London Hades
erf ü llte ihn mit einer Abscheu, die ihn die F üß e gen Boden stemmen lie ß , noch bevor seine Augen das Bild erfasst konnten, das sich ihm nun bot. W ä rme schlug ihm entgegen, Kerzen brannten in einem hohen Leuchter und schickten ihr Licht ü ber einen regungslosen K ö rper, der, eingeh ü llt in schwarze T ü cher, auf einer Art Tisch lag.
» Was geht hier vor? « , fl ü sterte er. Was f ü r eine Teufelei hatten sie nun wieder ersonnen?
Die Treppe folgte einer letzten Biegung, dann lag ein Kellerraum vor Frances. Sie dr ü ckte sich in den Schatten der Treppenwindung, als sie sah, dass der Raum nicht leer war. Licht leckte ü ber die Stufen bis hin zu ihren F üß en, aber sie wagte es kaum, einen l ä ngeren Blick in den Keller zu werfen.
Die singenden Stimmen klangen immer noch recht fern, n ä herten sich ihr jedoch, und sie stammten ganz bestimmt nicht von der Person, die in der Mitte des Raumes aufgebahrt lag, denn die harrte offenbar ganz still der Dinge, die da kommen w ü rden. Und diese kamen ganz eindeutig. Der Gesang wurde lauter, es waren lateinische Worte, vorgetragen von M ä nnerstimmen.
Vorsichtig lugte Frances um die Ecke. Die Stimmen erklangen vom anderen Ende des Raumes her, dort gab es einen Durchgang, den flackerndes Licht erhellte. Der Lichtschein wurde st ä rker. Dann trat eine Gestalt aus dem Durchgang, die eine lange wei ß e Kerze in der Hand trug, hinter ihr eine weitere, die ein silbernes Gef äß an einer langen Kette schwenkte und damit den Weihrauchgeruch verbreitete. Und dann folgten drei weitere Personen. Allesamt trugen sie M ö nchsgew ä nder, Kutten, wie Frances sie schon an Franziskanerm ö nchen gesehen hatte. Ihre Gesichter lagen hinter Kapuzen verborgen, ihre H ä nde steckten in den weiten Ä rmeln der Kutten. Ihr Gesang erf ü llte den gesamten Raum, hallte von den Backsteinw ä nden wieder, w ä hrend das Kerzenlicht durch die Weihrauchschwaden flackerte.
Die aufgebahrte Gestalt hatte zu st ö hnen begonnen, je n ä her die vermummten Gestalten gekommen waren. Nun bewegte sie sich unter den T ü chern, die ihren K ö rper verh ü llten. Der Kerzentr ä ger stoppte vor dem Tisch, auf dem die Gestalt lag, und entz ü ndete dar ü ber eine Lampe, die genauso aussah wie das Gebilde auf Mr. Emersons Ring: eine kristallene Kugel, um die sich eine silberne Schlange wand und die mit ihrem Maul ihre eigene Schwanzspitze umklammerte. Die Lampe der Rosenkreuzer!
Frances konnte kaum noch atmen. Sie war am richtigen Orte!
Der Kerzentr ä ger trat nun an ein altar ä hnliches Tischlein, an der rechten Wand, z ü ndete dort zwei weitere Kerzen in hohen, silbernen Leuchtern an und erhellte damit ein seltsames Holzkreuz dahinter. Es lehnte schr ä g an der Wand und bot einen Anblick, der Frances entr ü stet einen Schritt nach hinten machen lie ß . Anstelle des leidenden Christus besa ß das verschn ö rkelte Holzkreuz einen g ä nzlich anderen Kruzifixus: Auf den Kreuzbalken r ä kelte sich eine ü ppige nackte Frauengestalt!
Um die Sache noch schlimmer zu machen, bewegte sich nun auch die verh ü llte Gestalt auf dem Tisch unter der Lampe immer heftiger. Sie schien die Bewegungen einer Schlange nachzuahmen, w ä hrend die Kuttentr ä ger sich um sie herum aufbauten. Nur eine letzte, kaum wahrnehmbare Gestalt, war im gegen ü berliegenden Durchgang stehen geblieben.
» Wenn du am Morgen erwachst « , skandierte einer der M ä nner am Tisch, der sich am Kopf der Aufgebahrten postiert hatte, » so sollst du dein Herz zu Gott erheben, das Zeichen des Kreuzes schlagen, dich unges ä umt und züchtig bekleiden. « Er benetzte die Gestalt mit Wasser aus einem Silbergef äß , das neben ihrem Kopf stand und fuhr fort: » Du sollst dich mit Weihwasser besprengen, vor einem Andachtsbilde niederknien und also beten. «
Der Mann am Altar sank in die Knie und begann, laut und auf lateinisch Gebete aus einem B ü chlein vorzulesen: » › Pater noster, qui es in caelis, sanctificetur nomen tuum. Adveniat regnum tuum. Fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra … ‹ «
Frances verstand kein Wort, aber die Szene wurde dadurch nur noch unheimlicher.
Die Gebete nahmen kein Ende. Je l ä nger der Vortragenden sprach, desto hysterischer wurde seine Stimme und desto heftiger r ä kelte sich der K ö rper unter den T ü chern.
Als die anderen M ä nner den Gebeten endlich mit » Amen « geantwortet hatten, hob erneut der Mann am Kopfende des Tisches zu sprechen an: » Dann
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