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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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hatten. Annie Ward stand dort inmitten der glamourösen Truppe, die sich um den Brunnen scharte. Von dem Porträtfoto schaute mir Hugo Blakes schmieriges, selbstgefälliges Gesicht entgegen.
    »Seht mal da, am Brunnen«, sagte Lockwood.
    Weil man bei dem fahlen Magnesiumlicht keine Details erkennen konnte, machte George seine Taschenlampe an. Hinter der ausgelassenen Menge stand noch eine Gruppe elegant gekleideter junger Männer in weißen Jacketts und Krawatten. Sie umstanden den verzierten Brunnen. Einer war auf den Rand unter der Fontäne geklettert, andere balancierten seitlich davon. Sie strahlten Gesundheit, Reichtum und Selbstbewusstsein aus. Der Größte stand etwas abseits, halb im Schatten des Brunnens. Er war breitschultrig und muskulös und hatte eine lange, dunkle Mähne, die ihm ins Gesicht fiel. Trotzdem erkannte man die markanten Züge – die Hakennase, die buschigen Augenbrauen und das kräftige Kinn.
    George und ich waren sprachlos.
    Er hatte seither stark abgenommen, aber er war es eindeutig.
    »Fairfax …«, entfuhr es mir.
    George nickte bedächtig. »Hab ich’s mir doch gedacht!«
    »Bitte? Erzähl mir nichts! Du hattest keinen Schimmer!«, fauchte ich.
    »Na ja …« Er gab Lockwood die Kopie zurück. »Ich fand irgendwie, dass mit ihm was faul ist.«
    »Das heißt, als ich Annie Ward das Bild gezeigt habe …«, überlegte ich laut, »… und sie ausgerastet ist …« Ich biss mir auf die Lippe. Der Silberglasbehälter unter meiner Jacke brannte eisig auf meiner Haut. »Aber das ist immer noch kein Beweis, dass …«
    »Ganz recht«, unterbrach Lockwood mich, »das ist noch kein Beweis. Außer für eines: nämlich dass Fairfax ein Lügner ist. Als er uns aufgesucht hat, tat er so, als habe er noch nie von Annie Ward gehört. Als könnte er sich noch nicht mal an ihren Namen erinnern. Dabei muss er sie zweifellos gekannt haben, denn als junger Mann hat er zu ihrem Freundeskreis gehört.«
    »Und nicht nur das!« Ich hatte jetzt Herzklopfen und mir war schwindlig wie vorhin auf der Wendeltreppe, aber diesmal lag es nicht am Aufruhr irgendwelcher Geister. Es lag an einem Detail, das mir entfallen war, mich nun aber mit der vollen Wucht seiner Bedeutung traf. »Sie war auch Schauspielerin. Wie Fairfax. In dem alten Artikel hieß es, sie habe ihre vielversprechende Laufbahn aufgegeben, weil … ja, wieso eigentlich?«
    »Wegen Hugo Blake«, sagte Lockwood. »Sie geriet unter seinen Einfluss und deshalb –«
    »Wenn das alles auf das hinausläuft, was ich denke«, unterbrach ihn George und klopfte auf den halb herausgehebelten Steinblock, »meint ihr dann nicht, wir sollten allmählich weitermachen? Die Nacht ist bald um.«
    Keiner mochte ihm widersprechen. Wortlos standen wir auf und rückten dem Stein wieder zu Leibe. Es kostete uns alle Kraft und diverse Attacken mit zwei Brecheisen und einem Messer, bis er endgültig locker war und herausfiel. Das Echo des Aufpralls verhallte und wir starrten in das Loch.
    Lockwood bückte sich und spähte hindurch. »Ich seh nichts, aber dort müsste eigentlich der Keller sein, wo vorhin der Mönch aus der Wand kam. Sobald wir oben sind, verlassen wir das Haus sofort. Gib mir deine Taschenlampe, George. Ich klettere zuerst durch.«
    Lockwood nahm die Lampe zwischen die Zähne, zog sich hoch und zwängte sich mit dem Kopf voran in die Öffnung. Er wand und drehte sich, zappelte noch einmal mit den Beinen, dann war er verschwunden.
    Stille.
    George und ich warteten.
    Dann wurde es in der Öffnung hell, und wir hörten Lockwood sagen: »’tschuldigung. Mir war die Lampe runtergefallen. Ich bin tatsächlich in dem Keller von vorhin gelandet. Jetzt du, Lucy.«
    Für mich war es leichter, durch die Öffnung zu schlüpfen, denn als ich den Kopf und die Arme hindurchgesteckt hatte, konnte Lockwood von der anderen Seite ziehen.
    »Gib mir Rückendeckung, wenn ich George durchhelfe«, sagte er leise. »Ich nehme zwar an, dass sich die anderen Besucher um diese Uhrzeit ruhig verhalten, aber man weiß ja nie.«
    Also stand ich mit Degen und Taschenlampe hinter ihm, als er George durch die Öffnung zerrte. Viel sehen konnte ich allerdings nicht. Undurchdringliche Schatten lagen über den Gewölbefluchten des Kellers. Ich erkannte nur die verschwommenen Umrisse von ein paar Weinregalen. Von Geisternebel keine Spur mehr. Vielleicht hatte unser Angriff auf den Brunnen tatsächlich den ganzen Geisterschwarm vertrieben. Das war unmöglich vorherzusagen.
    Es war aber

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