Lockruf des Verlangens (German Edition)
vorher überlegen, ob ein Tanz mit einer beliebigen Frau aus dem Rudel – selbst wenn du sie sehr magst – irgendetwas ändern würde.«
Kit blieb stehen, sobald sie außer Hörweite der scharfen Gestaltwandlerohren waren – auch außerhalb der Hörweite eines Wolfs, dessen Sinne mehr als normal geschärft waren. Denn obwohl es Kit Spaß machte, Hawke auf die Füße zu treten, hatte er doch einen gesunden Respekt vor dem Leitwolf und wollte eine gewisse Grenze nicht überschreiten.
Wäre der andere ein dominanter Mann in seinem Alter gewesen, hätte ein solches Verhalten seinen Leoparden geärgert, aber Kit kannte seine eigenen Kräfte genau und wusste ebenso gut, dass Hawke ein Gestaltwandler auf der Höhe seiner Kraft war. Der Leitwolf würde mit ihm den Boden aufwischen, ohne auch nur ins Schwitzen zu geraten.
Sienna entzog ihm ihre Hand. »Was sollte das denn eben?«, fragte sie neugierig, aber nicht sauer.
»Sag jetzt nicht, dass dir meine Küsse nicht gefallen?« Er konnte einfach nicht widerstehen, musste sie ein wenig damit aufziehen.
Sie verschränkte die Arme und starrte ihn mit dem bösen Blick an, den sie sich bei ihrer Mentorin Indigo abgeguckt hatte. »Soweit ich mich erinnere, ist gerade das doch unser Problem.«
Kits Stolz kam ins Schleudern. Aber nur kurz – mit katzenhaftem Selbstvertrauen schüttelte er dieses unangenehme Gefühl ab. »Sollen wir es noch mal versuchen? Das war ja nur ein Kuss.«
Ein Schatten legte sich auf ihr Gesicht, der Blick wurde nachtschwarz. »Kit, ich – « Sie kniff die Augen zusammen, als sie sah, dass seine Lippen zuckten, und hob den Arm, als wollte sie ihm etwas an den Kopf werfen. »Das ist nicht lustig.«
Lachend zog er sie an sich; ihm war bewusst, dass sie diese Art der Körperprivilegien nicht so einfach zulassen konnte und sie nur wenigen gestattete – nur weil er zu diesen wenigen gehörte, hatte er sie überhaupt küssen können. »Ich konnte einfach nicht widerstehen, Sin. Du nimmst alles so herrlich ernst.«
Sie stieß ihm den Ellbogen in die Seite. Hart. Er zuckte zusammen, hielt sie aber weiterhin fest. »Es hat also immer noch nicht gefunkt, was?« Er drückte sein Kinn auf ihren Scheitel. »Jammerschade. Denn du bist echt heiß.«
»Das ist auch nicht lustig.«
»Stimmt aber.« Ihr leichtes Kopfschütteln sagte ihm, dass sie alles für ausgemachten Blödsinn hielt, aber es war nun einmal eine Tatsache, dass Sienna zauberhaft war – was keinem dominanten Mann in den beiden Rudeln entgangen war.
Sie war keine zarte Schönheit, obwohl sie klein war und zarte Glieder hatte. Doch in sich trug sie eine starke Kraft, die sich in ihrem Antlitz spiegelte. Diese Frau würde allem standhalten, ganz egal, was geschah. Für einen Gestaltwandler war das verführerisch und herausfordernd zugleich.
Die faszinierende innere Stärke zeigte sich ein weiteres Mal, als sie ihn zur Seite stieß und sich vor ihm aufbaute. »Du hast meine Frage nicht beantwortet.«
»Ich habe Hawke gerochen«, sagte er, ohne sie aus den Augen zu lassen … und so fiel ihm auf, dass ihre Schultern ganz steif wurden und sich eine harte Linie in die weichen Gesichtszüge grub.
Ihre Stimme klang heiser, er spürte sie wie Wildseide auf der Haut. »Hat er uns gesehen?«
»Ja.« Kit lehnte sich gegen den Stamm einer alten Küstenkiefer, die bis weit in die Krone hinein keine Äste hatte. Das mit dem Funken war echt blöd, dachte er und hakte die Daumen in den Taschen der Jeans ein. Doch trotz der Enttäuschung, dass es zwischen ihnen nicht zündete – mal abgesehen von ein paar schwachen Funken, die sie beide nicht befriedigt hatten – , spürte er ganz deutlich, dass ihre Freundschaft Bestand haben würde. Und Kit sorgte für seine Freunde. »Sieh mich nicht so an.«
Wieder verschränkte sie die Arme und setzte den bösen Blick auf. »Du weißt genau, dass ich keine Spielchen mag.«
Natürlich wusste er das. Sienna war mit ihrer Intelligenz den meisten Leuten haushoch überlegen, aber sie hatte einen großen Teil ihres Lebens in Silentium verbracht. Die Konditionierung hatte ihre Gefühle unterdrückt, ihr Herz verschlossen und große Lücken in ihrem Gefühlsleben hinterlassen. Deshalb brauchte sie Freunde, die auf sie aufpassten, gerade jetzt. »Es gibt Spielchen, und es gibt Strategien.« Er schüttelte den Kopf, als sie etwas sagen wollte. »Gestaltwandler sind sehr besitzergreifend, das ist einfach ein Teil von uns. Und Alphatiere spielen noch dazu in einer ganz
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