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Lösegeld am Henkersberg

Lösegeld am Henkersberg

Titel: Lösegeld am Henkersberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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und dort hatte er seine Hand im Spiel: immer in
dunklen Geschäften.
    „Hallo, Knut!“
    Ritschi tippte an die Hutkrempe.
    Winzig überragte den blondierten
Ganoven um gut einen Kopf. Als wollte der Mann seinem Namen ein Schnippchen
schlagen — Winzig war schon mit 16 Jahren ein Hüne gewesen, breit, massig,
riesig. In den zwei Jahrzehnten seitdem hatte er sich einen Bauch angefuttert;
und die meisten Personenwaagen gaben knirschend ihren Geist auf, wenn Winzig
auf sie stieg, um sein Gewicht zu ermitteln.
    Grinsend schlug er Ritschi auf die
Schulter, worauf dessen Knie etwas nachgaben.
    „Bist pünktlich. Komm rein! Hast du am
Telefon übertrieben — oder geht’s tatsächlich um drei Millionen?“

    „Um keine Mark weniger.“
    Sie traten in den Flachbau. In Winzigs
Wohnzimmer herrschte heillose Unordnung. Mit einer Hand fegte der Hüne das
Durcheinander von der Couch: Zeitungen, schmutzige Wäsche, leere Bierflaschen.
Grunzend ließ er sich dann auf die Polster fallen.
    „Setz dich! Nimm dir ein Bier! Und dann
ganz von vorn!“ Ritschi legte erst Hut und Mantel ab. Auf das Bier verzichtete
er.
    „Der Kopf der ganzen Sache, Knut, ist
ein gewisser Enrico Vedmillia. Ich kenne ihn aus Neapel, wo ich mal eine Ladung
Haschisch abgeholt habe. Claus Gluschke kennt ihn aus Mailand. Dort hat
Gluschke Touristen bestohlen. Als er beinahe erwischt wurde, hat Enrico ihm
geholfen. Gernot Döbbel, der neue Wirt vom ,Halben Ohr’, traf Enrico in Tanger.
Döbbel suchte einen Abnehmer für heißen Schmuck. Enrico vermittelte ihm den
richtigen Kontakt. Ein marokkanischer Geschäftsmann hat schließlich die Klunker
gekauft.“
    „Enrico und seine Freunde.“ Knut Winzig
feixte.
    „Das wäre zuviel gesagt. Man kennt sich.
Mehr nicht.“
    „Und nun?“
    „Vor kurzem kam Enrico hierher. Und
sofort nahm er Verbindung auf mit uns: mit mir, Gluschke, Döbbel.“
    „Wegen des Coups?“
    „Deswegen. Er redete von einem
Kidnapping, sagte aber nicht, um wen es geht — und wann die Sache laufen sollte.“
    „Wieso?“
    „Tja, wieso? Ich habe den Eindruck, daß
er erst noch eine bestimmte Information erwartete.“
    „Welcher Art?“
    „Wenn ich das wüßte. Jedenfalls ließ er
plötzlich die Katze aus dem Sack: Ein Schulbus mit mindestens 30Schülern soll
entführt werden. Morgens, auf dem Weg zur Internatsschule draußen vor der
Stadt. Der Bus kurvt erst als eine Art Lumpensammler durch die Straßen und
fährt dann über eine Chaussee. Komisch!“
    „Was ist komisch?“ fragte Winzig.
    „Enrico hat sich zeitlich nicht
festgelegt. Vielleicht geschieht der Coup morgen, übermorgen oder noch später.“
    „Am Telefon sagtest du: morgen früh.“
    „Wahrscheinlich. Aber ganz sicher ist
es nicht. Denn Weidrich... Ach so! Den habe ich noch nicht erwähnt. Weidrich
ist der Busfahrer. Erst hatten wir mit dem gar nichts vor. Aber ein glücklicher
Umstand half uns. Döbbel kennt den Mann. Mehr noch: Döbbel war Zeuge, als
Weidrich nachts in eine Schaufensterscheibe fuhr: mit seinem Privatwagen und
total betrunken. Dabei entstand ein Schaden für 200 000 DM. Es war ein
Fachgeschäft für wertvollstes Porzellan. Stell dir vor, wie es da gescheppert
hat.“
    „Sehr komisch.“ Winzig hatte eine
Bierflasche geöffnet und trank.
    „Döbbel empfand das auch. Er hat sich
halbtot gelacht. Weidrich war verletzt. Aber der Wagen blieb fahrbereit.
Kurzerhand hat Döbbel sich ans Lenkrad gesetzt und Weidrich nach Hause
gefahren. Die Bullen kamen erst später, und sonst war kein Zeuge da. Weidrich
müßte seinem Retter auf Knien danken. Ohne ihn hätte er seinen Führerschein
eingebüßt. Und was, frage ich dich, macht ein Busfahrer ohne Fahrerlaubnis? Da
wäre es vorbei gewesen mit dem Job bei den städtischen Verkehrsbetrieben.“
    „Und nun macht Weidrich aus Dankbarkeit
mit?“
    „Nicht ganz. Döbbel hat ihn erpreßt.
Ich war bei den Gesprächen dabei. Außerdem kriegt Weidrich 30 000 DM. Dadurch,
daß er mitmacht, hat sich offenbar Enricos Problem gelöst.“
    „Nämlich?“
    „Weidrich kennt die Schüler persönlich.
Zum Teil fährt er sie seit langem. Morgen früh, wenn er alle eingesammelt hat,
muß er — während er linkshändig chauffiert — sämtliche Namen auf einem Zettel
notieren. In der Palotschi-Straße soll er für einen Moment halten und den
Zettel in einem Torweg übergeben. Gluschke wartet dort. Enrico wird dann die
Namensliste durchsehen. Und daraufhin entscheiden.“
    „Das heißt, er hat’s nicht nur auf
diese 30

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