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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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einer der Verbindungstüren zum Ostflügel, und die Stahlrohrsessel würden jede Besucheraktivität abmildern. Wir schleppten unsere Taschen hinein und stellten eine batteriebetriebene Lampe auf einen Tisch. Lockwood dimmte das Licht herunter.
    »Wir haben uns ja vorhin schon kurz umgeschaut. Ist jemandem etwas aufgefallen?«
    »Hier wimmelt es nur so von Geistern«, sagte ich.
    George nickte zustimmend. »Vor allem …«
    »Im Flur vor dem Roten Zimmer, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Hast du etwas gehört, Lucy?«
    »Meinst du in dem Flur? Raunende Stimmen. Verstehen konnte ich nichts, aber die Stimmen klangen irgendwie … irgendwie boshaft. Im übrigen Haus war alles ruhig. Aber ich weiß , dass diese Stille im Lauf der Nacht gebrochen wird.« Entschuldigend setzte ich hinzu: »Das klingt nicht besonders logisch, oder?«
    »Doch, doch«, sagte Lockwood. »Geht mir ganz ähnlich. Ich spüre überall Todesschein, aber ich kann ihn noch nicht richtig sehen. Was ist mit dir, George?«
    »Ich bin nicht so sensibel wie ihr beide, aber mir ist trotzdem etwas aufgefallen.« Er hakte sein Thermometer vom Gürtel und hielt es uns hin. »Als wir vorhin mit Fairfax hier in der Bibliothek waren, betrug die Temperatur sechzehn Grad. Jetzt ist sie schon auf dreizehn gefallen. Ziemlich schnell.«
    »Sie wird noch viel weiter fallen«, sagte Lockwood. »Aber lasst uns systematisch vorgehen. Wir notieren die Temperaturunterschiede und unsere Wahrnehmungen. Zuerst im Erdgeschoss inklusive der Treppe, dann war der Keller dran. Danach machen wir eine Pause. Anschließend: die übrigen Stockwerke. Die Nacht ist lang und das Haus ist groß. Wir bleiben zusammen. Keiner macht sich selbstständig. Unter keinen Umständen! Wenn einer aufs Klo muss, begleiten ihn die anderen. Ganz einfach.«
    »Für mich dann bitte keinen Tee mehr«, sagte ich.
    * * *
    Das Haus wimmelte tatsächlich von Geistern, und es dauerte nicht lange, bis sich die ersten bemerkbar machten.
    Dank der Möblierung gab es in der Bibliothek relativ wenige übernatürliche Spuren, doch als wir die Lampe ausknipsten und im Dunkeln standen, entdeckten wir selbst hier kleine, hin und her huschende Lichtflecken und -strahlen. Die Lichter waren zu schwach und zu flüchtig, um zu einer richtigen Manifestation zu verschmelzen, aber es handelte sich zweifelsfrei um Ektoplasma. Gemäß den Anweisungen im Leitfaden maß George in allen vier Ecken und in der Mitte des Raumes die Temperatur und trug die Werte auf dem Grundriss ein. Ich gab ihm dabei mit gezücktem Degen Rückendeckung. Dann setzten Lockwood und ich unsere Gaben zur weiteren Überprüfung des Zimmers ein. Ohne großen Erfolg. Die Stille senkte sich wie eine Decke über meine Ohren. Lockwood meldete ein paar ältere Rückstände von Todesschein, aber die geschmacklosen Theaterfotos an der Wand schien er spannender zu finden. Wir knipsten die Lampe wieder an.
    Dann kam die Eingangshalle an die Reihe. Hier maß George eine Durchschnittstemperatur von nur elf Grad. Die Ektoplasmarückstände waren spürbar stärker und tanzten wie Glühwürmchen um uns herum. Über dem Fußboden waberten erste Fetzen grünlichen Geisternebels, aber so schwach, dass man ihn auch mit zusammengekniffenen Augen kaum erkennen konnte. Er kroch dicht über den Boden und sammelte sich in den Ecken.
    Auch die anderen Phänomene nahmen Fahrt auf. Wenn ich mich konzentrierte, hörte ich am Rande meiner Wahrnehmung ein dumpfes, atmosphärisches Knistern wie von einem Radio. Es erstarb und schwoll regelmäßig wieder an, ergab aber nie ein eindeutiges Geräusch. Aus irgendeinem Grund irritierte mich das. Ich versuchte es auszublenden.
    In der Zwischenzeit hatte Lockwood drei Todesscheine ausgemacht, alle beunruhigend hell.
    »Glaubst du, sie stammen aus neuerer Zeit?«, fragte ich.
    Lockwood nahm seine dunkle Brille ab und steckte sie wieder weg. »Entweder das oder hier ist früher mal etwas ganz Grässliches geschehen. Unmöglich zu bestimmen.«
    Die große Treppe selbst lieferte erstaunlich wenig Ergebnisse. George maß alle paar Stufen die Temperatur und errechnete anschließend den Durchschnittswert, der sich aber nicht von der Temperatur in der Eingangshalle unterschied. Ich erspürte keinen Unterschied bei den unterschwelligen Geräuschen und hörte ganz sicher kein Seufzen. Als ich behutsam mit der Hand über das Steingeländer fuhr, nahm ich lediglich ein starkes Unbehagen wahr, das offen gestanden meinen eigenen Empfindungen entsprach.
    In der

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