Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)
Karte steht die Nummer meiner Sekretärin.«
Ich ließ mich in die Sofapolster zurücksinken und holte erst mal Luft. Natürlich würde er keine sofortige Entscheidung bekommen.
Bei Fittes arbeiteten nur die besten Agenten, das wussten wir alle. Und drei von ihnen waren in Combe Carey Hall ums Leben gekommen! So einen Auftrag ohne Zeit für gründliche Vorbereitungen anzunehmen, war glatter Selbstmord. Das Rote Zimmer! Die Seufzende Treppe! Klar, Fairfax’ Geld würde unsere Agentur vor dem Ruin bewahren, aber was nützte uns das, wenn wir tot waren? Keine Frage: Das mussten wir unbedingt gründlichst diskutieren.
»Das ist sehr freundlich von Ihnen«, hörte ich Lockwood sagen, »aber wir benötigen keine Bedenkzeit. Wir übernehmen den Fall.« Er stand auf und hielt Fairfax die Hand hin. »Wir bereiten alles vor und finden uns so schnell wie möglich in Combe Carey Hall ein. Sagen wir … Sonntagnachmittag?«
Kapitel 17
Ich muss zugeben , dass George und ich in den paar Monaten, die ich nun schon bei Lockwood & Co. arbeitete, immer wieder Meinungsverschiedenheiten gehabt hatten. Sie reichten von Wichtigem (wenn einer von uns eine Ladung Salz ins Gesicht bekommen hatte oder vom Degengefuchtel des jeweils anderen beinahe skalpiert worden wäre) bis hin zu eher Nebensächlichem (die Schmutzwäsche, die Sauberkeit in der Küche, Georges Angewohnheit, sein Geisterglas irgendwo abzustellen, wo man nicht damit rechnete, zum Beispiel hinter der Klotür). Wir zankten uns praktisch über alles und jedes. Einig waren wir uns so gut wie nie.
An diesem Mittag, nachdem Fairfax gegangen war, war eine dieser seltenen Gelegenheiten.
Kaum war der Rolls-Royce davongeschnurrt, fielen wir beide über Lockwood her, weil er uns vor seiner Entscheidung nicht zurate gezogen hatte. Ich argumentierte mit den zahlreichen Todesopfern, die jene Heimsuchung bereits gefordert hatte. George brachte vor, dass wir mindestens vierzehn Tage, wenn nicht einen ganzen Monat, brauchen würden, um über die Geschichte des Hauses zu recherchieren. Alles andere wäre Wahnsinn.
Lockwood hörte sich unsere Einwände gelassen an. »War’s das?«, fragte er dann munter. »Gut. Erstens: Dieser Auftrag ist vermutlich unsere einzige Chance, die Agentur vor der Pleite zu retten. Mit dem Honorar können wir die Familie Hope auf einen Schlag entschädigen und uns die BEBÜP vom Hals schaffen. Das ist eine einmalige Gelegenheit, die wir gar nicht ausschlagen können. Zweitens: Ich bin der Chef dieser Agentur, und was ich sage, gilt. Drittens: Es ist der spannendste Auftrag, den wir je hatten! Das Rote Zimmer! Die Seufzende Treppe! Endlich eine echte Herausforderung, oder wollt ihr etwa den Rest eures Lebens damit zubringen, irgendwelche schwächlichen Vorstadtgeister zu verscheuchen? Das ist unser Durchbruch. Kneifen wäre eine Schande.«
Seine Argumentation – vor allem der zweite Punkt – überzeugte uns nicht ganz. George putzte wie ein Wilder seine Brille. »Eine Schande sind ja wohl eher die Bedingungen, die Fairfax stellt. Keine Leuchtbomben – der Typ spinnt doch!«
Lockwood ließ sich nicht beirren. »Sag ich ja. Endlich mal eine interessante Herausforderung.«
»Interessant ?« , kreischte ich. »Kriminell ist so was!«
»Der Kerl ist ein Idiot«, sagte George. »Wenn dieser Ort nur halb so gefährlich ist, wie er uns erzählt hat, wäre es Irrsinn, dort ohne jede erdenkliche Waffe reinzugehen.«
»Genau!«, sagte ich. »Kein Mensch ist so blöd und lässt sein Griechisches Feuer zu Hause, wenn er es mit einem TYP ZWEI zu tun hat.«
»Mit einem ganzen Schwarm von ZWEIERN !«
»Die schon unzählige Menschen auf dem Gewissen haben …«
»… und auf die wir uns nicht mal richtig vorbereiten können …«
»… weil wir vorher nicht gründlich recherchieren können, ich weiß, ich weiß«, fiel uns Lockwood ins Wort. »Schließlich brüllt ihr es mir ja die ganze Zeit ins Ohr. Könntet ihr zwei Fischweiber mal die Luft anhalten und zuhören? Er mag ja ein wenig exzentrisch sein, aber Fairfax ist nun mal unser Klient und wir müssen uns nach seinen Wünschen richten. Uns bleiben immer noch unsere Degen und die Eisenketten. Wir sind also keineswegs unbewaffnet.« Er fuhr unwillkürlich zusammen. »Du starrst mich schon wieder so an, Lucy – lass das!«
»Ja, weil du unsere Bedenken überhaupt nicht ernst nimmst.«
»Im Gegenteil. Ich nehme sie sogar sehr ernst. Mir ist durchaus bewusst, dass wir mit diesem Auftrag unser Leben aufs Spiel
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