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Lösegeld am Henkersberg

Lösegeld am Henkersberg

Titel: Lösegeld am Henkersberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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abgebrochen und die Wischer. Eine verdächtige
Person konnten wir nicht bemerken. Aber vielleicht wissen Sie am besten, wer da
gewütet hat. Etwa dieser Leo.“
    Döbbel schloß die Augen. Zischend ließ
er Luft ab durch die Zähne.
    „Ihr... wart das nicht?“ rollte es ihm
drohend über die Zunge.
    „Werden Sie nicht albern!“ sagte Tim. „Wir
sind keine Vandalen ( Zerstörer ), sondern Oberschüler vom besten Schlag.
Also keine Beleidigung! Im übrigen: Warum sollten wir? Uns haben Sie ja nicht
rausgeworfen.“

    Er befestigte seine Uhr am Handgelenk,
lächelte milde und nahm von Karl sein Rennrad entgegen.
    Döbbel hatte die Augen wieder geöffnet.
Abermals starrte er Alice an, dann drehte er sich um und rotierte durch die
Drehtür in seine Kneipe zurück.
    „Ein Penner namens Leo“, sagte Tim, „nicht
viel, aber etwas. Jetzt fahren wir ins Präsidium zu deinem Vater, Gaby. Wir
müssen ihm die Zeichnung vorlegen.“

7. Weidrich will aussteigen
     
    Das Hotel hieß LIDO-PALACE. Es verfügte
über 34 Zimmer mit insgesamt 68 Betten und wurde eingeklemmt zwischen einem
Parkhaus und einem abbruchreifen Gebäude, in dem eine religiöse Sekte
Zusammenkünfte abhielt.
    An diesem späten Nachmittag betrat der
Busfahrer Weidrich die Empfangshalle des Hotels. Sie war etwas größer als eine
Speisekammer. Aber der Platz reichte aus für den Tresen, zwei Sessel und eine
Zimmerpalme im Kübel.
    Weidrich war schon zweimal hier
gewesen. Der Portier — ein ältlicher Graukopf — blickte fragend durch seine
Brille.
    „Sie wollen zu Herrn Enrico Vedmillia?“
    Weidrich nickte. Das mußte genügen.
Sprechen fiel ihm schwer, ein stockiges Schluchzen steckte in der Kehle.
    „Mal sehen, ob er da ist?“ Der Portier
überprüfte das Schlüsselbrett. „Ja. Ist er. Ich rufe mal hoch.“ Er griff zum
Telefon. „Wie war doch der werte Name?“
    „Weidrich.“
    Der Portier telefonierte. Dann: „Herr
Vedmillia erwartet Sie. Zimmer 32.“
    Es gab einen Lift, aber Weidrich stieg
die Treppe hinauf. Er brauchte noch Zeit. Wie sollte er’s dem Italiener
erklären? Am besten, wenn er die Wahrheit sagte.
    Zimmer 32. Weidrich atmete schwer. Er
wollte anklopfen, merkte dann, daß die Tür nur angelehnt war. Zögernd trat er
ein.
    „Kommen näher, Weidrich“, rief Enrico aus
dem Bad. „Nehmen Platz. Ich gleich da. Nur Haare waschen. Für Schönheit.“
    Weidrich ließ sich auf einen Sessel
nieder. Unter dem Arm hielt er den Karton mit Gabys Torte. Der Briefumschlag
mit Döbbels Geld — satte 10 000 DM — steckten in der Brusttasche. Weidrich nahm
ihn heraus und legte ihn auf den Tisch.
    Enrico trug einen Bademantel. Die Beine
waren schwarz behaart und eher krumm als gerade. Er rubbelte sich den Kopf mit
einem Handtuch. Die Rasierwasser-Wolke breitete sich aus.
    „Ha, Weidrich! Was dich führen zu mir?“
    Der Busfahrer schluckte. „Ich... ich
steige aus. Ich... kann nicht mehr mitmachen.“
    Enrico ließ das Handtuch sinken und
starrte ihn an.
    „Du übergeschnappt?“
    „Nein. Ich... weiß, was ich sage. Es
ist... Ich kann es nicht. Die Schüler haben mich zum — ja, zum nettesten
Busfahrer gewählt. Und nun soll ich dabei helfen, daß sie gekidnappt werden.
Ich bringe das nicht fertig. Hier!“
    Er stellte sich den Tortenkarton auf
die Knie und nahm den Deckel ab. „Diese Torte hat ein Mädchen für mich
gebacken. Für mich! Als Geschenk! Das Mädchen wird morgen unter den
Fahrschülern sein.“
    „Welchen Namen das Mädchen?“
    „Sie heißt Gaby Glockner.“
    Enrico nickte. „Sehr gut.“
    „Was... meinen Sie?“
    „Nichts. Dich gehen nichts an. Und nun
hören zu. Du mitmachen. Du einverstanden. Du kriegen 30 000 Mark.“
    „Aber verstehen Sie doch: Ich kann
nicht. Meine Einwilligung war unüberlegt. Hier ist das Geld, das mir Döbbel
gebracht hat. Der Vorschuß. Ich will ihn nicht mehr.“
    Enrico hängte sich das Handtuch um den
Hals. Die Augen wurden schmal, und eine gefährliche Röte stieg in das zernarbte
Boxer-Gesicht. Aber noch beherrschte er sich.
    Grinsend griff er in den Karton und
brach ein Stück von Gabys Schokoladentorte ab.
    „Ich doch dürfen? Ah, gut. Torta
cioccolata. Gaby Glockner können backen. Nun hören du zu, Weidrich. Wir dich
brauchen. Du zuviel wissen. Wenn du aussteigen — du tot. Wenn du mitmachen — haben
30 000 Mark. Entscheidung nicht schwer. Du nicht schlappmachen mit Seele — nur
wegen Torta und Wahl zu nettesten Busfahrer. Klar? Du alles machen wie
besprochen — sonst

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