London
Namen. Gerade als Julius den Hatton Garden erreichte, sah er die Kutsche des spanischen Botschafters kommen, nahm höflich seinen Hut ab und verbeugte sich.
England in der Zeit der Stuarts nahm in Europa dieselbe Position ein wie unter Elisabeth. Der Kontinent war immer noch in ein katholisches und ein protestantisches Lager gespalten. Das katholische Frankreich war mächtig, die Habsburger in Spanien und Österreich waren immer noch entschlossen, die universale Kirche Roms wieder einzusetzen; das protestantische England war eine kleine Insel, die sich keinen Krieg leisten konnte. Jakob mußte vorsichtig lavieren; doch anders als Elisabeth hatte er Kinder. Als das katholische Österreich seinen deutschen Schwiegersohn aus seinem Land geworfen hatte, überlegte Jakob: »Wenn wir Freundschaft mit Spanien schließen, können wir sie vielleicht überreden, dem Jungen seine Gebiete wieder zurückzugeben.« Daher gab es vorsichtige Annäherungsversuche beim Botschafter des streng katholischen Spanien. Den Londonern gefiel das nicht; das Gleichgewicht der Macht bedeutete ihnen nichts. Sie hielten nichts von katholischen Freunden.
Die kleine Gruppe von Lehrlingen, die im Hatton Garden herumlungerte, war in ausgelassener Stimmung und deutete mit den Fingern auf die spanische Kutsche. »Spanischer Hund!«
»Papist!« schrien sie. »Wir wollen hier keine Papisten!«
Julius dachte nicht weiter darüber nach, bis am nächsten Tag Henry aus Whitehall kam und erklärte: »Der spanische Botschafter ist beschimpft worden. Der König ist wütend.«
»Ich habe es gesehen«, erzählte Julius. »Es war gar nichts dran.«
»Du hast es gesehen?« Henry griff ihn am Arm. »Hast du sie gekannt? Du mußt es sagen. Die Schuldigen müssen gefunden und schwer bestraft werden.«
Doch Julius zögerte, denn einer der jungen Männer war Gideon Carpenter. Henry ermahnte Julius, es sei seine Pflicht, und wies darauf hin, daß die Aussichten der Familie am Hof für immer dahin seien, wenn jemand herausfand, daß Julius sein Wissen nicht preisgegeben hatte.
Henry teilte alles dem Mayor und dem König mit, der ihm herzlich dankte. Die betreffenden Lehrlinge wurden mit der neunschwänzigen Katze ausgepeitscht. Einer von ihnen starb; Gideon überlebte. Aber von diesem Tag an fühlte Julius Gideons Blick unversöhnlich auf sich gerichtet. Martha beschränkte sich auf eine einzige kummervolle Bemerkung, als sie ihm einen Tag nach der Auspeitschung begegnete: »Das war nicht recht.« Und wie sein Vater konnte Julius nur wünschen, all diese Carpenters und Doggets würden das Kirchspiel und selbst das Land für immer verlassen.
Englische Monarchen hatten ihre Freunde immer mit Titeln belohnt, die Stuarts jedoch verkauften sie. Das konnte lukrativ sein. Doch anstatt die Lords mit zu vielen Neulingen zu behelligen, verfielen die Stuarts auf eine brillante Idee: die Baronetswürde. Ein Baronet saß nicht im House of Lords, erhielt aber den erblichen Titel »Sir«. Nur wohletablierte Gentlemen mit hohem Einkommen wurden akzeptiert, und Henry Ducket erwarb einen solchen Titel für seinen Vater. Er kostete zwölfhundert Pfund. Ein Jahr später starb König Jakob, und Sir Jakob folgte ihm bald darauf – mit einem erblichen Adelstitel. Henry war nun Sir Henry.
In den folgenden Jahren stieg er beständig weiter auf. Karl I. der neue König, heiratete schließlich eine katholische Prinzessin, eine Französin, was weniger bedrohlich schien. Sie war noch sehr jung, haßte Buckingham und fühlte sich zutiefst einsam, doch Henry freundete sich mit ihr an. Das erwies sich als hervorragender Schachzug. 1628 brachte ein ehemaliger Soldat Buckingham auf der Straße um. Da der Günstling nun tot war, kamen sich Karl I. und seine Königin so nahe wie nie zuvor. Und wie herzlich erzählte sie ihm von »diesem liebenswürdigen Sir Henry«. Wenn der König nur nicht mit seinen Parlamenten streiten würde. Doch Karl I. glaubte wie sein Vater an sein Gottesgnadentum. Als er Geld verlangte, wurde ihm fast nichts bewilligt, und der junge König wandte sich um eine Anleihe an den Landadel. »Sie haben sogar einige Leute eingesperrt, die sich geweigert haben, etwas zu leihen«, berichtete Henry. Bald legte das Parlament eine Schrift vor, in der es den König daran erinnerte, daß er seit der Magna Charta niemanden illegal einsperren durfte und auch nicht das Recht hatte, Steuern ohne Zustimmung des Parlaments zu erheben. Die nächste Zusammenkunft Anfang 1629 führte zu einer
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