Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
Dämpfer. Zu Fuß, auf offener Straße und ohne Begleitung seiner Leibwächter unterwegs, traf ihn die Kugel eines israelischen Scharfschützen, sie blieb im Magen stecken. Abu Hassan brach zusammen, wurde sofort insHospital gebracht und dort notoperiert. Er überlebte. Spätestens jetzt war ihm klar, dass ihn seine Nähe zur CIA, entgegen seiner eigenen Hoffnung, nicht vor der Rache der Israelis schützen konnte.
Zur Erholung luden die Amerikaner ihn und seine neueste Freundin, die 23-jährige Georgina Rizk, eine ehemalige Miss Universe, in die USA ein, erst in den Vergnügungspark Disney World nach Orlando/Florida und dann zum traditionellen Luau-Fest nach Hawaii. Der »rote Prinz« nahm die Geste gern an. Ein palästinensischer Terrorist, der erklärte israelische Erzfeind Nr. 1, zu Gast bei Mickey Mouse? Natürlich gab es auch mehrere Treffen mit der CIA. Der US-Geheimdienst erhoffte sich, den Arafat-Vertrauten endlich als vollwertigen, bezahlten Agenten rekrutieren zu können. Bob Ames, inzwischen zurück in Langley und in der CIA-Hierarchie aufgestiegen, begrüßte das Paar nach der Landung in New York.
Doch auch diesmal lehnte Salameh ab, sich von der CIA verpflichten zu lassen. Das war vielleicht, rückblickend gesehen, der Anfang von seinem Ende. Von den Kontakten wusste der Mossad inzwischen, aber die Israelis rätselten, wie eng sie tatsächlich waren. Jahre später sickerten jedoch Informationen durch, die CIA hätte es damals durchaus in der Hand gehabt, ihre schützende Hand über Abu Hassan zu halten. So seien die Verantwortlichen bei mehreren Gelegenheiten von ihren israelischen Freunden gefragt worden, ob denn Salameh »ihr Mann« sei. Stets hätten die Amerikaner geschwiegen oder mit dem Kopf geschüttelt.
Interessant jedoch ist eine andere Variante der damaligen Geschichte: Buchautor Wilhelm Dietl, dessen großes Insiderwissen unbestreitbar ist, schreibt 1992 von einer eher zufälligen Begegnung amerikanischer und israelischer Nachrichtendienstler auf einer schwer bewachten Antiterror-Tagung, die im Herbst 1978 im Londoner Hotel Hilton stattfand. Auf dieses Treffen geht auch der Ex-Mossad-Operateur Moti Kfir dreißig Jahre später in seinem Buch ein, wobei Kfir mit zusätzlichen Details aufwartet, also nicht einfach bei Dietl abgeschrieben haben dürfte.
Bei Dietl heißt es: »In kleiner Gesprächsrunde kommt wieder einmal die Rede auf den Roten Prinzen. ›Das ist unser Mann, lasst ihn in Ruhe!‹ soll der Amerikaner gesagt haben. Die israelische Antwort wird von einem absolut glaubwürdigen Zeugen so übermittelt: ›Darauf können wir keine Rücksicht nehmen. Ihr wisst, was er uns angetan hat, und ihr kennt unsere Spielregeln. Es gibt keinen Weg, sein Schicksal zu ändern. Gott vergibt, Israel niemals!‹»
Bei Kfir liest sich die Stelle so: »Die Israelis nahmen an, die Amerikaner würden irgendwie durchblicken lassen, dass Ali mit ihnen kooperierte und sie daher nicht daran interessiertseien,dassihmetwasUnvorhergeseheneszustieß.
Und der Wink kam tatsächlich: ›Was würdet ihr sagen, wenn wir euch bitten würden, alle Anschlagspläne gegen diesen Mann einzumotten!‹, fragte einer der Amerikaner.
›Wir würden erwidern, dass wir euer Ersuchen an unsere Führung weiterleiten und nichts versprechen können‹, antwortete einer der Mossad-Leute.
›Wird es nicht langsam Zeit, dass ihr aufhört, euch gegenseitig zu bekriegen?‹
›Das mag schon sein, aber mit Ali Salameh haben wir noch immer viele Rechnungen offen.‹
Die Amerikaner hatten eine andere Antwort erwartet. ›Warum fällt es euch bloß so schwer zu verzeihen‹, fragte einer.
›Darauf gibt es eine ganz einfache Antwort‹, erwiderte der Israeli. ›Gott verzeiht, wir nicht.‹«
Was die CIA-Leute nicht ahnten: Das Vorhaben der Israelis, alle Rechnungen mit Ali Hassan Salameh zu begleichen, war längst weit fortgeschritten. Etwa zur gleichen Zeit, als die Geheimdienstler der beiden Länder an der Hotelbar des Hilton über das Schicksal des »roten Prinzen« verhandelten, tauschte der mit der Britin Erika Chambers alias »Penelope« in Beirut angeblich bereits Intimitäten aus. Und das, obwohl er nur Wochen zuvor, am 8. Juni 1978, die libanesische Christin Georgina Rizk geheiratet hatte. Die vormalige Schönheitskönigin habe jedenfalls dafür gesorgt, dass der notorische Nachtschwärmer Abu Hassan in West-Beiruts vornehmen Stadtteil Sonober »sesshaft wurde«, schreibt Aaron Klein. Doch Dietls Recherchen kommen zu
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