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London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Angelegenheiten: »Du willst eine Bierschenke eröffnen? Du brauchst eine Konzession? Wende dich an einen Günstling. Du brauchst Goldfaden? Ein Freund von mir hat das Monopol. Ein winziges Monopol, Julius, ist immer noch ein Vermögen wert. Und das gibt es an allen Höfen.«
    Doch als Julius erwachsen wurde, gab ihm der Königshof Grund zur Besorgnis; zwischen dem Haus Stuart und dem englischen Volk stand nicht alles zum besten. König Jakob verhielt sich in seinem hohen Alter peinlich. Ob er tatsächlich homosexuell war oder ob es sich nur um eine senile Zuneigung zu jungen Männern handelte, wußte niemand so recht. Glücklicherweise hatte sein Erbe Karl sowohl Würde als auch einen untadeligen Lebenswandel, so daß die puritanischen Engländer beim Vater ein Auge zudrückten und auf den Sohn hofften. Natürlich gab es die Günstlinge des Königs. Der mächtigste, der bald alles bestimmte, war Buckingham, ein junger Mann von enormem Charme, seichter Intelligenz und so gutem Aussehen, daß König Jakob ihn zum Herzog ernannte. Viele hatten das Gefühl, daß Buckingham und seine Freunde zu viele Monopole besaßen.
    Das eigentliche Problem zeigte sich kaum ein Jahr nach Sir Jakobs Schlaganfall. Das Parlament von 1621 begann nicht gerade in bester Stimmung. König Jakob hatte es einige Jahre lang nicht einberufen, obwohl diese Institution seit Jahrhunderten daran gewöhnt war, regelmäßig konsultiert zu werden. Es fühlte sich vernachlässigt. Falls einige der Lords die habgierigen Favoriten des Hofes angreifen wollten, konnten sie mit der Unterstützung der Commons rechnen. Kaum war das Parlament in Westminster versammelt, fand es einen Weg, den König daran zu erinnern, wer es war.
    »Impeachment«, berichtete Henry. Das Verfahren, bei dem das House of Commons als Ankläger und das House of Lords als Richter fungierte. »Seit den Plantagenets hat das kein Parlament mehr versucht.«
    Tatsächlich gingen die Commons sehr raffiniert vor. Sie klagten nicht Buckingham selbst an, sondern zwei weniger mächtige korrupte Günstlinge; und das Schöne am Impeachment war, daß Commons und Lords ohne die Zustimmung des Königs eine Anklage durchsetzen konnten. Die Botschaft war klar: Es war Zeit, dem Parlament freundlich entgegenzukommen. Doch der gebildete, aber exzentrische König Jakob glaubte, daß Monarchen, da von Gott gesalbt, auch von Gottes Gnaden regierten – was hieß, daß seine Untertanen ihm gehorchen mußten, weil er kein Unrecht tun konnte. Das war Gottes Gebot, erklärte er, und sei immer so gewesen – eine Behauptung, die jeden Monarchen aus dem Hause Plantagenet hätte schallend lachen lassen. Die Tudorkönige hatten immer darauf geachtet, daß sie im Parlament ihre Berater bei sich hatten, die die Debatten steuerten, und Elisabeth I. war eine Meisterin des Kompromisses gewesen. König Jakob jedoch erwartete nur Gehorsam. Das House of Commons verfaßte ein Protestschreiben. »Und er hat es zerrissen«, berichtete Henry.
    »Was wird nun geschehen?« fragte Julius ängstlich.
    »Nichts. Das Parlament ist verärgert, aber es weiß, daß der König alt wird.«

    Als Martha und Dogget wieder nach London kamen, warteten sie ängstlich, ob ihr unbekannter Wohltäter, wenn er von ihrer Rückkehr erfuhr, sein Geld einfordern würde. Aber er gab kein Zeichen von sich, geheimnisvoll wie eh und je. Die nächste Frage war, was sie nun tun sollten. Gideon Carpenter löste das Problem schließlich. Sein Vater Cuthbert war plötzlich gestorben, daher schlug er vor, er und Dogget sollten sich zusammentun. Sie fanden eine Wohnung in der Nähe und einen kleinen Hof mit Werkstatt auf dem Garlic Hill, und hier begannen sie, alles zu reparieren, was gebracht wurde.
    So kam es, daß Sir Jakob an kirchlichen Feiertagen, wenn er sie zum Gottesdienst nach St. Lawrence-Silversleeves gehen sah, voll ohnmächtigen Abscheus auf die verfluchte Familie starrte. Julius, der sah, wie sein Vater vor Wut zitterte, wenn er sie sah, konnte daraus nur schließen, daß Martha und ihre Familie wahrhaftig sehr gottlos sein mußten. Dennoch hatte er an dem Tag, als er aus der Stadt heraus über den Holborn zur Kirche St. Etheldreda ging, nichts Böses gegen sie im Sinn.
    In den letzten Jahrzehnten hatte sich hier einiges verändert. Der alte Bischofssitz war nun die Residenz des spanischen Botschafters, die Kirche seine Privatkapelle, und der Garten daneben, der einem Günstling Königin Elisabeths namens Hatton gehört hatte, trug nun diesen

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