zu überwältigen. Ostrovsky schreibt über seine heldenhafte Rolle in der dritten Person: »Der Mossad-Mann stieg aus und stellte fest, dass die beiden Raketen da waren und die Terroristen festsaßen. Als er Polizeifahrzeuge auf sich zukommen sah,sprang er in den Wagen, setzte zurück und brauste in Richtung Rom davon. Sobald er seine Kollegen benachrichtigt hatte, verschwanden alle Mossad-Leute von der Bildfläche, als wären sie niemals dagewesen.«
Selbst wenn es vielleicht dramatischer formuliert wurde, als es tatsächlich war, Ostrovskys Erinnerungen dürften authentisch sein. Denn im Herbst 1990 unternahm die israelische Regierung den Versuch, mit einer Einstweiligen Verfügung die Veröffentlichung in den Vereinigten Staaten zu verhindern – ein Novum in der Geschichte des internationalen Buchgeschäfts. Es war ein ebenso aussichtsloses wie kontraproduktives Vorhaben, das Ostrovskys Buch nicht nur zu einer weiten Verbreitung, sondern auch zu einer Glaubwürdigkeit verhalf, die ihm ansonsten vielleicht versagt geblieben wäre.
Für die israelische Regierung spielte es in den siebziger Jahren keine Rolle, ob Abu Hassan tatsächlich an der Planung des Olympia-Attentats beteiligt war oder nicht, es klebte so viel (nicht nur jüdisches) Blut an seinen Fingern, dass er immer wieder als die Nr. 1 auf der Todesliste bestätigt wurde. Doch Salameh lebte in Beirut nicht etwa zurückgezogen, um nicht zu einer leichten Zielscheibe zu werden. Im Gegenteil: der Mittdreißiger pfiff oft auf Sicherheitsmaßnahmen. In einigen der Hotels hatte er ständig Zimmer reserviert, um sich dort nach Bedarf mit seinen Freundinnen zu vergnügen; er galt als Liebling vieler Frauen, man sagte ihm ein Dutzend und mehr ständige Beziehungen nach. Ein Lebemann zwischen den Fronten des Nahen Ostens.
Ali Hassan Salameh, 1942 im palästinensischen Dorf Qula geboren, wuchs nicht allein aus eigener Kraft in eine Führungsposition des militanten Widerstands hinein, er zehrte auch vom Ruhm seines legendären Vaters. Scheich Hassan Salameh, ein Vertrauter des Mufti von Jerusalem, hatte schon in den dreißiger Jahren einen erbitterten Kampf gegen die Juden des britischen Mandatsgebietes geführt, die ihn für den Inbegriff von Terror und Zerstörung hielten und ihm nach dem Leben trachteten. Zwei Wochen nach Ben-Gurions Unabhängigkeitserklärung fiel der Scheich in einem Gefecht um Ras al-An, Ali, sein einziger Sohn und Erbe, war gerade sieben Jahre alt. Er zeigte zunächst nicht viel Interesse an Politik, lebte weit weg von der Armut in den Flüchtlingslagern. »Immer wieder wurde mir ins Bewusstsein gerufen, dass ich der Sohn Hassan Salamehs sei und mich entsprechend zu verhalten hätte«, sagt er in einem seiner wenigen Zeitungsinterviews, »wenn mein Vater ein Märtyrer war, dann lag es an mir, jetzt die palästinensische Sache zu vertreten«.
1961 schickte ihn seine Mutter nach Deutschland, er solle Ingenieurwissenschaften studieren. Doch statt im Hörsaal trieb er sich lieber in teuren Fitnessstudios, exklusiven Restaurants, vornehmen Boutiquen und glitzernden Nachtclubs herum. Ali liebte gut geschnittene Anzüge, schwarze Hemden und Goldkettchen, und er liebte die
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