Lockende Kuesse
Sie ja seit Jahren nicht mehr gesehen. Sind Sie gerade eingelaufen?«, erkundigte sich Patrick.
»Aye, aye, Sir. Bei Gott, Sie seh'n ja furchtbar aus. Muss 'ne Frau dahinterstecken!«
»Wir können hier drin einen trinken, Jim. Wollte Ihnen sowieso ein paar Fragen stellen.«
Sie setzten sich an einen Tisch und bestellten Rum.
»Waren Sie kürzlich auf den Westindischen Inseln, Jim?«, fragte Patrick ohne lange Umschweife.
»Komm grad von dort her.«
»Ich bin auf der Suche nach einer jungen Frau, werde noch ganz verrückt und ...«
»Unsere prächtige Kitty!«, unterbrach ihn Jim.
Patrick sprang auf. »Woher zum Teufel kennen Sie Kitty?«, fauchte er zornig.
»Ist letztes Jahr auf meinem Schiff von Liverpool hierher gesegelt, daher kenne ich sie.«
Patrick sank stöhnend auf seinen Stuhl zurück und barg den Kopf in den Händen. »Sie ist als Sklavin verkauft worden, wahrscheinlich auf die Westindischen Inseln verschifft.«
Big Jim stieß ein wahrhaft dröhnendes Gelächter aus.
»Was gibt's da zu lachen, Sie verdammter Dummkopf!«
»Als Sklavin! Das ist köstlich, ja, das ist wirklich köstlich! Nun ja, aber die Lacher sind auf ihrer Seite, denn nicht nur ich war anscheinend nicht gut genug für sie, sondern wie's aussieht, auch Sie. Sie hat den Meistbietenden genommen, Patrick, mein Junge. Ist jetzt 'ne verdammte Herzogin!«
»Eine Herzogin? Sie reden Unsinn, Mann!«, stieß Patrick zornig hervor.
»Hab vor zwei Monaten im Hafen von St. Kitts angelegt, und raten Sie mal, wer gerade auf dem Weg zurück nach England war? Der Herzog von Manchester höchstpersönlich samt liebender Gattin. Hatte ein Gepäck dabei, als wär sie 'ne Königin, genug jedenfalls, um 'nen Frachter zu versenken, das kann ich Ihnen versichern.«
Patrick saß da wie vom Donner gerührt.
»Was Sie jetzt brauchen, ist ein Weib. Kommen Sie, war grade unterwegs zu Dirty Annie's.«
»Zum Teufel mit Dirty Annie's!«, brüllte Patrick. »Ich werde Sie ins feinste Hurenhaus von ganz Charleston führen - ins La Maison de Joie.«
Hewlett-Packard
24
Gerade eine Woche blieb Kitty, als sie wieder in London waren, um sich auszuruhen; danach geriet sie in einen wahren Strudel von Veranstaltungen und Feierlichkeiten, in deren Verlauf ihre Angst, in der feinen Gesellschaft nicht akzeptiert zu werden, für immer verschwand. Kaum, dass sie eingetroffen waren, wurden sie mit Einladungen überhäuft. Sie kamen von jenen, die ihrerseits begehrlich auf eine Rückeinladung ins Haus des Herzogs und der Herzogin von Manchester hofften. Charles war so stolz auf seinen Sohn, dass er ihn all ihren Besuchern vorzeigte. Kitty erlaubte es ihm, weil es ihm so offensichtliche Freude bereitete.
Das Erste, was Kitty nach ihrer Rückkehr tat, war, dafür zu sorgen, dass Terry ihren Großvater auf ihr Anwesen in Irland brachte. Danach war jede Minute ihres Tages mit Anproben und Einkäufen ausgefüllt. Und dann hatten sie natürlich viel Besuch, und sie konnte sich in der Rolle der Gastgeberin üben. Sie gingen ins Ballett, in die Oper und in die verschiedenen Theater. Kitty fand mit der Zeit großen Spaß daran. Zuerst war sie nervös gewesen, hatte gefürchtet, sich in den feinen Kreisen nicht behaupten zu können, doch Charles ermutigte sie unermüdlich, sie selbst zu sein, und sie blühte unter seinem Lob förmlich auf. Sie benahm sich ganz natürlich, ohne jede Affektiertheit, und begeisterte alle mit ihrem überschwänglichen Optimismus. Charles lachte in sich hinein, als er auf einer Party zwei von seinen Freunden belauschte, die sich gerade über seine Frau unterhielten. »Vergiss eins nicht: je blauer das Blut, desto blauer die Rede, finde ich jedenfalls. Glaub mir, dieses Mädchen hat adeliges Blut in den Adern - falsche Seite der Decke natürlich.« Manchmal begleitete Charles Kitty beim Einkaufen, und sie wurde sehr vertraut mit Hatton Garden, das gleich um die Ecke bei der Bond Street lag. Es war ein dunkler, kleiner Laden mit einem Hinterzimmer, wo die Diamantenvorräte aufbewahrt wurden. Und die Bankangestellten bei der Coutt's Bank kannten sie bald alle vom Sehen. Von den Männern wurde Kitty nur so umschwärmt, doch sie legte sich bald eine humorvoll-forsche Art zu, um sie auf ihre Plätze zu verweisen. Es gab jedoch immer einige, die bereit waren, bei der kleinsten Ermunterung ihrerseits, die Grenzen zu übertreten. Bei Büfettempfängen überschlugen sie sich förmlich, um ihr die besten Leckerbissen zu empfehlen.
»Versuchen Sie den
Weitere Kostenlose Bücher