Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)
aber nichts. Lockwood hatte immer noch leuchtende Augen. George dagegen blickte so ausdruckslos drein wie immer. Er nahm die Brille ab und fuhr mit dem Pulloverzipfel über die Gläser.
»Sie wären übrigens nicht die Ersten, die diesen Versuch unternehmen«, fuhr Fairfax fort. »Der vorige Besitzer des Hauses hat sich vor dreißig Jahren die gleichen Fragen gestellt, die Mr Lockwood eben angesprochen hat. Er beauftragte ein kleines Team der Agentur Fittes – ein Junge, ein Mädchen und ein erwachsener Berater –, eine Voruntersuchung zu unternehmen. Die drei erklärten sich bereit, die Nacht im Haus zu verbringen, und wollten sich dort auf das Rote Zimmer konzentrieren. Sie trafen die üblichen Sicherheitsvorkehrungen. Sie ließen die Eingangstür offen stehen, um einen Fluchtweg zu haben. Sie installierten ein Telefon im Roten Zimmer, das mit dem Apparat von Bert Starkins verbunden war, um nötigenfalls Hilfe herbeizurufen. Alle drei waren erfahrene Agenten. Als es dunkel wurde, verabschiedete der Besitzer sich und ließ sie allein. Als Starkins ein paar Stunden darauf zu Bett ging, sah er noch durchs Fenster, wie sich ihre Taschenlampenkegel durch die oberen Räume bewegten. Um Mitternacht klingelte sein Telefon. Der Berater war dran und meldete, dass es ein paar Auffälligkeiten gegeben habe. Er wolle sich nur vergewissern, dass die Leitung funktioniere. Sonst sei alles in Ordnung. Er klang ganz ruhig. Starkins legte auf und ging wieder ins Bett. Das Telefon klingelte nicht noch einmal. Als er sich am nächsten Morgen mit dem Hausbesitzer vor dem Eingang traf, war das Agententeam noch nicht wieder herausgekommen. Um halb acht betraten die Männer das Haus. Es war nichts zu hören, niemand beantwortete ihre Rufe. Ihnen war klar, wo sie nachschauen mussten. Als sie die Tür zum Roten Zimmer öffneten, lag der Berater mit dem Gesicht nach unten neben dem Telefon. Er war der Geistersieche erlegen. Das Mädchen lag am anderen Ende des Zimmers zusammengekauert unter dem Fenster. Sie hatte sich so eingerollt, dass es den beiden Männern nicht gelang, ihr den Puls zu fühlen oder ihr ins Gesicht zu schauen. Wobei das auch keinen Zweck gehabt hätte. Sie war natürlich mausetot. Was dem Jungen zugestoßen war, konnte leider nicht festgestellt werden.«
»Sie meinen, woran er gestorben ist?«, fragte George.
»Ich meine, er ist nie mehr aufgetaucht.«
»Entschuldigen Sie, Sir«, sagte Lockwood, »aber als der Berater um Mitternacht anrief, hat er gesagt, um was für Auffälligkeiten es sich handelte?«
»Nein. Hat er nicht.« Mr Fairfax holte eine Taschenuhr heraus und warf einen Blick darauf. »Schon so spät! Ich muss in einer Viertelstunde in Pimlico sein. Kommen wir zum Schluss. Wie schon gesagt, Ihre Agentur hat mein Interesse geweckt, und ich bin beeindruckt von Ihren Fähigkeiten. Ich mache Ihnen folgendes Angebot: Ich übernehme die Entschädigungssumme für den Hausbrand in der Sheen Road und sorge dafür, dass die BEBÜP über unsere Abmachung Stillschweigen bewahrt. Um diese sechzigtausend Pfund zu verdienen, müssen Sie sich einfach nur verpflichten, die Untersuchung zu übernehmen. Sobald Sie in Combe Carey Hall eingetroffen sind, überweise ich Ihnen das Geld. Wenn es Ihnen außerdem gelingt, den Fall aufzuklären und den Geist zu vertreiben, bezahle ich Ihnen eine weitere ansehnliche Summe. Was ist Ihr übliches Honorar?«
Lockwood nannte eine Summe.
»Ich zahle Ihnen das Doppelte. Combe Carey Hall ist ein harter Brocken.« Mr Fairfax packte den Hundekopf und machte Anstalten aufzustehen. »Noch etwas: Ich bin ein Mann der schnellen Tat. Ich möchte, dass Sie übermorgen anfangen.«
»Übermorgen?«, wiederholte George. »Aber wir müssen doch erst …«
»Ich lasse grundsätzlich nicht mit mir handeln. Im Übrigen erlaubt Ihre Lage es Ihnen nicht, Bedingungen zu stellen. Aber ich hätte noch eine Bedingung: Bei diesem Auftrag dürfen keine Leuchtbomben oder andere entzündliche Stoffe zum Einsatz kommen, denn Combe Carey Hall ist voller wertvoller Antiquitäten. Das soll nicht heißen, dass ich kein Vertrauen in Sie habe, aber …« Die silberüberkronten Zähne blitzten wieder. »Ich möchte einfach nicht, dass mein Haus abbrennt.« Der Sessel knarrte protestierend, als Mr Fairfax sich mühsam erhob und uns nun mit seinen dürren Beinen überragte und wie ein riesiges Insekt auf uns herabblickte. »Sie brauchen sich nicht sofort zu entscheiden. Rufen Sie mich einfach heute Abend an. Auf dieser
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