Lockruf Des Mondes
brummte Lachlan.
Emily ignorierte ihn, weil ihre Kampagne, die Soldaten mit Freundlichkeit aus dem Konzept zu bringen, sich nicht auf ihren Anführer erstrecken würde. Sie wollte nie wieder auch nur ein Wort mit diesem Mann wechseln.
Schweigend richtete sie ihren Blick nach vorn. Der Weg den Steilhang hinauf war nicht so beängstigend wie die Fahrt über das Wasser, doch mehr als einmal dankte Emily Gott dafür, dass sie nicht unter Höhenangst litt. Der in Serpentinen zu dem Kliff hinaufführende Pfad war kaum breit genug für die großen Schlachtpferde, und wo rechts eine glatte Steinwand war, befand sich links ein tiefer Abgrund.
Falls es nicht noch einen anderen Weg zur Burg gab, würde keine noch so große Truppe sie einnehmen können oder es auch nur bis zu ihren Mauern schaffen, ohne von den Balmorals bemerkt zu werden.
Cait hatte recht gehabt. Ihr Bruder würde sie nicht retten können, wenn sie sich erst einmal innerhalb der Burg befanden.
Als sie die Kuppe des Kliffs erreichten, war die Zugbrücke schon heruntergelassen, und so konnten sie bis in den unteren Burghof reiten, bevor sie die Pferde anhielten und absaßen. Männer und Frauen, die alle mit den Balmoral'schen Plaids bekleidet waren, starrten Cait und Emily mit unverhohlener Neugier an. Aber ihre Blicke waren weder abweisend noch finster wie die der Sinclairs, obwohl Emily wusste, dass ihre Kleidung sie eindeutig als Engländerin auswies.
Eine ältere Frau mit freundlichem Gesicht und Augen wie Angus' kam sogar zu ihnen herüber. »Wen hast du denn da bei dir, Sohn?«
»Eine Gefangene des Balmoral. Sie ist die zukünftige Frau des Sinclair.«
»Dann haben wir also zwei Gefangene im Austausch für Susannah?« Ein zufriedenes Lächeln huschte über das Gesicht der Frau.
»So ist es, Mutter.«
Drustan legte besitzergreifend eine Hand auf Caits schon deutlich vorstehenden Bauch. »Wir haben sogar drei.«
Emily hätte ihn am liebsten geohrfeigt, als sie sah, wie ihrer Freundin die Tränen in die Augen stiegen.
Aber getreu ihrem Vorsatz, diese Leute zu verwirren, zwang sie sich zu einem Lächeln. »Ich würde dennoch sagen, dass es ein jämmerlicher Mann ist, der durch Frauen und ein Kind Vergeltung übt.«
Sie hatte es in so freundlichem Ton gesagt, dass Drustans Stirnrunzeln etwas verspätet kam. Aber dann war es grimmig genug, um die Werwölfe zur Strecke zu bringen, über die Emilys weit entfernte Haushälterin ihr und Abigail so viel erzählt hatte.
Cait, die plötzlich gar nicht mehr so aussah, als wäre sie den Tränen nahe, schüttelte den Kopf und blickte Emily an, als zweifelte sie an ihrem Verstand.
Und Angus lachte.
»Findest du diesen Seitenhieb gegen deinen Bruder auch noch lustig?«, fragte die ältere Frau tadelnd.
»Unser Laird sagte, dass sie sich als Engländerin erst mit unserer Lebensweise vertraut machen muss, um sie zu verstehen. Und ich bin geneigt, ihm zuzustimmen.«
Seine Mutter schüttelte den Kopf. »Eine Beleidigung ist eine Beleidigung, Angus - auch für eine Engländerin.«
»Schluss mit diesem unsinnigen Gerede«, ertönte Lachlans Stimme direkt hinter Emily. »Der Priester erwartet uns schon in der Burg.«
Und auf diese Weise erfuhr sie, dass Cait und Drustan den Bund der Ehe eingehen würden - und unverzüglich, wie es schien.
»Aber Trauungen müssen morgens vollzogen werden«, wandte Emily entrüstet ein, als sie den Soldaten zu der Burg folgte. Noch immer fest entschlossen, Lachlan zu ignorieren, bedrängte sie stattdessen Drustan. »Und Cait muss Gelegenheit gegeben werden, sich auf ihre Hochzeit vorzubereiten. Was ihr vorhabt, ist selbst für Balmorals barbarisch.«
»Wäre es dir lieber, ich nähme deine Freundin heute Nacht mit in mein Bett, ohne sie zu meiner Ehefrau gemacht zu haben?«, fragte Drustan in so nachsichtigem Ton, dass Emily hätte schreien können.
»Es wäre mir lieber, du würdest warten, bis sie Zeit hatte, sich vorzubereiten«, erwiderte sie steif.
»Und wie lange wäre das?«
»Es braucht Zeit, eine Hochzeit vorzubereiten. Tage, Wochen oft sogar.«
»Im Gegenteil. Alle nötigen Arrangements sind schon getroffen.« Lachlans Stimme kam von ihrer Linken, aber Emily vermied es nach wie vor, ihn anzusehen.
»Drustan, bitte ... Überleg dir das noch mal.«
»Mein Laird hat angeordnet, dass die Trauung unverzüglich stattfindet, und das wird sie auch.«
Inzwischen hatten sie die Burg betreten, und die kleine Gruppe begab sich in den großen Saal, wo vor dem mächtigen
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