Lohn des Todes
Antwort gab. Dann wurde aus dem
Blick ein langer, weicher Kuss. Martin zog mich hoch, zog mich an sich, hielt mich. Ich konnte seine heiße Erregung spüren.
Unsere Hände suchten einander, glitten über den Körper des anderen, erforschten ihn, obwohl das Terrain so vertraut war. Und
doch schien es mir, als würden wir uns das erste Mal berühren, vorsichtig und unsicher, gespannt auf die Reaktion des anderen.
Irgendwie schafften wir es bis ins Schlafzimmer, zogen uns gegenseitig aus, küssten uns. Martins Zunge liebkoste meine Lippen,
strich über meine Zunge. Seine Hände glitten über meine Haut, er wusste, wie und wo er mich anfassen musste. Wir sanken auf
das Bett, liebten uns, erst zart und vorsichtig, doch dann mit einer Wucht und Leidenschaft, die mir fast den Atem nahm. Wir
kämpften ums Vergessen, um die Liebe, saugten uns aneinander fest, ließen los, stießen wieder aufeinander. Es war gleichzeitig
Leidenschaft, Verzweiflung und Wut. Ich spürte, wie sich alles in mir zusammenzog, explodierte, schrie wunderbar hilflos auf.
Dann lagen wir keuchend nebeneinander, die Haut glänzte, kleine Schweißperlen standen auf Martins Oberlippe. Ich küsste sie
weg, lehnte mich dann zurück. Tausend Fragen schossen durch meinen Kopf, aber ich fand keine Worte dafür.
Was war das nun? Die Versöhnung? Oder der Abschied? Oder hatten wir uns nur aneinander getröstet? Was empfindest du für mich,
Martin?, wollte ich fragen. Wie stellst du dir unsere Zukunft vor? Ich drehte mich zu ihm und sah den dunkelblauen Fleck in
seiner Halsbeuge. Maria hatte ihr Revier |152| markiert. Der Schmerz darüber kam plötzlich und unerwartet, ein heißes Messer, das in meine Brust gestoßen wurde.
Martin sah meinen Blick, spürte mein Entsetzen. Seine Wangen färbten sich rot, und er fuhr mit der Hand an den Hals, drehte
sich verlegen zur Seite.
Bevor wir beide etwas sagen konnten, klingelte sein Handy. Es lag, wie immer, auf seinem Nachttisch, er griff danach.
»Maria.« Bildete ich es mir ein, oder wurde seine Stimme sanfter und zärtlicher? Er stand auf, wandte mir den Rücken zu. Ich
wollte ihn packen, schütteln, anschreien. Wie konnte er nur jetzt, gerade jetzt mit ihr telefonieren?
Ich stand auf, ging ins Bad. Unter der heißen Dusche schrubbte ich mit der Nagelbürste meine Haut, bis sie wehtat und brannte.
Danach rubbelte ich mich trocken. Sämtliche Gefühle waren wie verdorrt und abgestorben. Ebenso hätte ich tot sein können,
dachte ich.
»Conny, Maria hat angerufen.«
»Das ist mir nicht entgangen.« Ich sah ihn nicht an, konnte ihn nicht ansehen.
Er hörte meine Zurückhaltung, kam auf mich zu und berührte mich sacht an der Schulter. Unwillkürlich zuckte ich zurück.
»Conny, ich liebe dich. Ich Hornochse habe einen riesigen Fehler begangen, der unverzeihlich ist und sich nicht wieder rückgängig
machen lässt. Aber mir ist klargeworden, dass ich dich liebe, nur dich.« Er nahm die Worte, legte sie mir zu Füßen.
»Ich fürchte, so einfach ist das nicht.«
»Nein.« Er senkte den Kopf. »Was machen wir jetzt? Vor uns davonlaufen?«
»Ich weiß es nicht, Martin.«
Martin räusperte sich. »Ich muss nach Köln. Es gibt da Unstimmigkeiten bei den Spuren. Deshalb hat Maria angerufen. Immerhin
arbeiten wir zusammen.«
»Was es noch schwieriger macht.« Ich stöhnte leise. Diesmal hatte es nichts mit Lust zu tun.
|153| »Vermutlich.« Er drehte sich um, ging zurück ins Schlafzimmer. Seine Schultern hingen nach unten, als würde er eine zentnerschwere
Last mit sich tragen. Ich ging ihm nach, legte die Hände auf seine Schultern und drehte ihn zu mir um.
»Wir versuchen es. Mehr als schiefgehen kann es nicht.« Dann küsste ich ihn.
»Danke.«
Martin zog sich an, er wirkte fahrig und nachdenklich.
»Was ist denn mit den Spuren?«
»Entweder wir haben Spuren vertauscht, verunreinigt, oder der Täter ist mit Sonja Kluge verwandt. Genaueres kann ich nicht
sagen.«
»Was?« Soweit ich wusste, hatte Sonja keine weiteren männlichen Verwandten außer ihrem Vater. »Wie nah verwandt?«
Martin schüttelte den Kopf. »Ich muss es mir erst anschauen. Es kann auch einfach ein Fehler sein, jemand hat ein Röhrchen
falsch etikettiert oder so etwas.«
»Soll ich mitkommen?«
»Noch besteht dazu kein Bedarf. Ruh dich aus. Ich werde dich anrufen.«
Wir küssten uns, bevor er ging. Es war ein zartes Herantasten, und doch blieb ein schaler Nachgeschmack. Er fuhr nach Köln,
zu
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