Lockruf des Verlangens (German Edition)
darauf eingegangen, denn schlafen würde sie sowieso nicht können. Nun verstand sie den cleveren Plan – er wollte ihre Argumente durch Erschöpfung vertreiben. Doch sie wussten beide, dass sie recht behalten würde. »Mir wird nichts passieren«, sagte sie, als ihre Zähne nicht mehr klapperten. »Ich habe genügend Vorräte.« Sie holte tief Luft und fand es ausgesprochen unfair, dass er seinen schönen Oberkörper so zur Schau stellte. »Zieh das Sweatshirt wieder an.«
Seine Augen leuchteten wolfsblau auf. »Komm doch her und zwing mich.«
Ihre Lippen zuckten, dabei hatte sie geglaubt, das kalte Feuer hätte ihr das Lachen ausgetrieben. »Vielleicht sollte ich lieber mein Top ausziehen.«
Er lachte, und seine Zähne blitzten. »Vielleicht solltest du das wirklich.«
Lachend versuchte sie, ihn erneut niederzuwerfen. »Erkläre mir die Verteidigungsstrategie des Rudels.« Falls es ihr gelang, die Synergie aufzuhalten, konnte sie den Wölfen helfen.
Mit gefährlicher Eleganz umkreiste Hawke sie, sagte ihr, was sie wissen wollte, und hörte zu, wenn sie Fragen stellte oder Vorschläge machte. Dieser Augenblick war so vollkommen, dass Sienna dachte: Das ist es. So sollten wir zusammen sein .
Wenn es ihr möglich gewesen wäre, hätte sie diesen Augenblick eingefroren, aber Sekunde um Sekunde, Minute für Minute verblassten die Sterne, wurde der Himmel heller – bis schließlich die Morgenröte in leuchtenden Farben über der Sierra explodierte. So hell wie das wilde, gierige Feuer in ihr.
»Sienna, deine Augen.«
»Ich weiß.« Sie trat einen Schritt zurück, ließ die Flammen durch sie hindurch in die Erde, ein Feuersturm, der wie eine undurchdringliche Wand zwischen ihr und dem Wolf stand.
50
Hawke beendete das Gespräch via Satellitentelefon, ihm war, als habe ihn eine Granitfaust in die Brust getroffen. Sienna saß am Rande des Sees, die Strahlen der Morgensonne leuchteten wie dunkle Rubine in ihrem Haar. »Was ist?«
»Eine Tote ist ins Leben zurückgekehrt.« Als er ihr erzählte, was – wen – Judd nach Hause gebracht hatte, schien kurz Hoffnung in ihren Augen auf.
Die aber ebenso schnell wieder erlosch. »Niemand weiß, ob sie jemals wieder aufwachen wird«, sagte Sienna. »Noch weniger, ob sie heil zurückkehrt. Ich muss hierbleiben.«
Er hatte geglaubt, er könne sie verlassen, könne sein Herz für das Rudel opfern, aber nun, da es so weit war, rebellierten Mann und Wolf. »Nein«, sagte er und kauerte sich neben sie. »Du kommst mit mir mit.«
»Du hast versprochen, auf mich zu hören, wenn es um meine Fähigkeiten geht.« Streng die Worte, doch zärtlich die Finger auf seiner Wange. »Ich weiß genau, was ich bin. Ich weiß, welche Zerstörung ich anrichten kann – zwing mich nicht, diejenigen zu töten, die ich liebe.«
»Du kannst deine Kräfte überwachen, weißt genau, wann es kritisch wird.« Er hatte noch zwei Mal in der Nacht gesehen, wie sie die Energien in die Erde abgeleitet hatte, die Flammen hatten den See erleuchtet.
»Darauf können wir nicht setzen.«
»Aber du kannst näher zur Höhle kommen.« Er war es nicht gewohnt zu verlieren.
Doch Siennas eiserner Wille hatte ihn schon immer an ihr angezogen. »Nein.« Sie kniete sich hin, legte die Hände auf seine Schultern, in ihren nachtschwarzen Augen waren keine Sterne. »Aber ich werde hier an diesem Ort bleiben.«
Er starrte sie an, der Wolf versuchte, sie mit stiller Dominanz zum Einlenken zu bewegen. Und es lag keinerlei Zugeständnis in seiner Stimme, als er fragte: »Versprochen?«
»Hoch und heilig.«
Er zog sie an seinen Mund, seine Lippen, seinen Atem. Dann verließ er sie mit einem einzigen zornigen Befehl. »Bleib am Leben!«
Am Nachmittag klopfte Walker an Laras Bürotür und war nicht im Mindesten überrascht, dass sie immer noch dieselben Kleider wie am Tag zuvor trug und dunkle Ränder unter ihren Augen lagen. Doch diesmal machte er ihr keine Vorwürfe, dass sie nicht besser auf sich achtgegeben hatte. Er nahm sie in die Arme und hielt sie lange fest, bevor er ihr erlaubte, sich wieder zurückzuziehen. »Wie sieht es mit Eldridge aus?«
Laras Blick verriet ihm jedoch nichts. »Die Scanner zeichnen Gehirnaktivitäten auf, aber das heißt gar nichts, wenn es uns nicht gelingt, einen Weg zu finden, sie zu wecken. Ashaya und Amara haben Chemikalien zusammengestellt, die wir vor ein paar Stunden injiziert haben, aber noch tut sich nichts.«
Sowohl Judd als auch Sascha hatten versucht, durch den
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