Locke greift an
auf Locke zu, reichte ihm ebenfalls die Hand und sprach erstmals seit Monaten ganz normal mit ihm.
Matz sagte: »Das hätten nicht viele zugegeben. Meinen Respekt hast du zu großen Teilen jetzt wieder zurückgewonnen.«
Die beiden nahmen sich in die Arme und erstaunlicherweise reagierten beide Publikumsgruppen aus der Türkei und Deutschland gleich - es gab einen Beifallssturm.
Vor dem Fernseher in Gelsenkirchen kam man aus dem Staunen nicht mehr heraus und Eva hatte Tränen der Freude und der Rührung in den Augen. Sie sprach aus, was wohl alle im Wohnzimmer der Familie Schubert dachten: »Eine Freundschaft muss größer sein als ein 1:0. Hoffentlich verstehen sich die zwei jetzt wieder richtig gut.«
Trainer Stettler hatte alles ganz genau beobachtet.
Eigentlich müsste ich ihm böse sein, dachte er. Jetzt gibt es Elfmeter in der letzten Sekunde für die Türkei. Doch weiter konnte er seine Gedanken nicht denken, denn sein Kollege aus der Türkei kam zu ihm und nahm ihn, den deutschen Trainer, in den Arm. So verhielten sie und warteten nun auf die Ausführung.
Matz höchstpersönlich legte sich den Ball auf den Punkt. Ein kurzer Anlauf, ein kräftiger Flachschuss. 1:0 für die Türkei! Die Trainer lächelten sich an. Der Schiedsrichter pfiff das Spiel ab. Eine Traube von türkischen Spielern lag über Matz. Der jedoch befreite sich und ging abermals zu Patrick und umarmte ihn ein zweites Mal.
Wohl kaum einer der deutschen Fans machte Patrick Schubert einen Vorwurf. Sie feierten ihre Mannschaft trotz
dieses 1:0 und der Fernsehreporter sprach voller Anerkennung von einem Sieg für den » Fair Play «-Gedanken, wie er ihn selten erlebt habe.
Arm in Arm verließen Matz und Patrick das Stadion.
»Ich glaube, Locke«, sagte Matz und sah den Freund fest an, »so ganz richtig habe ich mich auch nicht verhalten in den letzten Monaten, lass uns nach der Meisterschaft, wenn hier alles vorbei ist, zu Hause in Gelsenkirchen miteinander reden.«
Noch nie war Locke nach einer Niederlage so glücklich vom Platz gegangen.
In der Umkleide herrschte eine gedrückte Stimmung. Stettler lobte ausdrücklich die Leistung seiner Mannschaft.
»Meine Herren, ihr habt guten Fußball gezeigt. Die Türkei hat ebenfalls stark gespielt - und unterm Strich auch verdient mit 1:0 gewonnen. Das heißt für uns, wir müssen die nächsten Spiele für uns entscheiden.« Dann senkte er die Stimme. »Übrigens«, sagte er und sah in die Gesichter der Spieler, »was Patrick da heute gemacht hat - das war ganz stark, auch wenn es uns geschadet hat. Oder ist jemand hier anderer Meinung?«
Niemand meldete sich, obschon dem einen oder anderen anzusehen war, dass er mit sich kämpfte. Ein Sieg wäre so schön gewesen, wie auch immer … Stettler bemerkte es, aber er machte das Beste daraus.
»Für uns«, fuhr er fort, »kann es jetzt nur eines geben: Wir sind ein Team! Was sind wir?«
Lauter als je zuvor brüllte die deutsche U15: »Ein Team!« Und jetzt nickten alle mit Nachdruck dazu.
Locke duschte sich in Rekordtempo. Er wollte unbedingt noch Matz treffen. Aber als er vor den Kabineneingang trat
und auf den Busparkplatz schaute, konnte er nur noch feststellen, dass der Bus der türkischen Mannschaft sich schon auf der Fahrt ins Hotel befand.
Plötzlich stand Erik Stössken neben ihm und knuffte ihn in die Rippen. »Das hätte sich kaum einer getraut«, sagte er. »Um ehrlich zu sein, ich hätte Angst vor den Reaktionen der anderen in der Mannschaft gehabt.«
Locke nickte und sah Erik voll ins Gesicht: »Um ehrlich zu sein … ich hatte auch etwas Schiss. Ich freue mich aber, dass der Trainer und ihr mir beisteht. Das spornt mich an und in den nächsten Begegnungen werde ich mich noch mehr für unser Team einsetzen.«
Die Medienleute spielten in den nächsten Stunden verrückt. Es gab viele Anfragen für Interviews mit Patrick, aber Trainer Stettler hatte ausdrücklich untersagt, dass Locke vor die Presse trat. Die deutsche Mannschaft sollte in ihrem Berliner Hotel einfach Ruhe finden und sich konzentriert auf das nächste Spiel gegen Italien vorbereiten können.
Noch während der Busfahrt zum Hotel am Müggelsee hatten die deutschen Spieler über Radio hören können, wie schwer sich der Favorit Italien gegen Polen tat. Die polnische Mannschaft verteidigte mit Mann und Maus und hielt bis zur Halbzeit ein 0:0. Stettler bat seine Mannschaft gleich bei der Ankunft - noch während der Halbzeit des übertragenen Spiels - in die Hotelhalle
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