Lockruf Des Mondes
Kamin tatsächlich schon ein Priester stand. Er trug die richtigen Gewänder und hatte auch ein freundliches Gesicht, und trotzdem brachte sein Anblick Emilys Herz zum Rasen.
Cait sah nicht so aufgeregt aus. Sie wirkte gefasst, was jedoch etwas ganz anderes als ruhig war, und Emily wünschte, sie könnte ihre Freundin irgendwie beschützen.
Sie war sogar bereit, ihren Schwur zu brechen, mit Lachlan nie wieder ein Wort zu wechseln, wenn sie damit vielleicht etwas bewirken konnte. Und deshalb wandte sie sich ihm zu und griff nach seinem Arm. »Bitte tu das nicht«, bat sie. »Nicht heute Abend. Gib Cait Zeit ...«
»Wozu, Engländerin? Warten ändert nichts an ihrem Schicksal.«
»Aber sie kannte Drustan bis heute nicht einmal!«
»Wie lange kanntest du Talorc, bevor dein Vater dich hierher schickte?«
»Das kann man nicht vergleichen. Drustans und Caits Heirat wurde nicht vom König angeordnet. Und Talorc hat mich auch nicht gleich nach meiner Ankunft vor den Traualtar gezwungen!«
»Wenn er mit dir ins Bett gewollt hätte, hätte er es getan.«
Emily erschrak über die brutale Offenheit seiner Worte, aber sie konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Cait zuliebe musste sie weiterkämpfen. »Trotzdem ...«
»Schluss jetzt«, fiel Lachlan ihr scharf ins Wort. »Wenn du nicht mit deiner Tirade aufhörst, lasse ich dich in den Turm bringen, bevor die Trauung stattfindet.«
Emily öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder, als ihr die Unsinnigkeit ihrer Einwände bewusst wurde. Sie war Caits einzige Freundin hier, sie musste bleiben. Mit diesem Gedanken ging sie ohne ein weiteres Wort zu Cait und blieb an ihrer Seite stehen.
Cait sah Emily nicht an, aber sie drückte ihr kurz die Hand, wie um ihr zu verstehen zu geben, dass sie froh war, sie bei sich zu haben. Dann verschränkte Cait ihre Hände und presste ihre Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. Drustan nahm seinen Platz auf ihrer anderen Seite ein, und Lachlan stellte sich zu ihm. Angus und die ältere Frau, die sie auf dem Burghof angesprochen hatte, standen auch ganz in der Nähe. Dann legte sich Stille über den großen Saal.
Der Priester begann die Trauung mit den richtigen Worten, aber Emily fand es dennoch irgendwie frevelhaft, das Sakrament der Ehe am Abend statt am Morgen zu erteilen. War die Ehe überhaupt rechtskräftig, wenn die von Rom vorgeschriebene Verfahrensweise nicht genauestens eingehalten wurde?
Um des Seelenheils ihrer Freundin willen betete Emily, dass es so war.
Drustan sprach seine Gelübde mit fester Stimme, als Cait dann jedoch mit den ihren an der Reihe war, blieb sie stumm. Der Priester wiederholte seine Frage, aber Cait tat so, als hätte sie sie nicht gehört.
Emily konnte ihr das nicht verübeln. Tatsächlich war es sogar sehr raffiniert von ihr zu schweigen, denn dem Gesetz der Kirche nach konnte eine Ehe annulliert werden, wenn sie nicht von beiden Teilen aus freiem Willen eingegangen wurde.
Drustan packte Cait stirnrunzelnd an den Schultern und drehte sie zu sich herum. »Du wirst mir gehören, ganz gleich, was du hier tust.«
Sie zuckte die Schultern, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen, aber Emily konnte die Spannung sehen, die Cait beherrschte.
Der Priester schaute Lachlan fragend an.
Der Laird sah Drustan an, der daraufhin die Arme vor der Brust verschränkte und damit klar zu erkennen gab, dass er nicht nachgeben würde.
Emily war stolz auf Caits Willensstärke, aber sie beunruhigte sie auch. Besser mit einem Mann vor den Altar treten, als sich ihm ohne Trauring hinzugeben, hatte Sybil stets gesagt. Emily gab ihrer Stiefmutter zwar nicht in allem recht, doch in diesem Fall konnte sie ihr nur zustimmen. Und nachdem sie gesehen hatte, wie sich Cait und Drustan auf dem Boot geküsst hatten, war für sie mehr als offenkundig, wo ihre Freundin diese Nacht verbringen würde.
Mit gleichmütiger Miene verschränkte Lachlan seine muskulösen Arme vor der Brust. »Der Priester wird euch seinen Segen geben, wenn ich es befehle.«
Der Geistliche zuckte zusammen, aber er nickte.
Cait tat nichts - und schwieg weiter.
»Ich zöge es vor, wenn sie ihre Gelübde spräche. Ich behalte sie allerdings auch gern ohne die Vorzüge der Ehe hier, bis sie es tut«, sagte Drustan.
»Nein«, flüsterte Emily, aber niemand schenkte ihr Beachtung.
Lachlan betrachtete Cait lange schweigend. »Also gut. Bis du meinem Soldaten gegenüber die Gelübde ablegst und dich freiwillig und für immer an ihn bindest,
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