Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lob der Faulheit

Lob der Faulheit

Titel: Lob der Faulheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Hohensee
Vom Netzwerk:
werden zur Arbeit herangezogen: Mütter, auch alleinerziehende, Alte bis 67 Jahre (Tendenz: steigend), Kranke (wer zuhause bleibt, fliegt) und Behinderte (es sei denn die Rentenversicherung erkennt die Erwerbsunfähigkeit an).
     
    Wo soll das alles enden? Welches Werk soll unter Aufbietung aller Kräfte vollendet werden? Oder handelt es einfach nur um ein großes, umfassendes Selbstmordprogramm? Die einen arbeiten sich kaputt, und die anderen verelenden, weil sie kaum noch genug Geld zum Essen, Kleiden und Wohnen haben.
     
    Sind wir ein Volk von Idioten?

    Was sind wir bloß für eine Familie
    Die Produktivität ist in den vergangenen 150 Jahren enorm gestiegen. Das heißt: Mit immer weniger Aufwand (Arbeit) wird immer mehr produziert (Lebensmittel, Waren und Dienstleistungen). Dieser Trend wird weiter zunehmen. Am Beispiel der Landwirtschaft möchte ich die Entwicklung verdeutlichen.
     
    Am Anfang hatten Bauern nicht mehr als einen Holzpflug und ein Zugtier (meist Ochse oder Pferd) zur Verfügung. Der Rest war harte, körperliche Arbeit.
     
    Mit der Zeit wurden die Holz- durch Eisenpflüge ersetzt. Sensen und Sicheln kamen hinzu. Pferde zogen mechanische Mähmaschinen. Dreschmaschinen erleichterten die Arbeit. 1892 baute ein Amerikaner den ersten benzingetriebenen Traktor. 1917 begann Henry Ford mit der Massenproduktion von Traktoren. Aber erst 50 Jahre später waren diese millionenfach verbreitet.
     
    Parallel dazu wurden neue Getreidesorten entwickelt, die ertragreicher und widerstandsfähiger waren. Die Chemische Industrie bot Stickstoffdünger an, sodass die Felder zwischendurch nicht mehr brachliegen mussten. Die Bauern bekämpften Unkraut und Schädlinge sehr effektiv mit chemischen Mitteln.
     
    Die Produktion wuchs und wuchs. Ernährte ein einzelner Bauer noch 1850 nur vier Personen, kann er heute etwa 80 Menschen mit Lebensmitteln versorgen. Wenn man diese Zahlen multipliziert, wird die unglaubliche Veränderung sehr schnell deutlich: 100 Bauern können 8.000 Städter versorgen. Vor 150 Jahren reichte es nur für 400.

     
    Deshalb ist unser Problem nicht mehr der Hunger, sondern die Überproduktion. Die Preise in der Landwirtschaft sinken aufgrund des Überangebots ständig. Deshalb sind die Erzeuger gezwungen, immer mehr zu produzieren. So entsteht ein verrückter Wettlauf zwischen Preisverfall und Mehrproduktion. Um weitere Überschüsse zu verhindern, erhalten die Bauern deshalb Prämien, wenn sie auf den Anbau bestimmter Lebensmittel verzichten.
     
    Falls Sie noch Zweifel haben sollten, dass wir ein generelles Überflussproblem haben, möchte ich auf die parallel verlaufende Gewichtszunahme der Bevölkerungen in der westlichen Welt verweisen. In USA sind zwei von drei Menschen übergewichtig, einer von dreien ist sogar fettsüchtig.
     
    In der Landwirtschaft könnte weniger gearbeitet werden. Es würde trotzdem reichen.
     
    Ähnliche Entwicklungen haben sich in der Industrie und in der Verwaltung vollzogen. Die Einzelheiten können Sie in dem hervorragenden Buch von Jeremy Rifkin »Das Ende der Arbeit« nachlesen.
     
    Mich interessiert an dieser Stelle, welche Auswirkungen es auf die Gesellschaft hat, wenn wir an unserer alten Arbeitsethik und unserem überlieferten Leistungsbegriff festhalten. Bisher galt, dass derjenige, der fleißig war, belohnt werden sollte. Die Faulen sollten verrecken.
     
    Besonders führende sozialdemokratische Politiker tun sich immer wieder mit dem Satz hervor: »Wer nicht arbeitet, soll auch
nicht essen«. Was bedeutet dieser Satz in einer Gesellschaft, der die Arbeit ausgeht?
     
    Galt Jahrtausende lang Arbeit als notwendiges Übel, wurde sie erst in Preußen, dann im Deutschen Reich und schließlich in Deutschland verherrlicht.
     
    Wir müssen uns dringend wieder daran erinnern, dass die Befreiung von harter Arbeit ein Menschheitstraum war. Nicht zu arbeiten ist etwas Positives. Wie in der Landwirtschaft müssten wir eigentlich jedem eine Prämie zahlen, der freiwillig darauf verzichtet.
     
    Angesichts der Produktivitätsentwicklung und der damit verbundenen fortlaufenden Verringerung der Arbeit, ist es dringend geboten, Einkommen und Beschäftigung nicht länger zu verknüpfen. Auch wer keine Arbeit hat, muss soviel Geld bekommen, dass er bzw. sie am allgemeinen Lebensstandard teilhaben kann. Wir können es uns nicht länger leisten, Menschen zur Arbeit zu zwingen, damit sie Geld verdienen. Sonst werden die Probleme ausgeweitet und verschärft.
     
    Der Wert

Weitere Kostenlose Bücher