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Lokalderby

Titel: Lokalderby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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wunderte Paul, hatte die eloquente Vereinschefin ihm gegenüber doch den Eindruck gemacht, dass sie mit den vorwiegend männlichen Fans aus dem Seitzengarten einen herzlichen und offenen Umgang pflegte. Doch die robuste Rita hatte ihre Gründe:
    »Das, was ich Ihnen zu sagen habe, könnte der ein oder andere in den falschen Hals bekommen. Man könnte meinen, ich würde Sie gegen die Fans aufwiegeln, gegen meine eigenen Freunde.«
    Paul sah der Frau an, dass ihr allein die Vorstellung, man könnte sie falsch verstehen, schwer zu schaffen machte.
    »Keine Sorge«, sagte er, »ich werde Ihnen nicht das Wort im Mund umdrehen, versprochen.«
    Rita Frenzel schien für den Moment beruhigt. »Also gut«, sagte sie und guckte sich um. »Was Sie nicht wissen können: Buggi hat sich kurz vor seinem Tod in Fankreisen ziemlich unbeliebt gemacht. Das hat niemand an die große Glocke gehängt, aber hinter vorgehaltener Hand haben viele über ihn geschimpft.«
    »Ach ja?«, fragte Paul interessiert. »Was hat er denn Schlimmes angestellt?«
    Rita schniefte, bevor sie mit ihrem Insiderwissen rausrückte: »Er hat quasi die Todsünde schlechthin begangen, zumindest für einen Mann in seiner Position. Er hatte vor, seine Erfahrungen als Club-Chauffeur in bare Münze umzuwandeln, indem er sie der Presse verkaufen wollte. Stellen Sie sich das mal vor: All die kleinen und großen Marotten unserer Spieler und intimste Details aus ihrem Privatleben wären in der Zeitung erschienen. Das hätte ganz übel werden können.«
    »Hätte er das denn gedurft? In seinem Vertrag stand sicherlich eine Verschwiegenheitsklausel«, meinte Paul. Auf jeden Fall würde er bei nächster Gelegenheit Victor Blohfeld danach fragen, denn ganz sicher hatte dieser Fuchs Wind von der Sache bekommen, wenn wirklich etwas dahinterstecken sollte.
    »Klausel hin, Klausel her: Buggi war angeblich drauf und dran, seine Geschichten an den Meistbietenden zu verhökern. Sie ahnen bestimmt, wie man darüber bei uns im Seitzengarten denkt.«
    Ja, das konnte Paul durchaus. Sicherlich wurde an den Stammtischen heftig über den Busfahrer hergezogen, wodurch seine ursprüngliche Beliebtheit stark gelitten haben dürfte. Wahrscheinlich hatten sich einige Hitzköpfe auch in den vermeintlichen Skandal hineingesteigert, sodass sie nach dem dritten oder vierten Bier eine ordentliche Abreibung für den illoyalen Buggi forderten. Aber Mord? Nein, so weit wäre nach Pauls Dafürhalten wohl keiner gegangen. Zumindest keiner derjenigen Fans, die er bislang kennengelernt hatte.
    Ihm kam die Frage in den Sinn, weshalb sie sich ausgerechnet vorm Fanshop mit ihm verabredet hatte, wenn sie doch so auf Vertraulichkeit bedacht war. Denn hier war die Wahrscheinlichkeit, andere Club-Fans zu treffen, ja am allergrößten!
    Rita Frenzel selbst lüftete das Geheimnis, als sie sagte: »Meine Leute mischen immer ganz vom mit, wenn es darum geht, eine Meinung zu äußern. Dabei sind sie nicht zimperlich, ganz gewiss nicht. Aber sie würden nicht handgreiflich werden. Dafür kann ich mich als Mutti des Fanklubs verbürgen.« Ihr Blick wanderte in Richtung des Shops, als sie weitersprach: »Den Bad Boys aber würde ich es Zutrauen.«
    »Den Bad Boys?«
    »Ein radikaler Ableger der Ultras. Das sind die Fans, die eine Entscheidung außerhalb des Spielfelds suchen und keinen Respekt vor Grenzen haben. Sie schlagen gern über die Stränge, etwa wenn es darum geht, im Stadion ein Silvesterfeuerwerk zu zünden oder das Spielfeld zu stürmen. Sie sind begeistert bei der Sache, aber leider auch. . .«
    ». . . extremistisch«, vollendete Paul den Satz.
    Rita Frenzel nickte, ohne den Blick vom Fanshop zu lassen. »Einen ihrer Köpfe treffen Sie meistens drüben im Laden an: Frank Paschwitz, genannt › Fränki ‹ , hat bei denen das Sagen. Wenn die Bad Boys hinter Buggis Tod stecken, dann war Fränki einer der Strippenzieher. Ganz gewiss!«
    »Ein Ultra im Fanshop? Ich dachte immer, die meiden offizielle Läden und Kommerz«, wunderte sich Paul.
    Rita schmunzelte. »Offiziell, ja. Aber Fränki hat ein Faible für alles, wo ein Club-Logo draufklebt.«
    Paul wandte sich nun ebenfalls dem Fanshop zu und ließ ihre Worte auf sich wirken. Sollte er soeben auf die erste heiße Spur im Fall Buggi gestoßen sein? Zumindest dürfte es die Polizei interessieren, sich Fränki einmal vorzuknöpfen. Paul beschloss, Katinka diesen Vorschlag zu unterbreiten, aber selbst im Hintergrund zu bleiben. Denn eigenmächtig in die

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