Lloyd, Sienna
Magda.“
„Es ist ganz einfach, ich SCHULDE diesen Dienst, mich um Gabriel zu kümmern, seinen Eltern. Sie haben mir geholfen und mich damals aus einer sehr … misslichen Lage befreit, ich habe mich an sie gebunden und da ich einige Jahrhunderte zuvor Erfahrungen als Hausdame gesammelt hatte, ist es auf natürliche Art und Weise passiert. Ich würde das für niemand anders tun, so viel steht fest.“
„Was für eine missliche Lage?“
„Haha, Héloïse, Sie kleines, freches, neugieriges Ding! Hier, nehmen Sie dieses Tablett, das ist für Sie und Charles. Lassen Sie es sich schmecken. Und erinnern Sie Charles daran, dass seine Konserven angekommen sind.“
„Seine Konserven?“
„Ja, seine KONSERVEN“, antwortet mir Magda, während sie mich mit ihren grünen Augen ansieht.
„Ah …“
„Ja.“
Fröhlich mache ich mich auf den Weg zur Bibliothek, aus der Solveigs mir mittlerweile vertrautes Gekicher dringt. Ich weiß, dass sie sehr viel Zeit damit verbringt, in diesem Teil des Hauses herumzustreunen, aber immer, wenn sie mich sieht, läuft sie wie ein scheues Reh davon. Als ich die Bibliothek betrete, sitzt sie auf dem in der Mitte stehenden Schreibtisch und zeigt dem prustenden Charles ihre letzten Einkäufe. Ich habe den Eindruck, dass Solveig, die ich bevorzugt „Barbie“ nenne, nicht im Begriff ist zu flüchten. Außerdem muss ich ihre kommunikative Frohnatur anerkennen, vielleicht ist es auch Zeit, mich mit ihr anzufreunden.
„Hallo, ihr zwei! Wow, Solveig, du hast ja sämtliche Boutiquen geplündert. Wie toll!“
Um ehrlich zu sein, gehörte ich noch nie zu den „Shopaholics“. Ich liebe es, mich schön zu kleiden und mich hübsch zu machen, aber ich hatte nie wirklich das Geld dazu und es war mir auch nie wichtig. Wenn ich mir ein Kleidungsstück kaufe, achte ich deshalb immer darauf, dass ich auch länger etwas davon habe. Aber ich muss irgendwie einen Draht zu der hübschen Blondine finden.
Solveig sieht mich erstaunt an. Hat sie mich etwa für eine Intellektuelle gehalten, die nicht in der Lage ist, unkomplizierte Gespräche zu führen? Man könnte sagen, ich bin hier nicht die Einzige, die Vorurteile hat.
„Ja klar! Du hast meine süße Sünde entdeckt, Hello. Das und Männer“, fügt sie mit einem Augenzwinkern in Charles' Richtung hinzu.
„Zeig, ich bin ja so froh, endlich weibliche Gesellschaft zu haben. Ich mag Charles, aber ehrlich gesagt, mit wem kann ich richtige Mädchengespräche führen, wie zum Beispiel darüber, mich komplett umzustylen?“
„Sag jetzt nicht, du willst deinen Look verändern, ohne meine Dienste in Anspruch zu nehmen?“
„Du weißt, wie das geht?“
„Machst du Witze? Das ist MEIN Ding. Hm … Was könnten wir für dich tun?“
Das scheue Reh wird langsam zahmer. Sie sieht mich mit ihren riesigen blauen Augen an, irgendwann muss ich sie einfach fragen, wie sie ein Vampir geworden ist. Ich sehe, wie sie nachdenkt und ein in rosa Plüsch gebundenes Notizheft herausholt. Sie kritzelt etwas hinein, rümpft die Nase, während sie an ihrem Stift kaut, und beginnt zu zeichnen.
„Ich weiß nicht, was man an Héloïse verändern könnte … Sie ist perfekt, so wie sie ist.“
Charles sieht mich wohlwollend an.
„Niemand hat gesagt, dass Hello nicht hübsch ist, Charles, aber ich denke, dass man die Dinge immer verbessern kann. Situationen, den Charakter … das Aussehen.“
Sie hält mir ihr Notizheft hin und ich bin sprachlos. Ich sehe eine Skizze von mir, den Kopf auf der einen, den ganzen Körper auf der anderen Seite. Sie ist atemberaubend und Solveig, die in meinen Augen lediglich frivol war, hat ein verblüffendes Talent bewiesen. Mit nur wenigen Bleistiftstrichen hat sie meinen gesamten Körper dargestellt. Ich finde mich schön auf ihrer Zeichnung, und während ich danach suche, was sie hätte besser machen oder verändern können, fällt mir auf, dass sie mir einen radikalen Kurzhaarschnitt verpasst hat. Meine Haare sind stufig geschnitten und reichen mir gerade einmal bis zu den Ohrläppchen.
Charles nimmt mir das Heft aus der Hand und starrt es mit offenem Mund an.
„Dein hübscher Hals sieht zum Anbeißen aus und glaube mir, bei uns ist das ein sehr ernst gemeintes Kompliment.“
„Ich glaube, Héloïse, dass ein Kurzhaarschnitt dein erotisches Potenzial erhöhen würde, das du immer so ungeschickt unter dieser langweiligen und einfallslosen Frisur versteckst“, fährt Solveig fort.
„Ich bin total überrascht, Solveig. Danke
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