Lord Camerons Versuchung
»Ich brauche einen Komplizen für ein Komplott, Pat, und du, mein respektabler Bruder, bist genau der Richtige dafür.«
27
Im April trafen die MacKenzies nach und nach in Waterbury Grange ein, ungefähr zu der Zeit, als Ainsleys Briefe ausblieben. Cameron plante, bald nach Newmarket aufzubrechen, denn die Rennsaison streckte wieder einmal die Arme nach ihm aus und rief ihn.
Mac und Isabella trafen als Erste mit ihren beiden Kindern ein, und Mac übernahm mit seiner üblichen Überschwänglichkeit sofort das Ruder. Glücklicherweise war das Haus groß genug, um sie alle aufzunehmen und Mac zusätzlich einen Raum zu bieten, den er als Atelier nutzen konnte.
Mac hatte in diesem vergangenen Jahr mit Hingabe gemalt und dabei seinen üblichen Aufzug aus Kilt, Stiefeln und ein um den Kopf geschlungenes Tuch getragen. Jetzt stand er korrekt gekleidet im Stallhof und machte erste Skizzen von Chance’s Daughter, während seine Frau ihre neugierigen Kinder davon abhielt, zu nahe an die Pferde heranzugehen; es war ein schwieriges Unterfangen.
Einige Tage darauf kamen auch Ian und Beth samt Kind, begleitet von Daniel, der sich ihnen zu der Fahrt hierher angeschlossen hatte.
In den vergangenen Jahren, wenn Ian Waterbury besucht hatte, war er einer starren Routine gefolgt. Er hatte nur bestimmte Zimmer des Hauses betreten und war in dem ihm unbekannten Teil des Hauses und auf unbekanntem Terrain nur vertrauten Wegen gefolgt. Es war ihm gut gegangen, wenn man ihm zugestanden hatte, dieser Routine zu folgen, doch in dem Moment, in dem irgendetwas diese Abläufe durchbrochen hatte, war Ian in Verwirrung und Wutausbrüche geraten, die er seine »Anfälle« nannte. Nur Curry, sein Kammerdiener, war dann in der Lage gewesen, ihn zu beruhigen.
In diesem Jahr schien Curry als vorläufige Nanny zu fungieren. Er hielt den zehn Monate alten Jamie auf den Armen, während Ian seiner Frau Beth aus der Kutsche half.
Ian rief laut, dass sie angekommen seien, und nahm Curry seinen Sohn ab. Er ging langsam, damit die schwangere Beth ihm bequem folgen konnte, als sie das Haus betraten. Beth war noch nie in Waterbury gewesen – im letzten Jahr war sie mit ihrem ersten Kind schwanger gewesen, und Ian hatte deshalb nicht reisen wollen. Dieses Jahr hatte Beth auf der Reise bestanden.
Cameron begrüßte sie. Er trat dann mit Mac beiseite, während Isabella und Beth sich umarmten und über die Fahrt hierher zu plaudern begannen. Die beiden Hunde, die Ian und Beth begleiteten, beschnupperten abwechselnd McNab und dann wieder sich gegenseitig, vermutlich unterhielten die drei sich ebenfalls über den Verlauf der Reise.
Als Ian Beth an der Hand nahm, um sie die Treppe hinaufzuführen, trat Camerons Haushälterin zu ihnen.
»Mylord, ich fürchte, Sie sind dieses Jahr in einem anderen Zimmer untergebracht«, sagte diese. »Ihre Ladyschaft – Lord Camerons Ladyschaft, meine ich – dachte, Sie würden sich in einem größeren Zimmer wohler fühlen. Es ist ein Zimmer nach vorne hinaus, Mylord.« Sie lächelte angespannt, war sie doch mit Ians Wesen vertraut. »Es hat eine sehr schöne Aussicht.«
Hinter Ian war Curry ebenfalls stehen geblieben. Er sah besorgt aus. Doch Beth lächelte Ian ermutigend an und drückte seinen Arm.
Ian sah die Haushälterin nicht an, sondern schaute zu Cameron, und für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke. »Das Zimmer oben an der Treppe? Ich wollte dich ohnehin darum bitten, Cam. Mein übliches Zimmer wird zu klein sein. Ainsley hatte recht, es auszuwählen. Hier entlang, meine Beth.«
Er stieg die Treppe hinauf, das Baby auf einem Arm und Beth am anderen. Curry folgte ihnen, der Ausdruck der Erleichterung auf seinem Cockney-Gesicht war offensichtlich. Auch die Haushälterin wirkte wieder gelöster, und Mac zog die Augenbrauen hoch, als er Cameron fragend ansah.
»Unser kleiner Bruder ist wohl erwachsen geworden«, sagte Mac.
Das war er in der Tat. Beth hatte das Wrack, das Ian gewesen war, an die Hand genommen und mit Leben erfüllt.
»Ainsley ist sehr einfühlsam«, sagte Isabella und lehnte sich an Macs Schulter. »Ich glaube, ich hatte erwähnt, dass sie ausgezeichnet organisieren kann. Sie hat wahrlich Wunder in diesem verstaubten alten Haus vollbracht. Wann kommt sie zurück?«
»Das kann ich nicht sagen.« Camerons Stimme klang hölzern.
»Ich bin sicher, die Königin hat ihr wieder irgendeine verrückte Sache aufgetragen«, sagte Isabella. »Ainsley wird sie zu Ende bringen und mit vollen Segeln
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