Locke greift an
sehr unmenschlich gewesen.«
Der Masseur lachte. »Es war aber sehr effektiv, in jeder Hinsicht …«
Völlig entspannt verließ Patrick Schubert den Raum, um am Seeufer vor dem Hotel ein Stück spazieren zu gehen.
Am späten Nachmittag schauten sich die Spieler gemeinsam die Berichterstattung von den anderen Spielen an. Dabei kristallisierte sich heraus, dass die Engländer in der Gruppe B sehr stark waren. Sie gewannen ihr Spiel gegen Spanien mit 1:0 und standen damit sicher in der Zwischenrunde. Portugal dagegen tat sich schwer beim 2:1-Erfolg über Albanien. In der Gruppe C gab es diese Resultate:
Holland gegen Belgien 2:0
Schottland gegen Russland 2:1.
Schottland war damit ebenfalls in der Zwischenrunde.
Das Wetter hatte sich schlagartig gebessert. Ein stabiles Hoch, das den, wie Locke fand, saudoofen Namen Manfred bekommen hatte, ließ die Temperaturen auf über zwanzig Grad hochschnellen. Herrlicher Sonnenschein lag über dem Olympiastadion, als die Polen ganz in Rot und die deutsche Mannschaft, natürlich wieder in Schwarz und Weiß, auf dem Rasen einliefen. Manch einer sprach vom Kaiserwetter, was auch irgendwie stimmte, denn Deutschlands Fußballkaiser Franz Beckenbauer hatte sich als Zuschauer zu diesem Spiel angesagt. Die Ikone des deutschen Fußballs beim U15-Wettbewerb!
Kevin Rott, der ja als Torwart bei den Bayern in München spielte, hatte den berühmten Mann schon einmal getroffen. Vor ein paar Tagen hatten Locke und Kevin darüber gesprochen. Auf die Frage von Patrick, wie der Promi denn so »im Umgang« sei, antwortete ihm der Schlussmann: »Och, ganz nett. Manchmal ist er auch streng, aber meist eigentlich ganz lustig. Ansonsten ist Vorsicht geboten, der ist immer auf der Suche nach neuen Spielern für unseren Verein.«
»Da halte ich es mit den Toten Hosen«, entgegnete Patrick grinsend, »die haben völlig zu Recht gesungen: Ich würde nie zum FC Bayern gehen.«
»Wir, ich meine, der FC Bayern zahlt aber das meiste Geld für Talente«, erwiderte Kevin und setzte nun seinerseits ein überlegenes Grinsen auf.
Aber Locke ließ sich nicht beeindrucken. »Schalke zahlt auch nicht schlecht … Aber ehrlich, Geld darf nicht das Wichtigste im Fußball werden. Gefühle sind doch wichtiger - und Gelsenkirchen ist meine Heimat.«
An dieses Gespräch musste Locke denken, als das Spiel angepfiffen wurde. Er beschloss, sich von der Anwesenheit des »Kaisers« nicht beeindrucken zu lassen.
Die deutsche Elf begann gegen Polen überragend. Schon in der dritten Minute konnte Erik Stössken nach einer Ecke und einem schlimmen polnischen Abwehrfehler per Kopf das 1:0 erzielen. Das Tor verschaffte der Mannschaft Sicherheit und Trainer Stettler konnte sich auf seiner Bank diesmal zurücklehnen und die Begegnung geradezu genießen. Locker erhöhte Deutschland in der zweiten Hälfte auf 2:0 und 3:0 und das war auch das Schlussresultat. Patrick hatte ein solides Spiel gemacht, ohne dass man hätte sagen können, dass er besonders aufgefallen wäre. Die Mannschaftsleistung stand im Vordergrund und die war einfach großartig.
Zeitgleich, um Manipulationen auszuschließen, wurde auch das Spiel Italien gegen die Türkei angepfiffen. Die als Favoriten in dieses Turnier gestarteten Italiener blamierten sich bis auf die Knochen. Die Türkei gewann ungefährdet mit 2:0. Die Schlusstabelle in der Gruppe A hatte damit folgendes Bild:
13
M eine Herren, wer hätte das gedacht? Nach dem Katastrophenspiel gegen Argentinien und der Auftaktniederlage hier bei der EM stehen wir jetzt in der Zwischenrunde. Darauf hebe ich mein Glas!«
Nach einem ausgiebigen Essen hatte Stettler zur Feier des Tages für alle einen Cocktail aus Kokosmilch mit tropischen Früchten servieren lassen. Die Spieler nahmen ihr Glas in die Hand, und Stettler sprach weiter: »Ich möchte euch danken, besonders aber den Ersatzspielern, die bislang nicht zum Einsatz gekommen sind. Jungs, ihr gehört zu hundert Prozent zum Team, damit das klar ist.«
Alles nickte zu seinen Worten und Stettler räusperte sich. »Jetzt warten wir mal ab«, sagte er mit erhobener Stimme, »gegen wen wir in der Zwischenrunde spielen müssen. Lasst uns also diesen tollen Cocktail genießen. Und vor dem Anstoßen möchte ich euch fragen: »Was sind wir?«
Wie mit einer Stimme erscholl: »Ein Team!« Danach hörte man, wie die Gläser aneinandergestoßen wurden.
Locke beugte sich zu Kevin, der rechts neben ihm saß: »Ein unbeschreiblich schönes Gefühl, soweit gekommen
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