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Loecher, noch und noecher

Loecher, noch und noecher

Titel: Loecher, noch und noecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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Häkelkäppchen auf dem kahlen Schädel und seinem blondierten Klobrillenbart, der ihn heute früh am Bahnhof in Nang-Pu abholte und dabei mit dieser anbiedernden Karikatur eines Shubidu-Walk auf ihn zugestürmt kam. Dass dieser Idiot sein Comeback-Konzert ausgerechnet für den 24. Dezember, 22 Uhr in seinem Bahnhofsrestaurant vis-à-vis der Pfarrkirche von Goisern ansetzen würde, das hätte der Jack dann noch irgendwie ertragen, weil ihm alles lieber war als Augsburger Puppenkiste. Ein deutsches Nachkriegskind mit einem Besatzungsneger als Vater und einer Mutti, die sich für ihn schämte und ihn lieber gleich zu Omi gab, bevor sie ihn auch nur einmal an ihren Brüsten nuckeln ließ, hofft ja bis zum Schluss, dass alles irgendwie gut ausgehen wird.
    Aber als ihm der Ronaldo Schuster diese eine Teilnahmekarte am großen Baho-Gewinnspiel in die Hand drückte, mit der man ein Backstage-Treffen mit ihm gewinnen konnte, da wusste der Jack, dass nicht nur seine Karriere endgültig zu Ende war, sondern sein ganzes Leben.
    Nun liegt er in der Badewanne seines Zimmers und klatscht mit der flachen Hand eine weitere Stubenfliege auf seiner imposanten Wampe tot, mit einem wehmütigen „Hauwdy!“ schickt er sie voraus ins Jenseits. Dann zieht er sich die goldene Duschhaube über, die da in der Dusche lag und die jetzt seinen gewaltigen Afro zähmt. Dann lehnt er sich entspannt zurück, während das Blut langsam aus seinen Adern fließt, die er sich an den Handgelenken aufgeschlitzt hat. Ein verweichlichter, weibischer Selbstmord, gewiss. Aber er wuchs bei Omi auf, also wo hätte er lernen sollen, was Männlichkeit ist? In der Schlagerszene vielleicht?
    Der Jack hebt jetzt diese eine Teilnahmekarte vom Badezimmerboden auf und liest den Absender. Aus Aussee kommst du also, Roswitha, denkt er sofort mit zärtlichen Gefühlen, als er diese verschnörkelte, ganz und gar unsichere Handschrift liest. Das soll ja eine schöne Gegend sein, aber zur Zeit schwer erreichbar, wie er im Radio gehört hat. Alles steht bis zu den Augenbrauen im Schnee, weiße Weihnachten, wie sie im Buche stehen, Kettenpflicht inklusive. (Da fällt ihm ein Witz ein, mit dem ihn die kleinen süßen deutschen Kinder immer gequält haben, wenn er schwarzer Neger mit ihnen im weißen Schnee spielen wollte: „Kennst du den Unterschied zwischen einem schwarzen Semperit Stahlgürtelreifen und einem schwarzen Südstaatenneger? Nein? Also hör zu: Der schwarze Stahlgürtelreifen singt keinen Blues, wenn man ihm die Ketten anlegt!“) Sehr, sehr witzig, die Deutschen!
    Der Jack betrachtet die Rückseite der Karte, wo der Veranstalter die Teilnehmerinnen am Gewinnspiel dazu einlädt, ein paar persönliche Zeilen über sich selbst zu verfassen. Er liest ein fantastisches Schweinebratenrezept, das ihm das Wasser im Mund zusammen laufen lässt. Und dann liest er noch, ganz unten und ganz klein hingekritzelt, ein Gedicht:
    „Sie ist so schön, die rote Rose so lebendig und fröhlich immer doch mitten auf der Steppe das ist doch unfair!“
    Und darunter:
    „Verstehst, Jack?“
    Mal sehen, denkt der Shubidu Jack und kratzt sich am Eiersack. Wenn ich das jetzt richtig verstehe, dann ist das ein Hilfeschrei. Also versucht er sich anhand des Gedichtes diese Frau vorzustellen, die solch wunderbare Zeilen zu schreiben imstande ist. „Schön wie eine rote Rose“ wird sie wohl sein, soviel ist klar, „lebendig und fröhlich immer“ ist sie vom Wesen her – Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heitren Stunden nur, so ein Typ ist das.
    Aber Obacht! „Mitten auf der Steppe“, schreibt sie dann weiter, das klingt gar nicht gut. Vermutlich steckt sie in einer unglücklichen Beziehung und ist sexuell unausgelastet. Ganz sicher lebt sie mit einem Schaf von einem Mann zusammen, mit einem Holzkopf, der sie nicht ordentlich zu nehmen vermag und obendrein ihre Gefühle nicht versteht. Daher verdorrt die wunderschöne rote Rose „mitten auf der Steppe!“, das ist ebenso gut formuliert, wie es „unfair“ ist, sehr gut! Besser kann man die Scheiße des Lebens nicht beschreiben, mein süßes Mädchen Roswitha.
    Selbst in seinen besten Zeiten hatte ihm niemand solche eindrückliche Lyrik verfasst. Er kam ja über „Shubidu shabada“ kaum mal hinaus, „Highway ho, Highway hey, highwayriders are okay“ war da schon nahe an Dostojewski. Gestern hätte der Shubidu diesen Text noch gestohlen und dem Ronaldo Schuster vorgeschlagen, dass er „Red roses on steppe“ zur Melodie von dem

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