und erklärte sogleich einige Stärken und Schwächen der zukünftigen Gegner. Auch in Hälfte zwei war es ein Spiel auf eines der Tore, nämlich auf das der Polen, aber zur großen Überraschung aller blieb es bis zur neunzigsten Minute beim 0:0. Das brachte Stettler zu der zufriedenen Aussage, dass auch die Italiener keine Übermannschaft wären.
Der Abend im Hotel hielt keine weiteren Überraschungen mehr bereit. Man traf sich zu einem gemeinsamen Essen, dann begaben sich die Jungs umgehend zum Ausschlafen auf ihre Zimmer.
Locke checkte noch kurz seine Mails. Es machte kling, klong und Outlook zeigte zwei neue Eingänge an.
[email protected] an
[email protected]Lieber Locke,
wir haben alle vor dem Fernseher mit Euch gelitten.
Auch wenn Ihr verloren habt, es war das schönste
Spiel, das ich je gesehen habe. Ist mit Matz jetzt alles
wieder klar?
Ich würde es mir soooooooo wünschen.
Ich denke an Dich!
Deine Eva
PS: Jetzt gewinnt Ihr gegen Italien - wetten?
Locke drückte auf »Antworten«.
[email protected] an
[email protected]Du verrückte, liebe Eva!
Ich wette doch nicht mit Dir - Du gewinnst doch
sowieso immer. Aber es wäre ein Traum, gegen
Italien als Sieger vom Platz zu gehen. Und was Matz
betrifft … Nach der Europameisterschaft werden
wir uns aussprechen, er hat es selbst vorgeschlagen.
Ich bin echt erleichtert, dass wir wieder miteinander
reden - wofür doch so ein Handspiel gut sein kann!
Jetzt gehe ich schlafen, denn ich brauche Kraft
für das Spiel gegen Italien. Und das ist schon
übermorgen.
Ich drücke Dich ganz fest!
Dein Locke
Auch seine Eltern hatten noch ein paar nette Zeilen geschrieben und auch für sie mailte Patrick eine liebe Antwort.
»Ich beneide dich um deine Familie«, sagte Erik, der ja in einem Heim groß geworden war und noch immer dort lebte. Er klang traurig, und Locke nickte ihm freundschaftlich zu und nahm sich vor, Erik immer als einen besonders guten Kumpel zu behandeln.
Der Tag nach dem Spiel war der Tag vor dem Spiel. In den Zeitungen wurde noch heftig über Lockes Verhalten diskutiert. Manch ein Journalist vertrat die Meinung, dass Patrick Schubert nicht professionell gehandelt habe, als er das Handspiel zugab. Andere dagegen lobten seine faire Haltung fast in den Himmel.
Die Mannschaft trainierte an diesem Montag eher locker. Es wurden lediglich einige Standardsituationen, wie Freistöße und Ecken, besonders intensiv geübt.
Stettler sprach davon, dass die Innenverteidiger hierbei mehr aufrücken müssten. »Es wird nicht so viele Chancen gegen die Italiener geben, und wenn wir in die Zwischenrunde wollen, dann müssen wir nach der Niederlage gegen die Türkei natürlich gewinnen.«
An diesen Montag wurden auch die Spiele der Gruppen B und C durchgeführt.
Gruppe B:
England - Albanien
3:1
Portugal - Spanien
1:1
Die C-Gruppe vermeldete:
Belgien - Schottland
0:1
Russland - Holland
1:0
12
A m zweiten Spieltag der deutschen Gruppe war das Olympiastadion wieder sehr gut gefüllt. Obwohl es ein Werktag war, wurden weit über fünfzigtausend Zuschauer gezählt.
Die anstehenden Spiele Deutschland gegen Italien und Türkei gegen Polen waren als Doppelveranstaltung angesetzt worden. Zunächst waren die deutschen Jungs gegen die Italiener dran, danach würde das zweite Spiel der Gruppe stattfinden.
Das Wetter in Berlin war scheußlich geworden. Es regnete und war kühl, wie Anfang April. Aber als die Italiener in den wunderschönen azurblauen Trikots einliefen, war es ein bisschen, als ginge die Sonne auf: eine Augenweide für jeden Fußballfan. Die Spieler wirkten allerdings etwas nervös nach ihrem 0:0 gegen Polen. Sie mussten heute zeigen, dass sie tatsächlich Favoriten waren.
Die deutsche Mannschaft betrat nun in den traditionellen schwarz-weißen Jerseys den Rasen. Es war genau die gleiche Elf wie gegen die Türkei und auch die taktische Grundausrichtung war nicht verändert worden.
Familie Schubert in Gelsenkirchen hatte diesmal nur mit Eva vor dem Fernsehgerät Platz genommen. Pfarrer Kelter bereitete sich auf eine kirchliche Konferenz vor und hörte dabei im Radio die Informationen über das zweite Spiel der deutschen Mannschaft.
Selbst Evas Vater, Armin Dahl, ließ in seiner Zahnarztpraxis ein Radio laufen. »Vielleicht hat ja solch eine Fußballreportage eine schmerzstillende Wirkung«, scherzte er mit
einem Patienten. Doch sein »Opfer« schaute ihn bei diesen Worten etwas irritiert an.
Der Anpfiff. Es ging los. Aus Berlin meldete