London
sich in einer halbrunden Laube lachend unterhielten. Meredith gesellte sich dazu, gab aber vor, Lord St. James hinter seiner Maske nicht zu erkennen. Es wurde über Politik gesprochen, doch nach einer Weile ging man zu Klatsch über, und in einem passenden Augenblick warf Meredith ein: »Es heißt, der letzte Skandal betrifft Lord St. James.«
Stille kehrte ein. Einer der Gentleman blickte auf den Earl und fragte dann: »Und was soll das bitte sein, Sir?« – »Es heißt, Gentlemen, der Earl schlage seine Frau. Der Witz ist, daß er nicht weiß, warum, denn in Wahrheit hat er sich über mehr zu beklagen, als er ahnt.« Meredith lachte unverschämt. »Wie jene, die wie ich ihre Gunst genossen haben, sehr wohl wissen!«
Gut gemacht, dachte er. Wollte der Earl seine Ehre bewahren, hatte er keine Alternative. St. James nahm seine Maske ab. »Kann ich den Namen des Schurken erfahren, an den ich mich wende?«
Auch Meredith nahm seine Maske ab. »Captain Meredith, Mylord. Zu Ihren Diensten«, antwortete er steif.
»Meine Freunde werden Sie aufsuchen.«
»Ich werde in einer Stunde in meinem Haus in der Jermyn Street sein«, erwiderte Jack, verbeugte sich und kehrte auf dem Absatz um.
Der Geforderte hatte das Recht auf die Wahl der Waffen. Als an diesem Abend die beiden Sekundanten des Earls erschienen, erklärte Meredith: »Ich wähle Degen.« Er hatte bereits seine eigenen Sekundanten aus dem Club geholt, und es wurde vereinbart, daß die Angelegenheit in der Morgendämmerung geklärt werden solle.
Lord St. James erwartete eigentlich, daß seine Frau schlief, als er zurückkam, daher war er überrascht, daß nicht nur ihre Zimmertür offen war, sondern sie auch auf ihn wartete. Den ganzen Weg von Vauxhall zurück hatte er sich gefragt, ob er eine Rechtfertigung fordern oder ohne ein Wort zu dem Duell gehen sollte. Noch etwas lag ihm auf dem Herzen. Sollte er umkommen, würde der gesamte Besitz der St. James an sie fallen, denn da er keinen Sohn hatte, gab es sonst keine Erben. Wollte er wirklich sein ganzes Vermögen einer untreuen Frau hinterlassen? Aber wie sollte er mitten in der Nacht sein Testament ändern? Lady St. James winkte ihn in ihr Zimmer und schloß die Tür.
Ihr Gesicht war nicht mehr geschwollen; Schminke und Puder hatten das blaue Auge fast überdeckt. Und zu seinem Erstaunen schien sie eine Versöhnung zu wünschen. »Mylord«, begann sie leise, »Sie haben mich gestern abend sehr schlecht behandelt. Ich habe den ganzen Tag auf ein Wort der Entschuldigung gewartet, aber keines kam. Ich weiß jedoch, daß ich Ihnen Ursache gegeben habe. Statt meinen Gatten habe ich die Gesellschaft geliebt. Ich habe mein Vergnügen über meine Pflicht gestellt, Ihnen Kinder zu gebären, und es tut mir leid. Können wir uns nicht versöhnen?«
St. James sah sie nachdenklich an. »Ich muß Ihnen etwas sagen, Mylady. Eine gewisse Person hat mir mitgeteilt, er sei Ihr Liebhaber gewesen. Natürlich habe ich meine und Ihre Ehre verteidigt. Was haben Sie dazu zu sagen?«
Wenn es möglich ist, mit einem einzigen Gesichtsausdruck Schrecken, Unglauben und Unschuld gleichzeitig zu zeigen, so beherrschte Lady St. James diese Kunst. »Wer kann so etwas sagen?« keuchte sie.
»Captain Meredith«, antwortete er kühl.
»Jack Meredith? Mein Liebhaber? Und Sie wollen sagen, daß Sie sich duellieren werden? Lieber Gott! Dieser arme, wohlmeinende Narr.« Sie seufzte. »Oh, William. Das ist alles meine Schuld.«
»Sie meinen, er war Ihr Liebhaber?«
»Gütiger Himmel, nein. Ich hatte keine Liebhaber. Jack Meredith tut so, als sei er ein Lebemann, aber die Wahrheit ist anders. Insgeheim ist er ein warmherziger Mann, der mir vor langer Zeit seine unglückliche Liebe gestanden hat. Er ist ein Freund geworden. Und als Sie mich gestern abend so grausam behandelt haben und ich nicht wußte, was ich tun sollte, habe ich mir bei ihm Rat geholt. Er war sehr zornig, William. Aber ich wußte nicht, daß er Sie angreifen würde.«
»Warum sagt er mir dann, daß er Ihr Liebhaber war?«
»Ich vermute, damit Sie ihn forderten. Er denkt wohl, er müsse mich verteidigen. Sie glauben ihm doch wohl nicht?« Lord St. James zuckte die Achseln. »Überlegen Sie doch, William«, fuhr sie fort. »Meredith ist ganz sicher ein Gentleman. Können Sie sich vorstellen, daß er so etwas, wenn es wahr wäre, vor einer Gruppe von Fremden ausposaunen würde?« Das stimmte, wie St. James zugeben mußte.
»William«, rief sie, »dieses dumme Duell muß
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