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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Langen Galerie verlor sich die hintere Wand in der Dunkelheit und es herrschte Eiseskälte. Das vormals lodernde Kaminfeuer war zu einem schwachen Flämmchen geschrumpft, es zitterte und flackerte, erlosch aber nicht. George blickte auf sein Thermometer. »Acht Grad. Tendenz fallend.«
    »Ich spüre erste Anzeichen einer Maladigkeit«, sagte ich. »Ihr auch?«
    Meine Kollegen nickten. Ja, jetzt ging es los. Die wohlbekannte Mutlosigkeit, die einem das Herz schwer wie Blei werden lässt, sodass man sich nur noch zusammenrollen und die Augen schließen möchte …
    Wir gingen gemeinsam weiter in den Raum hinein, die Hände an den Degen.
    Die Mutlosigkeit steigerte sich zu lähmender Verzweiflung, als wir voranschritten, am Teetisch und dem Kamin vorbei, dem Wandbehang am entfernten Ende der Galerie entgegen. Die Temperatur fiel rapide. Geisternebel züngelte um unsere Knöchel und schwappte gegen die Sofas. Als wir uns umdrehten, ließen sich die ersten Erscheinungen blicken, verschwommene Umrisse mitten in der Eingangshalle.
    Geister vom TYP EINS haben die Besonderheit, dass man sie am deutlichsten wahrnimmt, wenn man sozusagen knapp an ihnen vorbeischaut. Aber auch dann erahnt man nur einen grobkörnigen Schatten, der gleich wieder verschwindet, wenn man ihn richtig fixieren will. Zwei waren klein wie Kinder, der dritte war erwachsen, darüber hinaus konnte man nichts über sie sagen.
    Wir versuchten sie nicht zu beachten, gaben uns gegenseitig Rückendeckung und widmeten uns der hinteren Wand. Hier war es noch kälter. Lockwood hob eine Ecke des Wandteppichs an und spähte dahinter.
    »Hatte ich auch schon überlegt«, sagte George. »Und?«
    Lockwood ließ den Teppich zurückfallen. »Nur Mauer. Aber eiskalt ist es hier.«
    »Knapp sechs Grad, eher fünfeinhalb. Los, weiter.«
    Als wir auch die übrigen Räume abgegangen und zur Treppe zurückgekehrt waren, hatten wir eine ganze Reihe unheimlicher Geräusche und Gerüche dokumentiert – die nicht alle von George stammten. Kein anderer Ort hatte sich als so kalt oder mit so einer beklemmenden Atmosphäre ausgestattet erwiesen wie die Lange Galerie, auch wenn sich übernatürliche Phänomene über den gesamten Westflügel erstreckten. Das bösartige statische Rauschen war lauter geworden. Lockwood hatte mehrfach Todesscheine ausgemacht und weitere Geister waren aufgetaucht. Sie kamen uns allerdings nie nahe, sondern materialisierten sich immer an den entferntesten Enden der Korridore, Stellen, die wir eben verlassen hatten oder gerade ansteuerten. Einzelheiten konnten wir nicht ausmachen, aber einige waren eindeutig Kinder. Ansonsten zeigten sie die für TYP EINS charakteristischen Merkmale: reaktionsarm, friedlich, ein bisschen traurig.
    »Das ist doch Pillepalle«, sagte George, als wir dem schwachen Lichtschein von Lockwoods Kerze die Kellertreppe hinunterfolgten. »Schemen, Lauerer, Waberer … Alles nur nebensächliche Erscheinungen, die sich in der Nähe der eigentlichen, ernsthaften Heimsuchung herumtreiben. Nichts von dem, was wir bisher gesehen haben, scheint die Quelle zu sein. Wir sind noch nicht mal in ihre Nähe gekommen, wenn man von dem kalten Bereich vor dem Wandteppich mal absieht. Und ihr wisst ja, welcher Raum direkt darüberliegt, oder?«
    Ich blieb die Antwort schuldig. Seit über einer Stunde hatte keiner von uns das Rote Zimmer angesprochen, dabei war uns allen dreien klar, dass unsere Nachforschungen uns früher oder später genau dorthin führen würden.
    Im Kellergeschoss war es stockdunkel und zog eklig. Die Kerze erlosch augenblicklich, sodass wir zu den Taschenlampen greifen mussten. Ihr Licht beschien ein Labyrinth aus kleinen Gewölbegängen, grauem Stein, antiken Säulen und einen unebenen Steinfußboden, über den Geisternebel wogte. Manche der kleinen Alkoven waren mit kaputten Weinfässern und Flaschenregalen gefüllt, die übrigen enthielten Kaminholz, Gerümpel, Spinnweben und Ratten. Je weiter wir in den Keller vordrangen, desto dichter wurden die Spinnweben und desto heller wurde der Geisternebel. Die Temperatur sank beständig.
    Der hinterste Raum war eine Sackgasse, er endete vor einer Mauer.
    »Hier ist es genauso wie oben«, sagte George und trug etwas in den Grundriss ein, während ich die Taschenlampe hielt. Lockwood hielt mit dem Degen neben uns Wache. »Wir stehen direkt unter dem Ende der Langen Galerie und auch hier ist es auffallend kalt. Fünf Grad – der niedrigste Wert im ganzen Kellergeschoss. Und seht euch die

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