Lockende Kuesse
Gurkensalat, meine Liebe«, sagte Lord Macklesfield und stand dabei viel näher, als es nötig gewesen wäre.
Sie blickte ihm geradewegs in die Augen und sagte: »Eine Gurke sollte in Scheiben geschnitten, mit Salz und Pfeffer angerichtet und dann fortgeworfen werden.«
»Touche , meine Liebe«, sagte er mit einem anerkennenden Zwinkern. »Sie können mir einen kleinen Versuch nicht verübeln!«
Granville, ein ziemlich kleiner Mann, hörte das und beschwichtigte Lord Macklesfield: »Geduld ist zwar bitter, trägt am Ende aber süße Früchte.«
Kitty zwinkerte Lord Macklesfield zu und erwiderte: »Hören Sie nie auf einen Mann mit zu kurzen Beinen - das Gehirn ist zu nahe am Hinterteil.«
»Ich sehe schon, mit Ihnen ist nicht gut Kirschen essen, Euer Ehren - Sie haben eine scharfe Zunge!«, sagte er lachend.
Der Herzog von Portland, dessen Aufgabe es war, die königlichen Pagen einzustellen, sah Kitty auf sich zukommen. An Lady Chatham gewandt bemerkte er: »Hier kommt ein Engel, und bei Gott, ich würde ihr zu gerne die Flügel stutzen. Ich glaube, sie mag mich, wissen Sie. Immer macht sie mir irgendwelche Komplimente.«
Kitty schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Wie machen Sie das nur?«, fragte sie zuckersüß.
»Was denn, meine Liebe?«, fragte er gut gelaunt.
»Sich praktisch jeden Tag Ihres Lebens etwas vorzumachen.«
Lady Chatham wieherte. »Sie sind einfach unverbesserlich! Kommen Sie, wir wollen nach Ihrem Gatten sehen. Ich glaube, er ist mit der Herzoginwitwe, Lady Gresham, im Kartenraum verschwunden.«
»Du liebe Güte, doch nicht mit dieser Pferdenärrin? Hatte sie Mr. Weatherlys Zuchtratgeber unter dem Arm?«, fragte Kitty entsetzt.
»Nun, wann hätte Sie nicht?«, lachte Isobel Chatham.
»Dann müssen wir ihn unbedingt retten. Das letzte Mal, als sie mich in eine Ecke drängte, erfuhr ich mehr über Kastration, als mir lieb war!«
Kitty schlüpfte hinter Charles' Stuhl und legte ihm die Hände auf die Schultern.
»Liebling, ich hatte gehofft, du könntest mich nach Hause bringen. Es ist so schrecklich voll hier heute Abend.«
»Entschuldigen Sie mich, Maude, die Pflicht ruft«, sagte er höflich.
Nach dem Theater luden sie oft noch ein, zwei Freunde zu einem leichten Abendessen zu sich ein. Diese intimen Abende genoss Kitty besonders, weil die Unterhaltung immer angeregt und höchst interessant war. Es dauerte nicht lange, und sie wurde bekannt für ihre treffenden Imitationen von Leuten aus der feinen Gesellschaft.
»Wo waren Sie gestern Abend? Ich habe Sie in der Oper vermisst«, bemerkte Lady Derby.
»Viscountess Palmerstons Soiree in Charlton Gardens«, erwiderte Charles.
»Oh, es war so nett«, sagte Kitty, »leider jedoch hat mich die Herzogin von Sutherland unter ihre Fittiche bekommen. Sie benutzt immer diese Doppelworte. Wie nennst du das noch mal, Charles?«
»Reduplikative«, antwortete er mit einem Lächeln, denn er wusste, was nun kommen würde.
Kitty imitierte die Herzogin: »Schnickschnack, meine Liebe! Dieser Hoppelpoppel redet nur Wischiwaschi. Ein Düf-feldoffel, wenn Sie mich fragen. Was für ein Mischmasch ist das nur heute Abend! Nur Riffraff und Hui-pfui. Tsts, Mädchen, schluck-schluck runter damit! Kein Tuschel-Tuschel mehr, locker, lecker! Ah, piffpuff, da ist der Major, na so was, ta-tu!«
Ihr begeistertes Publikum klatschte über ihre treffende Imitation.
»Ist sie nicht wundervoll? Kitty, machen Sie mal den Außenminister.«
Da mischte sich Charles höflich ein. »Ich glaube nicht, dass das klug wäre. Kathleen soll nächste Woche Ihrer Majestät vorgestellt werden.«
»Oh, wie wundervoll; natürlich wird sie Sie auf Anhieb verabscheuen, weil Sie so schön sind. Denken Sie daran, keine leuchtenden Farben; es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Damen bei Hofe sich in gedeckte Töne kleiden. Was wollen Sie anziehen?«
»Na ja, irgendwas Flaschengrünes oder Erdbraunes oder ähnlich Abscheuliches, nehm ich an«, erwiderte Kitty lachend.
Patricks Schwester Julia verlor keine Zeit, die alten Freundschaftsbande zu erneuern. Kitty vermutete, dass dies zum großen Teil mit ihrem neuen Status zu tun hatte, dennoch fand sie Julias Ratschläge zum Verhalten in der feinen Gesellschaft unschätzbar. Die Saison war in vollem Gang, und die sozialen Aktivitäten erreichten einen hektischen Höhepunkt. Am Abend ihres Empfangs bei der Königin kleidete sich Charles mit besonderer Sorgfalt. Er hoffte auf ein neues Amt. Ihm war klar, dass er wenig Chancen
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