Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
möglicherweise der katsa Victor Ostrovsky selbst, forderte Halim deshalb auf, ein Abendessen in einem teuren Restaurant für seinen Boss zu organisieren, um eine »zufällige« Begegnung mit ihm arrangieren zu können. Donovan plauderte kurz mit Halim, doch der Ägypter sagte nur unverbindlich »Hallo«, er schien von anderem Holz geschnitzt als der etwas einfältige und inzwischen sehr redselige Iraker. Möglicherweise müssten sie also für Meshad eine andere Lösung finden.
Nachdem seine Frau Samira aus dem Irak zurückgekehrt war, gestand ihr Halim, dass es ernsthafte Probleme gebe. Er sei von der CIA geködert worden, habe geheime Informationen geliefert und dafür Geld genommen. Von Marie-Claude erzählte er natürlich kein Wort. »Samira war wütend«, schreibt Ostrovsky in seinem Bestseller »Der Mossad«, »sie bekam einen Tobsuchtsanfall und schrie, dass wahrscheinlich der israelische Geheimdienst dahintersteckte und nicht die CIA«. Jack Donovan unternahm einen letzten Versuch, seinen Spion bei der Stange zu halten, offerierte eine neue Identität und noch mehr Geld. Doch für Halim stand inzwischen fest, dass er mit der Sache nichts mehr zu tun haben wollte, mochten sie ihn auch mit Dollars zuschütten. Er packte seine Koffer und kehrte nach Bagdad zurück. Was aus Butrus Ibn Halim später geworden ist, ob er seinen Verrat überlebte – Victor Ostrovsky lässt das offen.
Für Yitzhak Hofi war die Zeit für Plan B gekommen. Wenn sie Dr. Yahya El Meshad nicht verpflichten konnten, mussten sie ihn töten, um auf diese Weise Saddams Bombenprojekt weiter zu verzögern. Es war eine simple Rechnung aus israelischer Sicht. Als der Ägypter in irakischen Diensten wieder einmal in Paris weilte, um in Sarcelles nach dem Rechten zu sehen, schickte der Memune ihm ein Kidon-Team.
Am 13. Juni 1980, gegen 19 Uhr, kommt Meshad ins Hotel Le Méridien zurück. Er ist noch mit einer hübschen Frau verabredet, die ihn schon häufiger »unterhalten« hat: Marie-Claude Magal. Die arbeitet noch immer für Jack Donovan, wird dafür fürstlich entlohnt, und stellt deshalb keine Fragen. Doch bis sie an jenem Abend zu Meshad in die Hotelsuite kommt, bleibt noch ein wenig Zeit für einen letzten Rekrutierungsversuch auf die direkte Art.
Kurz nach seiner Ankunft klopft es. Meshad öffnet die Tür, aber nur einen Spalt weit: »Was wollen Sie?« Ein arabisch sprechender katsa flüstert, er komme von einer Regierung, die eine Menge Geld für gewisse Informationen zu zahlen bereit sei. »Hau ab, du Hund, oder ich rufe die Polizei!«, faucht ihn der Ägypter an und schlägt die Tür zu.
Stunden später, Marie-Claude ist inzwischen wieder gegangen und Meshad fest eingeschlafen, dringen zwei Kidon-Agenten mit Hilfe eines Nachschlüssels in seine Suite ein und schneiden ihm die Kehle durch. Es ist ein grauenvoller Tod, eine laute Exekution. Die blutüberströmte Leiche wird am nächsten Morgen von einem Zimmermädchen gefunden. Die französische Kriminalpolizei spricht vom Job eines professionellen Killers. Bereits kurze Zeit später berichten die Rundfunksender über den Mord an einem ägyptischen Kernphysiker, der in irakischem Sold stand. Marie-Claude gerät in Panik, als sie vom Tod ihres letzten Kunden hört, schließlich lebte er noch, als sie ihn verließ. Sie geht zur Polizei, gibt ihre Zeugenaussage zu Protokoll. Und sie ruft arglos ihren Auftraggeber Jack Donovan an. Die Prostituierte sieht den Zusammenhang nicht, sie erkennt nicht, dass er und seine Leute hinter dem Anschlag stecken.
Donovan setzt sofort eine Nachricht an das Mossad-Hauptquartier im Hadar Dafna Building in Tel Aviv ab. Es ist klar, dass es für den Geheimdienst katastrophale Folgen haben kann, wenn Marie-Claude den Mord im Le Méridien mit den Aktivitäten der Agenten in Paris in Verbindung bringt. Das Fiasko von Lillehammer liegt erst fünf Jahre zurück. Für und Wider einer Hinrichtung werden erörtert. Im Normalfall muss die Entscheidung zur Exekution, wie im Falle von Dr. Meshad, vom israelischen Ministerpräsidenten persönlich genehmigt werden. Das sei »ein durchaus bürokratischer Prozess«, weiß Ex-Agent Gad Shimron. Auf der Liste möglicher Hinrichtungskandidaten fänden sich in erster Linie palästinensische Terroristen, aber eben auch Wissenschaftler, die als Staatsfeinde eingestuft würden, weil sie an Forschungsprojekten beteiligt seien, die sich gegen Israel richten. Das sei, sagt Shimron, zwanzig Jahre vorher, Anfang der sechziger Jahre,
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