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Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Titel: Lockruf der Toten / Magischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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sie
mich
fertig, wenn ich ein bisschen Entgegenkommen von dir will. Keine andere Mutter würde sich das alles gefallen lassen, weißt du. Andere Leute hätten dich längst ins Heim gesteckt.«
    Ich war aufgewachsen in dem Glauben an diese Tatsache – dass andere Eltern mich abgeschoben hätten. Ein Kind hat keine Vergleichsmöglichkeiten, keine weiter reichende Kenntnis der Welt.
    Ich bin mir sicher, es war nicht einfach mit mir. Ich hatte meine Probleme, paranormale und andere. Aber wenn ich mich jetzt umsehe, stelle ich fest, dass auch andere Eltern paranormale Kinder aufziehen, und wie sie es tun. Jeremy und der halbwilde junge Werwolf, den er aufgenommen hatte – nicht sein Verwandter, nicht seine Verantwortung. Paige, die die Tochter einer ihr unbekannten dunklen Hexe zu sich nahm. Selbst menschliche Eltern mit paranormalen Kindern kamen zurecht. Talia Vasic, die Adam allein aufgezogen hatte, ihm half, mit seinen dämonischen Kräften umzugehen, bevor sie auch nur gewusst hatte, womit sie es zu tun hatte. Hope, die davon erzählte, wie nahe sie und ihre Mutter sich standen – eine Frau, die wahrscheinlich nach wie vor nicht wusste, warum ihre Tochter »anders« war. Es brauchte kein Hindernis zu sein. Eltern lieben. Eltern helfen. Eltern akzeptieren.
    Immerhin war ich nicht die einzige Paranormale, die bei einem lieblosen Elternteil aufgewachsen war. Jeremy sprach wenig über seinen Vater, aber nach dem, was ich aufgeschnappt hatte, war der Mann ein kalter Killer gewesen und hatte für seinen stillen, wenig aggressiven Sohn nichts als Verachtung übriggehabt. Jeremy hatte es überstanden. War gediehen. War zu einem Anführer herangewachsen, einem Mann, der sein Anderssein akzeptierte, statt darüber zu jammern und sich selbst leid zu tun.
    »Du hättest dich melden sollen.«
    Ich sah auf. Die beiden Frauen waren gegangen; stattdessen saß Eve auf ihrem Platz. Sie legte ihre langen Beine auf den Tisch zwischen uns.
    »Yeah«, fuhr sie fort, als ich den Mund zu einer Antwort öffnete. »Du wolltest das selbst erledigen. Ist mir klar. Aber weißt du, so funktioniert das Arrangement nicht. Wir sind Partner. Wenn ich einen Geist auf einer anderen Ebene kontaktieren muss oder irgendwas in der Welt der Lebenden zu erledigen habe, rufe ich dich. Wenn du ein paar nervige Spuker verscheucht haben willst, rufst du mich.«
    »Ich …«
    »Und weißt du was? Ich wünschte wirklich, ich könnte jeden Geist, von dem ich was will, selbst auftreiben oder im Internet nachsehen, wenn ich eine Information brauche. Kann ich aber nicht. Genauso wenig, wie du mit Arschlöchern wie diesen dreien da fertig werden kannst.«
    Ich sah mich um, holte dann mein Handy aus der Tasche und tat so, als telefonierte ich. »Du hast sie in Glamis deponiert, stimmt’s? Bei Dantalian.«
    »Oh, die werden sich bestens amüsieren dort«, sagte sie. »Dantalian ist gar nicht so übel. Fühlt sich bloß manchmal einsam. Sechshundert Jahre, das ist ziemlich lang für Einzelhaft, sogar wenn man ein Dämon ist. Wie eine Katze, die man in einer kleinen Wohnung hält. Er mag es, wenn er ein neues Spielzeug zum Rumkegeln hat.« Sie streckte einen Fuß aus und tippte – unspürbar – mein Knie an. »Und wenn du dir einbildest, dass du mich
damit
jetzt vom Thema meiner Gardinenpredigt abgelenkt hast, dann liegst du falsch. Du
musst
mich rufen, Jaime. Wenn ich in der Nähe bin, gibt es keinen Grund, warum du dich mit solchem Mist selbst abgeben solltest.«
    »Ich weiß. Ich möchte einfach …«
    »… keine Hilfe
brauchen.
Schon klar. Aber jeder hat sein Spezialgebiet. Deins ist, Geistern zu helfen. Meins ist, sie in den Arsch zu treten. Erfordert vollkommen andere Qualifikationen.«
    »Ich habe ihnen aber nicht geholfen«, sagte ich, während ich über das Café hinblickte. »Ich habe es nicht mal versucht.«
    »Du warst gerade mit einem Einbruch beschäftigt, Himmeldonnerwetter. Du kannst das nicht einfach unterbrechen und Aufträge annehmen.«
    Sie sprach weiter, versuchte mich nach besten Kräften davon zu überzeugen, dass es richtig gewesen war, die Geister zu ignorieren. Aber ich wusste, ich hatte nicht sehr geschickt reagiert. Ich hätte ihnen sagen sollen, dass ich zu tun hatte, später und draußen aber mit ihnen reden könnte. Sie wären vielleicht immer noch auf mich losgegangen, aber zumindest hätte ich sagen können, dass ich meine Pflicht getan hatte.
    Pflicht?
Der Gedanke widerstrebte mir. Ich war schließlich nicht ihre Dienerin.

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