Lob der Faulheit
oder die ihm am Vortag Spaß gemacht hatten. Mir gefiel das. Damit hielt er sich und seine Umgebung bei Laune. Das war keine Masche von ihm, sondern der Mann war so. Außerdem war er kompetent. Heute fragen mich Zahnärzte manchmal, wer meine Zähne repariert hat. Wenn ich es ihnen sage, staunen sie und meinen, solche
Techniken verstünden nur ein paar SpezialistInnen. Wegen dieses Zahnarztes gehe ich heute noch gerne zu zahnärztlichen Routineuntersuchungen. Ich mag Leute, die ihren Beruf gerne ausüben, sympathisch und kompetent sind. Um zur ZahnärztIn zu gehen, brauche ich keine Disziplin und keine Willensstärke.
Die Befürworter der Disziplin glauben nicht, dass Menschen gerne lernen, arbeiten oder etwas für ihre Nächsten tun. Sie meinen, man müsse sie dazu zwingen. Diese Einschätzung ist falsch. Richtig ist, dass Kinder neugierig sind und es lieben, Zusammenhänge zu verstehen. Indem man seinen Interessen und Begabungen folgt, findet man ganz zwanglos seinen Beruf. Die meisten Menschen sind von Natur aus hilfsbereit und kooperativ. Deshalb müssen diese Eigenschaften nicht erzwungen werden.
Disziplin ist aber nicht nur die Folge eines negativen Menschenbilds, sondern auch einer verneinenden Haltung gegenüber der Welt. Die Erde erscheint dann als eine Art Strafplanet, voller Gefahren und lästiger Pflichten. Überall sieht man nur Mangel. Nichts scheint vollkommen. Man befürchtet, einer fresse den anderen.
Die Wirklichkeit ist anders. Die Tatsachen sind neutral, frei von menschlichen Urteilen. Sie beinhalten das Potenzial sowohl zum Guten wie zum Schlechten. Diejenigen, die in negativer Weise voreingenommen sind und die Welt für ein Jammertal halten, können sich jedoch nicht vorstellen, dass man hier Spaß haben könne.
In einem so einseitigen, fatalen Glaubenssystem kommen Lust, Freude, Selbstlosigkeit, Hilfsbereitschaft, Kooperation, Liebe, Freundschaft, Überfluss, Fülle, Rücksichtnahme und menschliche Größe nicht vor. Erziehung ohne Zwang, ein gewaltfreier Umgang mit sich und der Umgebung, mit seinen Nächsten und Fremden, mit Tieren und Pflanzen, der Natur überhaupt, scheint danach unmöglich.
Es ist bedauerlich, dass noch so viele aus dieser Welt einen Strafplaneten machen, auf dem SchülerInnen zum Lernen, Angestellte zum Arbeiten und Milliarden zum Leben in Diktaturen gezwungen werden, denn die Alternativen sind zum Greifen nahe.
Das Ende der Arbeit oder Deutschland schafft sich ab
Die Arbeitslosenquote liegt in der Europäischen Union bei zehn Prozent, Tendenz steigend. In den USA beträgt sie acht Prozent, Tendenz ebenfalls steigend. Dabei handelt es sich um die offiziellen Zahlen. Da bereits Churchill sagte, er glaube an keine Statistik, die er nicht selbst gefälscht habe, dürfen wir davon ausgehen, dass die tatsächlichen Zahlen weit höher sind. Regierungen neigen dazu, ihre unzureichende Politik zu beschönigen.
Es ist nahezu unmöglich, verlässliche Zahlen über die Entwicklung des Arbeitsmarktes in den westlichen Industrienationen zu bekommen. Das Ausmaß der wahren Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung ist unbekannt. Die veröffentlichten Erwerbs- und Beschäftigungsquoten sind fragwürdig. Jeder Staat zählt und definiert sie anders. Außerdem werden die Statistiken gerne alle paar Jahre geändert, so dass es schwierig wird, Vergleiche anzustellen und langfristige Entwicklungen mit Zahlen zu untermauern. Das ist Absicht. Die meisten Regierungen möchten nicht mit ihren Vorgängern verglichen werden und auch nicht mit denen anderer Staaten. Es könnte sich herausstellen, dass die eigene Politik miserabel ist.
Sicher ist jedenfalls, dass wir von der Vollbeschäftigung und erst recht einer Vollzeit-Vollbeschäftigung meilenweit entfernt sind. Vor allem die Arbeitslosigkeit unter jungen ArbeitnehmerInnen in Europa ist enorm hoch, in einigen Altersgruppen liegt sie bei über 50 Prozent.
Seit Jahrzehnten gibt es nicht mehr genügend Arbeit. Vollbeschäftigung als Ziel staatlicher Arbeitspolitik ist seit langem eine Fiktion.
Wir leben in vielen Bereichen mit Vorstellungen, die der Vergangenheit angehören. Vielleicht hatten sie niemals eine Entsprechung in der Wirklichkeit. Das gilt vor allem für unsere Begriffe von Familie (Mutter, Vater, Sohn und Tochter) und Landwirtschaft (idyllische Bauernhöfe mit ein paar Kühen, Schweinen, Pferden, Ziegen und Hühnern, mit Gemüsegarten sowie einem kleinen Weizenfeld). Auch die Vorstellung
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