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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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miteinander geteilt –
Träume von einer neuen Heimat –, und sie hatten lange nachmittägliche Spaziergänge im Schatten der Wälder unternommen, die die zerstörte Ebene der großen, toten Stadt umgaben.
    Das alles lag über sieben Monate zurück, und Neb hatte vergessen, wie gut sie schmeckte. »Das ist besser als die Träume«, sagte er.
    Winters erschauerte unter seinen Händen, wand sich aus seinem Griff und schob ihn weg. »Musst du dich nicht für das Fest ankleiden?«, fragte sie lachend.
    Er zog sie wieder an sich und küsste sie noch einmal. »Ja, edle Dame Winters, das muss ich.«
    »Dann entlasse ich dich zu deinen Pflichten«, sagte sie und machte sich von ihm los. »Ich werde morgen Früh zu dir kommen. «
    Winters entfernte sich mit einer Schnelligkeit und Trittsicherheit, die Neb verblüffte. Unmagifiziert war sie mit Abstand die beste Späherin, die Neb je gesehen hatte. Er folgte ihr etwas langsamer, in der Hoffnung, sein Herz möge aufhören zu rasen. Er hatte vergessen, wie stark er sich zu ihr hingezogen fühlte. Durch die Träume vertiefte sich diese Zuneigung noch weiter: Dort erlebten sie Bruchstücke von Prophezeiungen, Fetzen von Zungenrede und zuweilen eine Sinnlichkeit, die Neb den Atem in der Kehle stocken und ihn schwitzend und bebend aufwachen ließ. Selbst jetzt wurde er rot, wenn er daran dachte.
    Er verließ den Irrgarten und nahm den geschwungenen Weg hinauf zum Hintereingang der Späher in die Siebte Waldresidenz. Durch die Fenster der großen Halle konnte er die perlenden Töne der Holzbläser und Saiteninstrumente hören und die Stimmen der Mädchen, die in den Küchen mit den Spähern schäkerten. Neb schlüpfte hinein und stand in einem Netz aus Gängen, in denen sich Späher und Soldaten in den Paradeuniformen der Neun Häuser der Neun Wälder drängten. Bedienstete eilten geschäftig von Zimmer zu Zimmer. Neb nahm die Hintertreppe,
folgte einem verwinkelten Gang und betrat seine kleine Kammer.
    Für gewöhnlich wurden Offiziere während der Ausbildung in den Baracken untergebracht, aber weil er als Mitglied von Rudolfos Haushalt galt, hatte er das Zimmer behalten dürfen, in dem er schon seit seiner Ankunft in den Neun Wäldern gewohnt hatte. Es war ein kleiner Raum, der grob in einen Wohn- und einen Schlafbereich unterteilt war – die Schlafstätte war durch einen schweren Vorhang vom Rest abgetrennt. Ein kleiner Schreibtisch aus Holz und ein Stuhl standen neben einem großen Fenster, das auf einen schmalen Balkon hinausging. Ein paar Kunstwerke schmückten die Wände, zwei davon waren, wie er annahm, Originale von Carpathius, Ölgemälde, die die große Wanderung nach Westen aus den Ruinen der Alten Welt zeigten. Carpathius hatte zur ersten Tausendjahrfeier der Besiedlung der Benannten Lande einen Auftrag für eine Serie von Bildern erhalten. Die beiden Originale stammten aus dieser Reihe und zeigten das Zigeunervolk in seinen zerlumpten, regenbogenfarbenen Gewändern – ihr Anführer, jener erste, legendäre Rudolfo, stand abseits von den anderen; er war auf einen Hügel gestiegen, um über die Neun Wälder hinauszublicken. Diese altehrwürdigen, grünen Inseln mit ihrem uralten Baumbestand, die abgeschieden zwischen den gelben Hügeln des Gräsernen Meeres lagen, sollten ihre neue Heimat werden, und obwohl die Gesichter auf den Bildern winzig waren, glaubte Neb, die Hoffnung sehen zu können, die in ihnen geschrieben stand. Er fragte sich, wie es gewesen war, vor so langer Zeit als Erste den Fuß in eine neue Welt zu setzen.
    Die Zwillingsmesser, die er gerade mitsamt dem Waffengurt abgenommen hatte, hängte er über die Stuhllehne. Er schlüpfte aus seinen schneebefleckten Wollkleidern, und nachdem er sich in der kleinen Badekammer nebenan rasch abgeschrubbt und rasiert hatte, zog Neb seine Paradeuniform an. Gewöhnlich begannen
Rudolfos Offiziere ihre Ausbildung ohne Rang, aber angesichts seiner vorausgegangenen Führungsaufgaben – als er das Lager der Totengräber für Papst Petronus in der schlimmsten Zeit des Krieges geleitet hatte – trug Neb den Schal eines Leutnants, der um den linken Oberarm geschlungen wurde. Er setzte sich, um seine Stiefel anzuziehen, und blickte auf, als es an seiner Tür klopfte.
    »Herein«, sagte er.
    Die Tür ging auf, und Aedric, der Erste Hauptmann der Zigeunerspäher, schaute in die Kammer. »Du bist spät dran«, sagte er grinsend.
    Neb zupfte an einem Stiefel. »Es tut mir leid, Hauptmann.«
    Aedric trat ein und schloss die

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