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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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stehendes Ich von dem Foto an: Fairfax der Schauspieler, geschmeidig und attraktiv, strotzend vor Selbstbewusstsein, mit Ohrringen und in hautengen Strumpfhosen, in der Hand einen Totenschädel aus Gips. Der heutige Fairfax saß gebeugt, erschöpft und kraftlos hustend darunter. Es war fast unheimlich zu sehen, wie grausam ihm die Jahre zugesetzt, wie sie seine Lebenskraft und Lebenslust aufgezehrt hatten.
    Auch Grebe nahm seinen Helm ab. Zum Vorschein kam ein ungewöhnlich kleiner Kopf, der nicht zu seinem muskulösen Körperbau passte. Der Anblick erinnerte an eine Kegelfigur. Sein Haar war militärisch kurz geschoren, der Mund schmal und verkniffen.
    Fairfax legte Brille und Helm auf den Stapel Alben, den Lockwood zu Beginn unseres Einsatzes durchgeblättert hatte. Dann schaute er sich mit zufriedener Miene um. »Ich bin gern hier«, verkündete er. »Diese Bibliothek ist mein Grenzposten. Nachts stellt sie das Niemandsland zwischen dem Reich der Lebenden und dem der Toten dar. Ich erprobe hier die neuesten Produkte meiner Firma. Die Stahlrohrmöbel sorgen für meine Sicherheit, aber meine Schutzkleidung erlaubt es mir, mich auch im übrigen Haus unbehelligt zu bewegen.«
    »Komische Rüstung. Sieht aus, als hätten Sie ein Kleid an«, sagte George.
    »Wollen Sie mich beleidigen, Mr Cubbins?«, erwiderte Fairfax mit zu Schlitzen verengten Augen. »Ob das in Ihrer Lage so klug ist?«
    »Wenn du von einem geisteskranken Tattergreis im Kettenkleid mit einer Pistole bedroht wirst, bist du eh verratzt«, gab George zurück.
    Fairfax lachte kurz auf. »Das wird sich zeigen. Aber Sie liegen falsch mit Ihrer Überheblichkeit. Was mein Kleid betrifft: Es ist aus einem neuartigen Stahl, der natürlich überwiegend aus Eisen besteht, aber mit einem Zusatz von Aluminium. Dadurch ist das Ganze wesentlich leichter als die bisher übliche Schutzkleidung. Höchster Tragekomfort bei größtmöglicher Sicherheit! Auch der Helm ist auf dem neuesten Stand der Technik. Wussten Sie, dass der Nacken bei Agenten die verwundbarste Stelle ist, Mr Lockwood? Deshalb ist hier dieser Nackenschutz angeschweißt. Hätten Sie nicht auch gern so einen Helm?«
    Lockwood zuckte die Achseln. »Er ist sicherlich … einzigartig.«
    »Wieder falsch! Er ist ungewöhnlich und raffiniert, aber einzigartig ist er nicht. Die Fairfax-Eisenwerke sind nicht die einzige Firma auf der Welt, die an neuen Erfindungen arbeitet. Und diese Schutzbrille … Aber ich schweife ab.«
    Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und beobachtete Lockwood eine Weile, ohne etwas zu sagen. Als er weitersprach, wählte er seine Worte mit Bedacht. »Dort unten im Keller haben Sie ein gewisses … Medaillon erwähnt, mit dem sich irgendetwas beweisen ließe. Das hat mich neugierig gemacht. Was meinen Sie mit beweisen – falls Sie überhaupt etwas damit meinen? Außerdem würde mich interessieren«, er lächelte flüchtig, »wo sich dieses Medaillon befindet und wie es in Ihren Besitz gelangt ist.«
    »Warum sollten wir Ihnen das verraten?«, sagte George. »Sobald Sie es wissen, werfen Sie uns in den Brunnen.« Sein bleiches, blutverschmiertes Gesicht hatte einen trotzigen Ausdruck angenommen. Meines – vermutlich – ebenfalls, aber bei mir gesellte sich zum Trotz noch tiefe Abscheu. Ich konnte mich kaum überwinden, Fairfax auch nur anzuschauen.
    Lockwood dagegen war so gelassen, als plaudere er mit einem guten Nachbarn über das Wetter. »Lass nur, George. Er kann ruhig wissen, worum es geht. Dann begreift er vielleicht, wie aussichtslos seine Lage ist.« Er setzte sich bequem hin und schlug die Beine übereinander. »Wie Sie schon erraten haben, Fairfax, haben wir das Medaillon bei Annabel Wards Leiche gefunden. Uns war sofort klar, dass nur ihr Mörder es ihr geschenkt haben konnte.«
    Fairfax gebot ihm Einhalt. »Warten Sie! Wie sind Sie darauf gekommen?«
    »Durch Lucys übersinnliche Fähigkeiten. Als sie das Medaillon berührte, nahm sie starke Gefühlsspuren daran wahr, die Annies unbekannten Verehrer mit dem Augenblick ihres Todes in Zusammenhang bringen.«
    Der kantige Schädel wandte sich mir zu, die schwarzen Augen musterten mich von Kopf bis Fuß. »Ach richtig, die überaus einfühlsame Miss Carlyle …« Die Art, wie er das sagte, verursachte mir eine Gänsehaut. »Aber juristisch gesehen, ist das natürlich Humbug«, fuhr er fort. »So etwas gilt nicht als Beweis.«
    »Da bin ich ganz Ihrer Ansicht«, entgegnete Lockwood. »Darum lag uns ja auch so viel daran,

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