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Lokalderby

Titel: Lokalderby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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seinem Vater den Sportplatz passierte, kehrten die Erinnerungen an seine kurze und wenig rühmliche Zeit als Kicker zurück.
    Offenbar auch bei Hermann: »Hättest du als Bub fleißiger trainiert, hätte was Gescheites aus dir werden können«, sagte er prompt.
    »Ach geh, Vati! Hast du es noch immer nicht verkraftet, dass dein Sohnemann nicht das Talent eines Weltklassespielers in sich stecken hat?« Paul musste unwillkürlich darüber schmunzeln, dass sich sein alter Herr nach all den Jahren noch in dieses Thema hineinsteigem konnte. »Du kannst mir nichts vorwerfen: Ich habe mein Bestes gegeben, und trotzdem hat mich niemals ein Scout entdeckt und in die Kaderschmiede nach Nürnberg geschickt.«
    »Weil du es nie richtig probiert hast«, reagierte Hermann pelzig.
    »Und ob! Sogar als Erwachsener habe ich dir zuliebe noch ab und zu gekickt: in der › FFFF ‹ , der › Freizeitmannschaft freischaffender fränkischer Fotografen ‹ . Aber wie du weißt, hatten wir das Glück nicht auf unserer Seite.« Paul dachte mit Grausen an die beiden letzten Spiele der ewig erfolglosen »FFFF« zurück: Einmal waren sie gegen eine andere Amateurmannschaft angetreten, die sich »Pfälzer Ausles« nannte. Ein Rentnerverein, wie es hieß. Doch auf dem Spielfeld entpuppten sich diese Pensionäre als ehemalige Olympioniken, darunter Kugelstoßer, Ringer und Zehnkämpfer. Paul und seine Kameraden hatten nicht die geringste Chance, und als Verteidiger suchte er sein Heil am Ende in der Flucht vom Spielfeld, als ihn eines der muskelbepackten Schlachtrösser niederzuwalzen drohte. Die letzte Demütigung in seiner aktiven Laufbahn als Fußballer steckte Paul mit der »FFFF« ein, als sie gegen eine Blindenmannschaft aufliefen, wobei das reguläre Leder durch einen Klingelball ausgetauscht wurde. Die »FFFF« musste sich nach schweißtreibenden 90 Minuten mit 11:1 geschlagen geben.
    »Talent, Talent«, grummelte Hermann, während sie am FC-Heim, einem schlichten Flachbau, vorbeigingen und Paul seinem Vater die Treppen zum Kärwagelände am Weihersbach hinabhalf. »Wenn du nur einen Funken Ehrgeiz in dir stecken hättest, wärst du genauso weit gekommen wie der Martin.«
    Paul stutzte. »Der Martin? Du meinst aber nicht ernsthaft den Maddin?«
    Hermann befreite sich von der stützenden Hand seines Sohns. »Natürlich meine ich den Maddin! Martin Jakobus war, ist und bleibt ein Aushängeschild für die Stadt. Ein großartiger Spieler von Weltklasse. Er hat – genau wie du – beim FC angefangen, aber im Gegensatz zu dir etwas aus seiner Begabung gemacht.«
    Paul führte sich vor Augen, dass Hermann und Hertha mit Jakobus’ Eltern, die noch immer in Herzogenaurach wohnten, lose befreundet waren. Und dass sie jedes Mal, wenn sie sich trafen, von Minderwertigkeitsgefühlen befallen wurden. Deshalb verspürte Paul die Verpflichtung, gewisse Dinge ins rechte Licht zu rücken.
    »Unbestritten ist unser Maddin ein klasse Spieler gewesen und – klar – er ist auch ein großer Sohn von Herzogenaurach. Aber bevor du allzu pathetisch wirst, denk mal an seinen letzten Besuch bei uns zurück. Als er mit seiner Freundin samt Kamerateam anrückte, um Szenen für eine Dokusoap des Privatfernsehens zu drehen, da warst du doch dabei, oder?«
    »Ja«, presste Hermann zwischen seinen fleischigen Lippen hervor. »Und?«
    »Und?« Paul blieb auf halber Höhe der Treppe stehen und sah seinen Vater an. »Der ganze FC hat sich wochenlang für diesen Besuch herausgeputzt, das Gelände wurde von Dutzenden Ehrenamtlichen aufgehübscht, und am großen Tag selbst waren noch mal zig Spieler und Angehörige damit beschäftigt, dem Freundschaftsspiel von Maddin und seinen ehemaligen FClern gegen die Club-Veteranen einen glanzvollen Rahmen zu geben.«
    »Mmmrrrr«, murrte Hermann, dem gar nicht recht war, dass Paul immer so aufmüpfig sein musste.
    »Noch vor der Halbzeit ließ sich Maddin auswechseln und die Partie ohne ihn weiterlaufen.«
    »Er war verletzt«, machte Hermann geltend.
    »Dann hätte er den Rest des Spieles ja zumindest angucken und seine Mannschaft anfeuern können, statt sich ins Vereinsheim zu verdrücken.«
    »Ihm ging es halt nicht gut«, rang Hermann um eine Erklärung.
    »Ach je, der Arme«, spottete Paul.
    »Das ist nicht schön, wie du über diesen großartigen Menschen redest.« Hermann schüttelte verachtungsvoll den Kopf. Als wollte er Paul mitteilen, dass dieser nicht die nötigen Kenntnisse besaß, sich mit ihm über eine Koryphäe wie

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