Lockende Kuesse
ich dich los bin, dann hätte ich ja einen richtigen Harem. Ich werde gleich morgen früh aufbrechen, so lange das Wetter noch hält. Die Irische See ist schrecklich, wenn die Winterstürme mal losfegen.«
Ihr Großvater war bald so krank, dass er nicht mehr aufstehen konnte, und sie ließ ihn von den Dienern in ein Bett heben. Sie schlief unten im Wohnzimmer, wo auch er lag. Als Terry an diesem Abend nach Hause kam, meinte Kitty, dass sie besser einen Arzt aus Dublin herkommen lassen sollten.
»Ja, ich glaube auch. Er will es zwar nicht, aber wir sollten nicht auf ihn hören und tun, was wir für das Beste halten.« Er blickte sie erleichtert an. »Bin froh, dass du da bist. Jetzt brauche ich mir nur noch halb so viele Sorgen machen.«
Der Arzt sagte ihnen ganz offen, dass man nichts mehr tun konnte. Er diagnostizierte einen Gehirntumor und meinte, dass es nur noch wenige Tage dauern würde. Kitty erbat sich etwas gegen die starken Schmerzen ihres Großvaters, und er gab ihr das Einzige, was er hatte.
Das Laudanum wirkte Wunder. Eine Dosis vor der Nacht, und er schlief durch. Was seine verbleibende Lebenszeit betraf, irrte der gute Doktor jedoch. Es wollte und wollte nicht zu Ende gehen und wurde immer schlimmer. Jedes Mal, wenn er sein Bett beschmutzte, wusch sie ihn sanft, wechselte die Bettwäsche und hielt seine Hand. Sie schrieb Charles, dass sie den ganzen Winter nicht nach Hause kommen könnte. Sie wusste, er würde verstehen, dass sie bis zum Ende ausharren wollte. Trotz der physisch und emotional auslaugenden Krankenbetreuung war Windrush ein wahrer Zufluchtsort für sie. Sie liebte alles an dem alten Haus. Es schien sie tröstend in seine Arme zu nehmen. In diesem Haus hatte es immer Leben und Tod, Freud und Leid, Liebe und Schmerz gegeben. Der Tod kam schließlich am zweiten Februar, während das Land noch in den Klauen des Winters lag. Sie konnte sein Dahinscheiden betrauern, doch war es auch eine unendliche Erleichterung für sie und eine Erlösung für den alten Mann.
Als sie den Brief von Charles erhielt, packte sie sofort ihre Sachen und ihre Familie und reiste ab. Er hatte sich eine leichte Bronchitis eingefangen, wollte jedoch, sobald der Arzt es ihm gestattete, kommen und sie abholen. Die Kutsche konnte für Kitty gar nicht schnell genug fahren. Kaum hatte sie vor dem prächtigen Haus in der Strand Lane angehalten, rannte sie auch schon die Treppe zum Eingang hinauf. Erschrocken sah sie ihn im Mantel und mit der Reisetasche in der Hand in der Diele stehen.
»Du solltest im Bett sein. Wo wolltest du hin?«, fragte sie zornig.
»Mein Liebstes, ich wollte gerade aufbrechen und dich aus Irland abholen, doch wie ich sehe, bist du mir wieder einmal zuvorgekommen.«
»O Charles, ich habe mir solche Sorgen gemacht. Geht es dir wieder besser?«
»Ja, bis auf einen leichten Husten. Nein, küss mich lieber nicht, ich könnte noch immer ansteckend sein.«
An diesem Abend, als sie am Kamin saßen, gestand er ihr: »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich dich vermisst habe. Das war wohl der traurigste Winter meines Lebens. Du bist mein Licht und meine Freude.«
Sie behielt Charles' Husten sorgfältig im Auge, was sie jedoch nicht davon abhalten konnte, umgehend Pläne für einen Wohltätigkeitsball zu machen, um Geld für die irischen Waisenhäuser zu sammeln. Julia war entzückt, als sie sie um ihre Mithilfe bat, und die beiden verbrachten einen ganzen Tag damit, einen Plan zu entwerfen.
»Da gibt es so schrecklich viel zu organisieren, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll«, sagte Kitty.
»Ich werde umgehend ein Komitee zusammenstellen. Dich brauche ich nur für zweierlei, Kitty: zum einen dein herzogliches Wappen für die Einladungen und zum andern deine Anwesenheit auf dem Ball. Patrick ist wieder zurück in London«, fügte sie glücklich hinzu.
»Gottseidank, es ist ihm nichts geschehen. Er wurde doch nicht verwundet, oder?«, fragte Kitty. Julia warf den Kopf in den Nacken und lachte herzlich. »Also du kommst auf die verrücktesten Ideen, Kitty. Er führt gerade ein paar Amerikanerinnen in London herum. Einer seiner Geschäftsfreunde hat Frau und Tochter hierher geschickt, um der drohenden Kriegsgefahr aus dem Weg zu gehen.« Julia verdrehte die Augen. »Man stelle sich vor, der Trottel glaubt wirklich, sein Weibsvolk wäre bei Patrick sicher.«
Später an diesem Abend erinnerte sich Kitty mit einiger Ironie an Julias Bemerkung, ihre Hilfe nicht zu benötigen. Charles'
Weitere Kostenlose Bücher