Lonely Planet Reisefuehrer Thailand
mittleren Dienst, einer Position, die nur durch gute Ausbildung und familiäre Beziehungen erreicht wird. Zum Zeitpunkt der Studie hatten die meisten Befragten keinen höheren Schulabschluss.
Die Internationale Arbeitsorganisation schätzt dagegen den Lohn einer thailändischen Prostituierten auf knapp 7 € am Tag, was dem durchschnittlichen Salär eines Arbeiters in der Dienstleistungsindustrie in Thailand entspricht.
Diese wirtschaftlichen Faktoren bilden für ungelernte Frauen vom Land (und in geringerem Umfang auch für Männer) einen starken Anreiz, in der Sexindustrie zu arbeiten.
Wie in großen Teilen der thailändischen Gesellschaft üblich geht ein großer Prozentsatz des Lohns der Prostituierten zurück in ihre Heimatdörfer, um ihre Familien zu unterstützen (Eltern, Geschwister, Kinder). Khun Kritayas Studie von 1993 belegte, dass zwischen 1800 und 6100 Baht pro Monat heim in die ländlichen Gemeinden geschickt wurden. Die Empfänger dort kauften damit typischerweise langlebige Wirtschaftsgüter (TV-Geräte und Waschmaschinen), größere Häuser und Motorräder oder Autos. Ihr Reichtum stand für den Erfolg ihrer Töchter in der Sexindustrie und diente als Ansporn für die nächste Generation Sexarbeiterinnen.
Es gibt Gerüchte, dass Familien auf dem Land ihre kleinen Töchter dazu drängen, Prostituierte zu werden, wenn der Schuldenberg wächst. Die von uns befragte Geschäftsführerin der Bar erzählte, sie hätte versucht, nach Hause zurückzukehren, nachdem sie eine Zeit lang als Prostituierte in Pattaya gearbeitete hatte, doch ihre Mutter hätte geschimpft und gesagt „Wenn jede das tun kann, kannst du das auch“.
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Arbeitsbedingungen
Unbeabsichtigte Konsequenz des Prostitutionsverbots ist die gesetzlose Arbeitsumgebung, die dadurch für Frauen geschaffen wird, die in der Sexindustrie anfangen. Sexarbeit wird zum Wirkungsbereich krimineller Netzwerke, die häufig auch in andere illegale Aktivitäten verwickelt sind und die Gesetze durch Bestechung und Gewalt umgehen.
Prostituierte haben nicht die gleichen Rechte wie andere Arbeiter: Es gibt keinen Mindestlohn, keinen Anspruch auf Urlaub, Krankheitstageoder Pausenzeiten, keine Beiträge für die Sozialversicherung oder für eine vom Arbeitgeber unterstützte Krankenversicherung und keine Ansprüche auf Entschädigung.
Die Bars können ihre eigenen Strafregeln aufstellen und der Frau Geldstrafen auferlegen, wenn sie nicht genug lächelt, zu spät kommt oder die Getränkequote nicht erfüllt. EMPOWER berichtete, dass viele Prostituierte der Bar am Ende des Monats durch diese Abzüge Geld schulden. Faktisch müssen diese Frauen dafür bezahlen, Prostituierte zu sein und die Geldstrafen verschleiern, dass sie für Zuhälter arbeiten.
Durch ihre Lobbyarbeit wollen Prostituierten-Unterstützergruppen wie EMPOWER erreichen, dass der Gesetzgeber alle Beschäftigten in Unterhaltungsbetrieben (auch Tellerwäscher und Köche und eben auch die „arbeitenden Mädchen“) als Angestellte anerkennt, die Arbeitsschutz- und Sicherheitsmaßnahmen unterliegen.
Andere Beteiligte wie die Coalition Against Trafficking in Women (CATW; Koalition gegen Frauenhandel) argumentieren, dass eine Legalisierung der Prostitution keine Antwort sein könne, weil ein solcher Schritt eine Praxis legitimiere, die für die betroffenen Frauen immer gefährlich und ausbeuterisch sein wird. Diese Gruppierungen konzentrieren sich stattdessen darauf, wie die Frauen die Prostitution hinter sich lassen und andere Arbeitsmöglichkeiten finden können.
Zu den Organisationen, die grenzübergreifend gegen Kinderprostitution vorgehen, gehören ECPAT (End Child Prostitution & Trafficking; www.ecpat.net ) und sein australischer Ableger Child Wise ( www.childwise.net ).
HIV/AIDS
Thailand erhielt viel Lob für seine schnelle und effektive Antwort auf die Aids-Epidemie in den 1990er-Jahren. Durch die aggressive Kampagne für die Verwendung von Kondomen sank die Infektionsrate der weiblichen Prostituierten bis 2007 auf 5 %, doch haben sich die Raten in letzter Zeit bei den inoffiziellen Sexarbeiterinnen (Straßenprostituierte und Freischaffende) verdoppelt. Experten warnen, dass die Epidemie im Land kurz davor steht, wieder aufzuflammen, weil die Anstrengungen nachgelassen hätten, die Öffentlichkeit aufzuklären und weil sich die kulturelle Einstellung zum Sex geändert habe. Drogensüchtige, die an der Spritze hängen, bilden die größte Gruppe der 610 000
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