London Road - Geheime Leidenschaft
beschützen war meine Aufgabe. Es war immer schon meine Aufgabe gewesen. Und überhaupt, Murray spielte bloß sein Spiel mit mir. Er hatte schon damals nicht das geringste Interesse an Cole gehabt, und jetzt war er zu mir gekommen. Nicht zu Mum. Zu mir.
Dann hab ich letztens deinen Namen gegoogelt, und was seh ich? Dich auf einem Foto mit so einem stinkreichen Knacker aus Edinburgh.
Dem Dreckskerl ging es nicht um Cole. Er wollte Geld.
Er wollte mich erpressen.
Dieser erbärmliche Schwachkopf. Ich hatte kein Geld!
Ich rollte mich auf die Seite und zog die Decke fester um mich. Ich würde ihm einfach sagen, dass ich nicht mehr mit Malcolm zusammen war und ihm nichts geben konnte. Bestimmt würde er dann zurück nach Glasgow gehen und wieder in dem Loch verschwinden, aus dem er hervorgekrochen war.
Ja. Genau so würde ich es machen. Es bestand kein Grund, irgendjemanden mit der Sache zu behelligen. Murray würde schon bald wieder aus unserem Leben verschwunden sein.
Dies war die zweite Nacht, in der ich keinen Schlaf fand.
Kapitel 28
G ott sei Dank schob Cole meine gedrückte Stimmung am nächsten Morgen auf das anhaltende Schweigen zwischen mir und Cam.
»Du solltest mal mit ihm reden«, hatte mir mein kleiner Bruder geraten, als sei es die einfachste Sache der Welt. Ich hatte genickt und ihm versprochen, dass ich am Abend, bevor ich in den Club ging, bei Cam vorbeischauen würde.
Cam hatte mir immer noch keine SMS geschrieben.
Ich ihm allerdings auch nicht.
Ich fühlte mich wie ein Zombie, weil ich so schlecht geschlafen hatte, und brachte den ganzen Tag über nichts zustande. Als ich rausging, um ein paar Einkäufe zu machen, hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, beobachtet zu werden. In meiner Paranoia, Murray könnte mich aufgespürt haben, rannte ich fast nach Hause und blieb den Rest des Tages in der Wohnung.
Sobald ich sicher sein konnte, dass Cam aus der Agentur nach Hause gekommen war, trug ich eine großzügige Schicht Concealer auf die schwarzen Ringe unter meinen Augen auf und ging auf wackligen Beinen nach unten. Ich hatte keine Ahnung, was ich ihm sagen, wo ich anfangen sollte …
Ich hatte mich dermaßen in meine Nervosität hineingesteigert, dass ich regelrecht zusammenbrach, als ich feststellte, dass er gar nicht da war.
Das gehörte nicht zu den Szenarien, die ich mir ausgemalt hatte. Eigentlich hatte ich gehofft, dass unser Gespräch mit jeder Menge Entschuldigungen von uns beiden enden würde. Dann würde Cam hoch und heilig versprechen, Blair nie wiederzusehen, und wir würden hemmungslosen Sex auf seiner Couch haben.
Wenn er gar nicht zu Hause war, konnte ich mir das wohl abschminken.
Irritiert und verstimmt kehrte ich in unsere Wohnung zurück. Cole war nach der Schule bei Jamie zum Abendessen eingeladen. Selbstverständlich hatte er von mir die strikte Anweisung erhalten, umgehend Bescheid zu geben, sobald er zu Hause war. In letzter Zeit hatte er es damit nicht mehr so genau genommen, aber an diesem Abend würde ich meinem Kleinen keine Funkstille durchgehen lassen – nicht wenn Murray sich irgendwo da draußen herumtrieb. Ich würde ihn gnadenlos nerven.
Fest entschlossen, wenigstens Cams Gesicht zu sehen (ich vermisste den Scheißkerl, verdammt noch mal), klopfte ich auf dem Weg in den Club erneut bei ihm an. Wieder erhielt ich keine Antwort. Ich presste das Ohr an die Tür, aber es war nichts zu hören – keine Schritte, kein Fernseher, keine Musik.
Wo steckte er?
Als ich auf die Straße trat, warf ich zweifelnd einen Blick auf mein Handy. Sollte ich ihm schreiben? Den ersten Schritt machen? Genau in dem Moment vibrierte es in meiner Hand. Mein Herz machte einen Satz, als ich den kleinen gelben Umschlag auf dem Display sah. Eine Welle der Erleichterung überrollte mich. Ich löste die Tastensperre. Die SMS war von Cam.
Ich glaube, wir sollten reden, Baby. Kannst du morgen früh bei mir vorbeikommen? Bitte. x
Ich sog tief die frische Luft ein. Eine Last weniger auf den Schultern. Ich nickte – als ob er mich sehen könnte – und tippte rasch eine Antwort.
Klar kann ich das. x
Ich stieg gerade in den Bus, als mein Handy erneut vibrierte.
☺
Leise lachend ließ ich mich auf einen freien Sitzplatz fallen. Ein Smiley. Ein Smiley war immer ein gutes Zeichen, oder?
Joss war nach wie vor krank, deshalb arbeitete ich auch an diesem Abend mit Sadie und Alistair zusammen. Alistair erkundigte sich gleich als Erstes, ob es mir besserging. Ich log, es sei alles in
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