Loecher, noch und noecher
ihn gefreut haben, „Mäh! Mäh! Mäh!“ haben sie geschrieen, das war dann schon auch sehr göttlich.
Es war zur Zeit der Regentschaft von der depperten Drecksau Hitler, erinnert sich der Biermösel jetzt wieder überraschend deutlich an die depperte Drecksau Hitler, und es war in einer furchtbar kalten, abweisend-winterlichen Vollmondnacht samt Bombenhagel, wie der alte Biermösel mit der Biermösel-Trümmermama durch das zerstörte Ausseerland herumgezogen ist, kein Nazi-Wirt hat ihnen Obdach gegeben, keiner eine Herberge, kein Krankenhaus hat sie aufgenommen und kein Kloster ihnen die Tür geöffnet, so waren sie immer und sind die Leute in dem depperten Land auch heute noch, engherzig und unbarmherzig sind sie, abweisend und böse.
Aber dann! Auf einmal! Aus dem Nichts heraus!, erinnert sich der Biermösel jetzt besonders dramatisch an die dramatischen Minuten, wie er noch eine Schachtel von den gelben Tabletten frisst, die ihm mittlerweile fast besser schmecken als der Marillenbrand: ein Stern oben am Himmelszelt und ein Stall in der Nähe vom Gebirgskamm, beides zusammen nichts weniger als eine Einladung, auf einem Haufen Stroh ein engelsgleiches, goldgelocktes Kind auf die Welt zu bringen, einen strammen Jungen, Halleluja! Und so schnell hat der Alte dann zur Feier des Tages gar nicht die erste Flasche aufreißen können, waren schon die Heiligen Drei Könige da und haben ihm ein paar Sachen gebracht, einen Wetterfleck 0-3 Jahre, einen Schnapsnuki mit viel Honig drauf, und ein paar Kaugummizigaretten waren auch dabei.
Na gut, räumt der Biermösel jetzt ein, wie er die letzte Tablette verschluckt hat: Möglich ist es ja, dass er manches Mal ein klein wenig übertreibt und sich mit fremden Federn schmückt. Aber auch wenn man den Stern und den Stall und die Könige und den Honig abzieht, war seine Niederkunft immer noch dramatisch genug! Und wenn der Mensch vom Liebeskummer und dem ganzen Leid der Welt niedergedrückt wird, dann darf er sich ja wohl ein bisserl interessanter machen als er ist, oder ist denn das auch schon verboten?
Vielleicht wäre ja alles ganz anders gekommen, wenn der Ur-Biermösel sich damals drüben in Goisern angesiedelt hätte, wie es auch hätte passieren können, wenn er nicht der bindungsscheue einsame Viehhirt gewesen wäre mit den selbstgedrehten Sauerampfer-Zigaretten in der Pappalatur und dem Ur-Poncho, aus dem die Einheimischen dann den Wetterfleck geschneidert haben, jedenfalls:
1847, Goisern im braunen Gatsch:
„Dieses Goisern“, hat der Ur-Biermösel zu einer gachblonden Saloon-Löwin gesagt, wie er bei ihr in der Schwenktür von ihrem Saloon gestanden ist und sich abgezeichnet hat, dass aus dem Haufen Scheißhäuser, die die Einheimischen in dem braunen Gatsch gebaut haben, vielleicht einmal so was wie eine Haufensiedlung werden könnte und die Gachblonde aus ihrem Saloon ein Puff machen wird, „Dieses Goisern wird vielleicht irgendwann einmal ein ganz ein schönes stilles Örtchen“, hat er gesagt, und sofort hat ihn die Gachblonde sehnsüchtigschmachtend angeschaut, und zwar so dermaßen sehnsüchtigschmachtend, dass man sich die Mundharmonika-Musik dazu gleich hat vorstellen können, und dann hat sie geseufzt:
„Goisern wartet auf dich.“
Aber der Ur-Biermösel hat sich nur den braunen Gatsch von den genagelten Bergschuhen gestreift und den Blick nach vorne gerichtet, hinauf zu den Gämsen am Gebirgskamm, hinter dem Aussee gelegen ist, und er hat gesagt: „Irgendeiner wartet immer.“
Damit war die Sache im Prinzip besprochen. Der Siegeszug der Biermösels herüben in Aussee war angetreten. Und ihm ist es Gott sei Dank erspart geblieben, dass er zum Grasmuck wird und sein Leben in Goisern fristen muss, darauf hätte er wirklich geschissen.
Der Biermösel will darüber aber gar nicht weiter nachdenken. Lieber greift er jetzt nach der Venensalbe auf seinem Nachtkasterl. Wenn er schon nicht der Roswitha das Hintergestell mit der Ausschlagsalbe einschmieren darf, dann will er sich heute einmal ein bisserl um sich selber kümmern und sich verwöhnen, zum Einschmieren gibt es ja auch bei ihm weiß Gott genug, kilometerlang ziehen sich die Krampfadern seine Wadeln entlang! Also fährt er halt mit der rechten Pranke geschmeidig in den Venensalbetegel hinein und fängt er halt an, sich von den Unterschenkeln herauf eine Krampfaderwurst nach der anderen einzuschmieren, erst den rechten Lauf, dann den linken, langsam und einfühlsam, von unten nach oben und dann
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