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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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sie das Lager abbrechen und sich auf den Weg nach Hause machen, ehe der letzte Schnee des Winters vor dem Frühling kam. Rudolfo wusste, dass ihn ein Tisch erwartete, der unter Papier begraben lag, wenn er zurückkehrte. Es gab Flüchtlinge, denen man beim Einleben helfen musste, und mit der Verheißung des Frühlings würde der Bau der Bibliothek wieder in Gang kommen. Bald würde die Sonne herauskommen und die Zelte der Buchmacher würden überquellen von Mechoservitoren, die ihre Bücher schrieben und die Keller mit Band um Band füllten, in einem Fluss, der zur Flut zu werden drohte. Darüber hinaus gab es die Bedrohung, die in ihrem Norden und Westen mit dem Aufstieg des Machtvolks und dem
dunklen Evangelium nahte, das sie predigten – und den Ärger, den er inzwischen im Süden mit Pylos und Turam roch.
    Und was ist mit dieser Karmesinkaiserin?
    Es lagen genug Aufgaben vor ihm, um ihn nächtelang in seiner Arbeitshöhle wachzuhalten, während er durch einen whymerischen Irrgarten aus Papier wanderte. Er würde sich langsam wieder an das Gefühl eines Schreibtisches und eines Stuhls unter sich gewöhnen, anstelle eines Pferdes oder eines Schiffs. Und an das eines warmen, geteilten Bettes anstelle eines einsamen Feldlagers.
    Und inmitten dieser Arbeit würde es auch eine Zigeunerhochzeit zu planen geben und ein Kind, das man seinen Neun Häusern der Neun Wälder vorstellen musste, damit sein Volk den nächsten Zigeunerkönig kennenlernen konnte.
    Rudolfo würde weiterleben, trotz der Toten, die er begraben hatte. Er würde seine Frau und seinen Sohn lieben, und er würde sich für das Licht aufopfern, das er in der Dunkelheit für sich und die Welt gewonnen hatte.
    Selbst in der Verheerung , dachte Rudolfo, behauptet sich das Leben .
    Unwillkürlich stahl sich das Lied von vorhin auf seine Lippen, und er fing an, es zu singen. Jin Li Tam schaute ihn mit großen Augen an, als sie ihn singen sah, und er konnte ihr keinen Vorwurf machen. Das letzte Mal, dass er gesungen hatte, war auf dem Ehrenfest seines Stammhalters gewesen, als sie im Kindbett gelegen hatte. Und zuvor? Es war so lange her, dass Rudolfo sich nicht erinnern konnte.
    Aber nun sang er, und die Klänge hallten hinaus in die Nacht.
    In der Ferne heulte ein Wolf.
    Und über ihnen blickte ein Vollmond herab und spendete ihnen sein wässriges Licht.

Nachspiel
    Der Wächter legte seine Feder ab, schob sein unvollendetes Evangelium zurück und ging zum Eingang der Höhle.
    Das Sonnenlicht rief ihn nach draußen, und er folgte ihm, wobei er eine lange, silberne Flöte aus den Falten seines Talars zog.
    Er führte sie an den Mund und legte seine Finger auf die Stellen, an die sie gehörten, presste Luft hinein und rief den Bundraben herbei, wie er schon so viele Vögel zuvor gerufen hatte.
    Dann wartete er auf den dunklen Boten, der alsbald auf einem Fels neben ihm landete und ihn anblickte. Dieser hatte noch viel Leben in sich, und das freute den Wächter.
    »Bring diese Nachricht nach Hause«, sagte er zu dem Bundraben und wartete, während der Vogel den Kopf schieflegte und den Schnabel öffnete, um seine Worte zu empfangen.
    »Der Letzte Sohn befindet sich im Exil – verschont, um die Schriften zu erfüllen –, und die Bundheilung von Fredericos Nachkommenschaft ist vollendet. Das Kind der Verheißung hat seine vierzig Jahre, und die Große Mutter hat sich Eurer Gnade verschuldet. Der geheime Glauben wird nun offen gepredigt, und das Machtvolk erhebt sich aus seinem Kummer, um in die ihm bestimmte Heimat zurückzukehren.«
    Der Wächter hielt inne. »Wir dürfen keine Zeit verlieren«, sagte er schließlich. »Das Zeitalter der Karmesinkaiserin ist beinahe angebrochen.«
    Er hob die Flöte an die Lippen und blies noch einmal, diesmal leise. Der Bundrabe breitete seine großen Schwingen aus und eilte nach Süden.
    Der Wächter blickte ihm nach, und als er nicht mehr als ein
kleiner Punkt am Horizont war, wandte er sich um und ging zurück in seine Höhle. Er würde dieses Evangelium vollenden, und wenn es getan war, würde er vielleicht durch den Wald in der Nähe des Machtvolk-Schreins streifen und den Hymnen lauschen, die sie dort sangen.
    Scheppernd und klappernd glitt der uralte Mechoservitor zurück in die Schatten und nahm die wartende Feder wieder zur Hand.

Danksagungen
    Romane sind eine Suppe, die von vielen Händen gekocht wird, und ich möchte einigen der Köche danken, die mir dabei geholfen haben, Lobgesang zuzubereiten.
    Als Erstes meiner

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