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Loewenstern

Loewenstern

Titel: Loewenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adolf Muschg
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schnelle Flucht, und machte sich mit drei Begleitern auf die Suche.
    Nach einigen hundert Schritten erweiterte sich der Strand zu einer Flußmündung; jetzt hörten sie Stimmen und suchten Deckungim Buschwerk. Durch dieses beobachteten sie eine befremdliche Szene. Alexej und Moors Bootsleute standen dicht vor ihnen; dreißig Schritt entfernt aber zeigte sich eine Gruppe von Kriegern in schwarzgelackten Rüstungen. Die Schäfte ihrer Lanzen starrten nach allen Seiten, und am Gürtel hatte jeder noch zwei Schwerter hängen. Die Helme, durch einen Nackenschutz verlängert, trugen eine silberne Mondsichel und darüber zwei ausladende Hörner. Der Helmschatten ließ von den Gesichtern nicht mehr erkennen als einen nach unten gepreßten Mund.
    Im Raum zwischen den Gruppen aber produzierte sich Midshipman Moor allein. Tanzend verwarf er die Arme gegen die Japanesen, als wären sie ein Gegenstand der Beschwörung.
    Moor redete russisch. Er setzte auseinander, wie friedfertig er sei. Man sei weder als Kauffahrer noch als Pelzhändler nach Iturup gekommen, habe nichts im Sinn, als die südlichen Kurilen zu erkunden. Der Zar wünsche, mit dem japanesischen Kaiser gute Nachbarschaft zu halten, und Chwostows Überfall habe sein schwerstes Mißfallen erregt. Er denke gar nicht mehr an Handelsbeziehungen, nachdem seinem Gesandten so unmißverständlich abgesagt worden war. Warum hatte sich jetzt die
Diana
überhaupt dieser Küste genähert? Notgedrungen; sie müsse Vorräte ergänzen, frisches Wasser und Brennholz aufnehmen, und dafür bitte er um gütiges Entgegenkommen. Natürlich werde man dafür zahlen und ungesäumt wieder Anker lichten. Dies Moors Botschaft, die der Kurile gleich übersetzen werde.
    Er wandte sich nach Alexej um, aber bevor dieser reden konnte, trat Golownin aus der Deckung. Ein Ruck ging durch die fremden Krieger, dann erstarrten sie noch mehr. Golownin band sich den Säbel ab, legte ihn vor die Füße, dazu das Gewehr. Dann lüftete er den Dreispitz, behielt ihn in der Hand, legte die andere aufs Herz und verbeugte sich.
    Einer der japanesischen Krieger nahm gleichfalls den Helm ab und entblößte einen bis zum Hinterschädel kahlgeschorenen Kopf. Er trat einen Schritt vor und verneigte sich, sehr schroff, ebenfalls; die Respektbezeigung ging noch zweimal hin und her. Dann nahmGolownin die Waffen wieder auf, behielt aber den Hut in der Hand, als er, zu Alexej gewandt, fragte, ob die japanesischen Ritter wohl ein Geschenk annähmen. Der Kurile wiegte den haarigen Kopf, doch hatte kaum den Mund geöffnet, als ihn der fremde Anführer unterbrach. Er stellte die Beine breit, seine geharnischte Brust ging stoßweise auf und ab, und die grollende Stimme klang bedrohlich. Am Ende seiner kurzen, wie gebellten Rede wandte er sich scheinbar zum Gehen und tat, die Arme in die Hüften gestützt, so breitbeinige Schritte, als fließe ein Kanal zwischen seinen Füßen. Die Gruppe folgte ihm im gleichen Stil und baute sich etwas weiter entfernt von neuem auf. Jetzt hielten sie die Lanzen gesenkt.
    Der Kapitän fragte Alexej, wessen man sich nun zu versehen habe. Der Kurile flüsterte, der japanesische Kommandant sei gut, sehr gut, aber streng; er sei streng, aber sehr gut. Erst jetzt wandte sich Golownin wie beiläufig an den Midshipman: Wie er dazu gekommen sei, ohne Auftrag mit den Japanesen in einen so ausgiebigen, dabei nutzlosen Verkehr zu treten? Dann wandte er sich zum Gehen, doch Moor eilte an seine Seite und rechtfertigte sich eingehend. Bei der Annäherung an die Küste sei er von einem Schiff der Kurilen erwartet worden, die zitternd erklärten, sie seien verschleppt und auf Iturup gefangengehalten worden. Jetzt hätten die Japanesen sie zwar freigelassen, und sie würden gerne heimkehren. Doch bei jeder falschen Bewegung drohe ihnen der Tod, und als sie das fremde Boot kommen sahen, wollten sie ihm entgegenfahren, um es zu warnen. Es dürfe keinesfalls landen; die Japanesen würden wieder die Kurilen dafür haftbar machen und als Verräter töten. Nach dieser verwirrenden Auskunft habe sich Moor persönlich ein Bild der Lage machen müssen.
    Und da lassen Sie nicht einmal eine Wache bei Ihrem Boot.
    Damit habe er den Japanesen seinen guten Willen beweisen wollen.
    Und nun? Sind sie Freund oder Feind? fragte Golownin. – Es werde sie nicht stören, so Moor, wenn wir uns korrekt alimentierten und gleich wieder entfernten.
    Golownin erwiderte kühl, nach Moors Kapriole denke er nicht mehr daran, sich länger

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