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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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verschwunden. Der Artikel, den ich schon kopiert hatte, ist ungefähr eine Woche danach erschienen. Am besten fängst du mit dem Juli an, Lockwood. Da werden wir am ehesten was Brauchbares finden. Lucy kann sich den September und den Oktober vornehmen. Ich ziehe noch mal los und hole die entsprechenden Ausgaben von Die feine Gesellschaft .«
    Wir zogen unsere Mäntel aus und vertieften uns gehorsam in die wahnsinnig spannende Lektüre des Richmonder Anzeigers. Ich hatte bald heraus, dass er mehr Informationen über Volksfeste, entlaufene Katzen und Wettbewerbe um den schönsten Vorgarten enthielt, als ich im ganzen Universum vermutet hätte. Es gab auch schon etliche Artikel über das Problem, das damals seinen Anfang genommen hatte. Ich fand erste Stimmen, die das Aufstellen von Geisterlampen forderten (was das betraf, hatten sie Erfolg gehabt) sowie das Umpflügen und Durchsalzen von Friedhöfen (diese Maßnahme war zu teuer und wurde auch nicht allgemein gutgeheißen – alles, was die Befürworter erreichten, waren eiserne Einfassungen). Nur über die Suche nach dem vermissten Mädchen fand ich nichts Neues.
    Auch Lockwood und George – Letzterer arbeitete sich durch die Schwarz-Weiß-Abbildungen in dem Klatschmagazin – hatten kein Glück. Lockwood wurde unruhig und schaute auf die Uhr.
    Ein Schatten fiel auf meine Zeitung. Ich hob den Kopf und erblickte drei Personen, die an unseren Tisch getreten waren und uns mit unverhohlener Belustigung zuschauten. Es waren zwei Jugendliche, ein Junge und ein Mädchen, sowie ein junger Mann. Sie trugen die weichen dunkelgrauen Jacken und gepflegten schwarzen Hosen der ältesten, renommiertesten Agentur in London, der grauen Eminenz, der berühmten Agentur Fittes. Die kunstvoll verzierten Knäufe ihrer Degen waren nach antiken italienischen Vorbildern gefertigt, neben denen unsere Degen billig aussahen. Auf ihren Uniformen und grauen Aktentaschen prangte das Firmenlogo, ein silbernes, sich aufbäumendes Einhorn.
    Lockwood und George standen auf.
    »Hallo, Tony!«, sagte der junge Mann lächelnd. »Das ist ja mal ganz was Neues. Ich hab dich hier noch nie gesehen.«
    Tony. Ich kannte Lockwood jetzt schon ein halbes Jahr und hatte noch nie erlebt, dass jemand gewagt hätte, ihn auch nur »Anthony« zu nennen. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich, zwischen dem Berater von Fittes und Lockwood müsste eine enge Freundschaft bestehen; bis ich kapierte, dass das Gegenteil der Fall war.
    Auch Lockwood lächelte, aber ganz anders als sonst. Er verzog den Mund zu einem wölfischen Grinsen, bei dem seine Augen so schmal wurden, dass sie kaum noch zu erkennen waren. »Na so was – Quill Kipps. Wie geht’s?«
    »Viel zu tun. Und du, Tony? Nimm’s mir nicht übel, aber du siehst ziemlich mitgenommen aus.«
    »Ach was, nichts Ernstes. Das sind nur ein paar Kratzer. Ich kann mich nicht beklagen.«
    »Dazu wirst du wohl auch keine Zeit haben, schließlich beklagen sich eine Menge Leute über dich! « Der Berater war sehr schlank, beinahe zierlich. Er wog bestimmt weniger als ich. Er hatte eine kleine Himmelfahrtsnase, ein sommersprossiges Gesicht und kurze rotbraune Haare. An seiner Uniformjacke baumelten vier oder fünf Medaillen und in seinen Degenknauf war ein funkelnder grüner Stein eingelassen. Allerdings ging ich nicht davon aus, dass er seine Waffe noch oft benutzte. Ich schätzte ihn auf Anfang zwanzig. Demnach arbeitete er nicht mehr im aktiven Dienst und seine Gaben waren höchstwahrscheinlich verkümmert. Wie mein ehemaliger Chef Mr Jacobs und die unzähligen anderen nutzlosen Berater, die unsere Branche verstopften, war er nur noch dazu gut, die ihm unterstellten Kinder herumzukommandieren.
    Lockwood ließ sich nicht anmerken, ob der Seitenhieb ihn gekränkt hatte. »Tja …«, sagte er nur, »so was kommt vor. Und warum seid ihr hier?«
    »Bande von Geistern, die eine Unterführung in Moorgate unsicher macht. Wir wollen herausfinden, was der Hintergrund sein könnte.« Er musterte die aufgeschlagenen Zeitungen auf unserem Tisch. »Und ihr recherchiert anscheinend auch.«
    »Stimmt.«
    »Der Richmonder Anzeiger … Ach so! Es geht um den unseligen Fall in der Sheen Road! Also bei Fittes führen wir unsere Recherchen durch, bevor wir einem Geist gegenübertreten. Wir sind ja nicht bescheuert!«
    Der schlaksige Junge neben ihm lachte pflichtbewusst. Er hatte einen großen, knochigen Schädel und einen mausbraunen Haarschopf. Das Mädchen verzog keine Miene. Humor –

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