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Loewenstern

Loewenstern

Titel: Loewenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adolf Muschg
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unmittelbar Krusensternen unterstellen; nach Japan will ich als Seemann kommen, nicht als Passagier oder gar als Lakai. Ich habe die Krusensterns schon als Kind besucht, sowohl in Reval wie auf ihrem Stammsitz Ass. Auch als Adam in der Marine Stufe um Stufe erklomm, und zwar mit Bravour, umgab ihn immer noch die Aura des Gelehrten. Er ist gerecht und billig, kann anleiten, ohne zu kommandieren, und der Abstand, den er beobachtet, ist nur die Maske seiner unerschöpflichen Geduld. Sie wird ihm beim Auftrag der ersten Weltumsegelung zustatten kommen, den er so lange gesucht und betrieben hat, und gewiß ist sie auch im Verkehr mit den Japanesen das Richtige. Der Einladung zum Wiederkommen, die vor zehn Jahren an Laxmann ergangen ist, leisten wir Folge, spät genug; Paul I. hat sie – man möchte sagen: selbstverständlich – liegenlassen. Um so höher sind die Erwartungen gespannt, wenn Resanow mit kaiserlicher Vollmacht erscheint. Wir landen in Nagasaki – aber wie sollte der Gesandte des Zaren nicht nach Edo kommen! Dahin möchte ich ihn allerdings begleiten – ganz gleichgültig, in welcher Rolle. Ich möchte auf Kaempfers Spuren wandeln, aber diesmal sollen sie zu einem gangbaren Weg werden. Wir öffnen Japan die Tür zur Welt, Exzellenz, dafür müssen wir die rechten Leute sein! Wir machen es zum Verbündeten unserer Zivilisation (dafür müssen wir welchehaben!) und entwaffnen sein Mißtrauen, ohne seinem Stolz nahezutreten. Wenn wir zugestehen, daß es für seinen Widerwillen Gründe hat, müssen wir ihn mit Mitteln entkräften, die von aufrichtigem Interesse zeugen und keiner rohen Habsucht verdächtig sind.
    Ja, verwenden Sie mich! Und ja – bis wir in Japan landen, will ich als Seeoffizier dienen, nicht als schreibender Forscher oder malender Passagier; wie man solche auf einem Schiff behandelt, das in unbekannten Gewässern andere Sorgen hat als die Pflege von Mimosen oder Orchideen, habe ich zur Genüge erlebt. Passagiere sind wie Hunde in der Krippe des Ochsen; selbst fressen sie kein Heu, aber sie hindern die Ochsen am Fressen. Wenn es hart kommt, möchte ich als einer, der mit Segeln und Stengen umgehen, ein Lot auswerfen und einen Sextanten bedienen kann, einer Seenot immer noch lieber
begegnen,
als sie in allen Farben schildern. Der rechte Boden für meine Füße ist das schwankende Deck; nirgends schlafe ich ruhiger als in einer Schiffshängematte, deren Wiegen mich fühlen läßt, daß die Schwerkraft auf meiner Seite ist. Aber wenn wir Resanow glücklich nach Japan gelotst haben … dann bin ich bereit, auch ihn zu decken, mit Leib und Blut. Und noch lieber dazu beizutragen, daß die Notwendigkeit dazu gar nicht entsteht.
    Es war ein
schwerer
Brief, Exzellenz, den mir Ihr Portier überreichte. Als ich das Siegel löste, kam ein Wechsel zum Vorschein, der – wie Sie schreiben – «der Erleichterung Ihres Entschlusses dienen soll». Das Geld schenkt mir die Freiheit, mich aus allen hiesigen Verpflichtungen zu lösen. Ich danke Ihnen «auf den Knien meines Herzens», wie sich mein preußischer Bekannter, der Dichter, gerne ausdrückt –
er
wartet immer noch auf eine günstige Wendung seines Schicksals.
    Ich aber habe Nogier – fast zu seinem Entsetzen – ausgezahlt. Da er sich als meinen Lebensretter betrachtet, war ich ihm einen festlichen Abschied im
Écart
schuldig.
Wohin
fahren Sie? fragte er immer wieder. Er glaubte nicht, daß ich meine Familie wiedersehen wollte, und hatte ganz recht. Ich habe noch ein Geschäft in Weimar, sagte ich, und danach muß ich wieder zur See, koste es,was es wolle. Jetzt sah er mich verklärt an. «
L’homme marche dans les songes et s’achemine vers la mer.
» Ein herrliches Zitat, auch wenn er den Autor vergessen hatte. Aber für sein letztes Wort hatte er keinen nötig:
Vive la République!
    Das
«Vive l’Empereur!»
, das bald angesagt sein dürfte, wird dem Hazardeur ebenso mühelos über die Lippen kommen. Er hat es schon als
Chef de Cuisine
in Gatschina geübt und wird, wenn der «Weltgeist zu Pferde» ausgeritten hat, auch zum «
Vive le Roi
» seiner Jugend zurückkehren. Nogier ist ein Mann, der jede Geschichte überlebt, jedes Kapital zinstragend anlegen kann. Sein Blut wird er sparen, doch Napoleons vergoldete Brücken mit Vergnügen betreten.
    Habe ich Ihnen erzählt, Exzellenz, wo ich Bonapartes zum ersten Mal ansichtig wurde? Es war im Dezember Nullnull, an jenem Tag, der sein letzter hätte sein sollen – für mich erst der dritte Tag in

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