Lockruf der Toten / Magischer Thriller
sie lediglich gewisse Fähigkeiten, in der Regel elementarer oder sensorischer Art. Adams Macht lag im Feuer. Wenn der Ärger mit ihm durchging, konnte seine Berührung Verbrennungen dritten Grades verursachen; glücklicherweise war es schwierig, ihn wirklich wütend zu machen.
Paige saß am Computer; ihre Finger flogen, ihr Blick blieb auf den Bildschirm gerichtet, selbst während sie sprach. Eine kurvige junge Frau, siebenundzwanzig Jahre alt, mit langen dunklen Locken und für den Umzug praktisch in Jeans und Sweatshirt gekleidet. Es war selten, dass man Paige in etwas anderem als einem Rock sah. Ein Girlygirl, wie Savannah sie ständig aufzog.
Savannah hatte mit ihrer Ziehmutter weder den Kleidergeschmack noch sonst allzu viel gemeinsam. Nach einem einzigen Blick auf die Siebzehnjährige – fast einen Meter achtzig groß, sehr schlank, mit langem dunklem Haar und einem feinknochigen Gesicht – hätte jeder Mensch, der Eve gekannt hatte, gewusst, wer ihre Mutter war. Nur die großen, leuchtend blauen Augen hatte sie von Kristof geerbt.
Selbst in zerrissenen Jeans, alten Laufschuhen und einem engen T-Shirt mit Konzertaufdruck verströmte Savannah Anmut und Eleganz … jedenfalls, bis sie den Mund aufmachte. Paige versuchte ihre Ausdrucksweise nicht mehr zu korrigieren. Ich nehme an, Eltern müssen sich sorgfältig aussuchen, wo sie ihre Autorität einsetzen, und bei Savannah gab es sehr viel Wichtigeres. Sie war die Tochter eines Magiers und einer halbdämonischen Hexe und damit ein Pulverfass paranormaler Kräfte. Mit dreizehn Jahren hatte sie in Panik und bei dem verzweifelten Versuch, ihre tote Mutter zu beschwören, ein Haus in Schutt und Asche gelegt – ein Vorfall, von dem ich insgeheim vermutete, dass er auch zum Tod ihres Vaters geführt hatte, obwohl Kristof selbst immer behauptete, bei einem ganz anderen Unfall umgekommen zu sein.
Savannah begrüßte mich mit einer stürmischen Umarmung. Paige machte Anstalten aufzustehen, aber ich winkte ab und beugte mich vor, um sie rasch im Sitzen zu umarmen.
»Ich nehme mal an, das Schloss an der Haustür funktioniert immer noch nicht«, sagte Paige. »Ich muss Lucas bitten, dass er sich das noch mal ansieht. Armer Mann. Nicht sein Fachgebiet.«
»Es funktioniert«, sagte Savannah. »Ich hab Jaime reingelassen.«
»Und bist nicht runtergegangen, um sie zu begrüßen?«
»Wie denn? Wir arbeiten uns deinetwegen hier den Arsch ab, während du am Computer spielst.«
»Ich erstelle das Netzwerk. Wenn wir bis morgen nicht alles an Ort und Stelle haben …«
»Hört die Erde auf, sich um ihre Achse zu drehen. Und am Ende verlieren wir den ersten zahlenden Mandanten.«
»Was noch sehr viel schlimmer wäre.« Paige sah zu mir auf. »Es tut mir leid. Es ist ein bisschen chaotisch hier. Wir haben uns beim Einziehen bisher Zeit gelassen, aber jetzt haben wir tatsächlich Aussicht auf einen sehr wichtigen Mandanten … der hier ein funktionierendes Büro zu sehen erwartet, und zwar morgen.«
»Mach dir deswegen keine Sorgen. Ich werde euch nicht viel Zeit stehlen – ich wollte euch nur kurz ein Szenario präsentieren.«
»Nur zu. Wir holen Kaffee und reden dabei.« Ein Blick zu den anderen hinüber: »Kann ich euch beide allein lassen?«
»Bitte.« Savannah wandte sich an mich. »Nimm sie mit und bleibt weg, solange ihr wollt.«
Paige schnitt eine Grimasse und ging mit mir in den Gang hinaus. Das Bohrgeräusch am anderen Ende hatte aufgehört; jetzt hörte ich Lucas’ Stimme, ruhig, aber nachdrücklich. Als wir eintraten, hatte er das Handy am Ohr und studierte ein Bohrloch in der Wand.
Während er sein Werk begutachtete, machte sich auf seinem ohnehin schon ernsten Gesicht ein Stirnrunzeln breit. »Nein, ich glaube nicht, dass Sie mich verstanden haben«, sagte er ins Telefon. »Wir haben Ihnen diesen Spielraum gelassen, aber nur unter der Bedingung, dass die Arbeiten zügig abgeschlossen werden, falls sich unsere Bedürfnisse ändern und wir einen zügigen Abschluss brauchen. Wenn Sie dem nicht nachkommen können …« Eine Pause. »Gut. Dann erwarte ich den Trupp um …?«
Dann brachte Paige es fertig, seine Aufmerksamkeit zu erregen, und seine Augen leuchteten auf. Er hob zwei Finger, und sie nickte. Er verabschiedete sich und beendete das Gespräch.
»Wir wollten nachsehen, ob du Zeit für eine Kaffeepause hast«, sagte sie. »Aber ich nehme mal an, die Antwort ist nein.«
»Ich lege trotzdem eine ein. Ich könnte ein bisschen Sauerstoff
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