London Hades
Frances ’ Kehle einen Schrei her. Sie bekam ihre Hand frei, stie ß Ross weg und trat nach ihm. Lachend wich der ihr aus, erwischte sie am Hemd und zerrte sie daran wie an einer Leine zu sich zur ü ck. » Aber, aber, meine s üß e Jungfrau, da habe ich dir schon einen Altar bereitet, und du wei ß t es gar nicht zu sch ä tzen? «
Er nickte mit dem Kopf hinter sich, und da gewahrte Frances neben den Stoffbahnen, die vom Baldachin herabhingen, einen l ä nglichen Tisch, an dessen Ende Kerzen in silbernen Haltern standen. Ü belkeit, Wut, Matthews verzweifelter Protest, all das kam gleichzeitig ü ber sie, und weil sie sich nicht anders zu helfen wusste, schlug und trat sie nach Ross, soweit der grinsende Marshall es ihr gestattete.
Der sah sich ihren sinnlosen Kampf eine Weile an, dann sagte er verwundert: » Seltsam, dass das kleine stimulierende Pr ä parat, das ich dir habe verabreichen lassen, heute so gar keine Wirkung zeigt. «
» Ich habe ihr gewiss genug davon gegeben, Mylord « , beteuerte Haggerty sofort. Er presste die Worte angestrengt hervor, weil er so sehr damit besch ä ftigt war, Matthew zu b ä ndigen.
» Vielleicht schenken wir ihr lieber noch ein bisschen nach? Mr. Jameson? «
» Aye, Sir – ä h, Mylord! «
Ohnm ä chtig sah Frances zu, wie sich ein Mann aus dem Kreis der Feiernden l ö ste und auf Ross ’ Gehei ß ein Fl ä schchen aus der Tasche zog. Sie wollte nicht, dass Matthew sie so sah, dass er mitbekam, wie die Kerle ihr den Flaschenhals zwischen die Lippen zwangen. Sie wollte ihn nicht so um ihretwillen schreien h ö ren. Also trank sie, so schnell und so viel sie konnte, einfach nur, damit es aufh ö rte.
Es dauerte nicht lange, bis die Wirkung einsetzte. Das Opium rauschte durch ihre Adern. Der Rausch h ü llte ihren Kopf, ihren K ö rper ein wie dicke, weiche Wolle, d ä mpfte Matthews Schreie mehr und mehr. Sie sp ü rte, dass ihre Beine und ihre Arme weich und nachgiebig wurden. Sie f ü hlte wieder Ross ’ fordernde H ä nde auf sich. Und dann brach pl ö tzlich das Gewitter ü ber sie herein. Ein leuchtender Blitz zuckte durch ihr Blickfeld. In einem verzweifelten Versuch, in die Realit ä t zur ü ckzugelangen, sah sie zum Kronleuchter hoch, hoffte, es w ä ren blo ß seine funkelnden Facetten, die sie so qu ä lten. Aber er war es nicht, der das Blitzen verursachte. Es entstand direkt in ihrem Kopf. Und es stach immer heftiger auf sie ein. Es tat so weh!
Selbst Ross schien zu begreifen, was mit ihr vorging. » Verdammt, Jameson, warum hast du sie die Flasche austrinken lassen? «
» Das hat sie ganz allein getan, Sir! «
» Jetzt krampft sie, du Idiot! «
Frances h ö rte nur noch die Stimmen um sich herum, sehen konnte sie nichts mehr, weil silberhelles Leuchten ihre Augen von innen heraus verbrannte und ihre Glieder mit zuckendem Schmerz ausgoss wie fl ü ssiges Metall.
» Frances! « Matthews panische Stimme.
» Ach, du kannst sie haben. F ü r heute ist sie wertlos. «
Sie verlor den Halt, Ross musste sie losgelassen haben. Doch sie sp ü rte keinen Aufprall, so verh ä rtet waren ihre Muskeln – ihr K ö rper ein Block gl ü hendes Silber.
» Schluss f ü r heute, M ä nner, verlegen wir das Fest in die Bader ä ume. «
Da war unwilliges Murren, die Musik riss ab, die Stimmen verebbten. Auch Matthews Schluchzen an ihrem Ohr verschwand so schnell, wie es gekommen war.
Nur … woran lag das?
Kapitel 18
H enrys Blick streifte über die kleine Gasse, die er und Nathan als Treffpunkt gewählt hatten. Sie führte von Covent Garden nach Long Acre . Nur ein kleines St ü ck weiter verlief die unsichtbare Grenze zu den Abgr ü nden des Elendsviertels, das sich von hier aus in n ö rdlicher Richtung ausdehnte. In Gedanken war er schon dort.
» Das wird nicht gut gehen. «
Henry drehte sich um. Nathan bot einen ungew ö hnlichen Anblick. Sie hatten f ü r ihn bei einem Altkleiderh ä ndler eine Ä rmelweste und eine Kniehose mit weiten Beinen erstanden, wie sie Seeleute und einfache Arbeiter trugen. Beide Kleidungsst ü cke waren zigfach geflickt, und in Henrys Augen passten sie ü berhaupt nicht zu der gro ß en Gestalt seines Freundes, aber er kannte ihn auch nur in seinem Great Coat und den dunklen Breeches.
Er dr ä ngte Nathan in die schmale Passage zur ü ck und nahm dessen Kopf in die H ä nde. » Es ist die einzige M ö glichkeit. « Er wusste, dass er den Constable auch diesmal nicht ü berzeugen w ü rde, denn ihm war ebenso klar, wie gro ß
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