Lord Camerons Versuchung
vielleicht sollten wir beschließen, damit aufzuhören. Ich will einfach nur sagen, dass ich dir immer sehr dankbar gewesen bin. Du hast zu mir gehalten, als du nicht dazu verpflichtet warst.«
»Du bist meine Schwester. Mir wäre nicht im Traum eingefallen, dich allein zu lassen oder den Bestien zum Fraß vorzuwerfen. Und du bist schon wieder meinen Fragen ausgewichen. Dieses Durchbrennen mit Lord Cameron MacKenzie –«
»Ich musste so handeln, wie mein Herz es mir befohlen hatte«, entgegnete Ainsley.
Patrick fuhr sich wieder mit dem Taschentuch über die Stirn. »Lass mich ausreden, liebes Mädchen. Zuerst war ich argwöhnisch und habe vermutet, dass MacKenzie dich entführt hätte. Dass er dich dazu gebracht hätte, mit ihm davonzulaufen, indem er dir die Ehe versprochen hat. Ihre Majestät war ganz gewiss dieser Ansicht und ließ mir durch ihren Sekretär schriftlich ihren Verdacht mitteilen. Ich war geneigt, einige Nachforschungen anzustellen. Ich fragte deshalb Freunde in Paris, was sie von dieser Verbindung hielten. Sie schrieben mir, wie glücklich du seiest, wie sehr du strahltest, dass Lord Cameron dich wie eine Königin behandle.« Patrick gluckste. »Besser als eine Königin dich behandelt hat, genau genommen.«
Ainsley spitzte überrascht die Ohren. Patrick kritisierte nur selten jemanden, auch nicht indirekt, und schon gar nicht die Königin von England.
Patrick zuckte die Schultern. »Gott schütze sie, aber sie ist aus dem Hause Hannover. Nicht einmal eine Stuart. Ich stimme mit Hart MacKenzie überein, dass Schottland unabhängig sein sollte, obwohl ich bezüglich seiner Chancen, das zu erreichen, skeptisch bin.«
Ainsley sah ihren Bruder an, ihr Herz war übervoll. »Dann vergibst du mir? Oder verstehst mich zumindest?«
»Ich sagte doch, dass es nichts zu verzeihen gibt. Du bist deinem Herzen gefolgt, und dieses Mal warst du klug genug, die Wahl auch mit deinem Verstand zu treffen. Ich würde Lord Cameron gern kennenlernen, bevor ich mir eine abschließende Meinung bilde, aber ich vertraue dir.« Patrick stieß den Atem aus. »Und jetzt – um was für eine Untat zum Teufel geht es, zu der du mich als Komplizen brauchst?«
»Keine Untat, nur eine kleine Täuschung.«
Ehe Patrick antworten konnte, tauchte Angelo an Deck auf, ihm folgte eine zierliche, ganz in Schwarz gekleidete Frau. Aus lebhaften Augen spähte sie vom Deck hinüber zu Patrick und Ainsley.
»Nun?«, sagte sie mit lauter Stimme und einem starken Akzent. »Warum stehen die beiden da noch herum? Helft ihnen an Bord, ihr faulen Lümmel!«
Der Mann mit der Pfeife sprang auf und setzte über die Reling, um Ainsleys Koffer zu übernehmen.
»Mylady«, sagte Angelo, und seine Zähne blitzten auf, als er lächelte. »Sir – meine Mutter.«
Angelos Mutter streckte Ainsley die Hand entgegen, als Ainsley über das Deck auf sie zuging. »Willkommen, meine Liebe. Du meine Güte, Ihr Haar ist sehr gelb. Es ist doch nicht gefärbt, oder?«
Patrick sah sie schockiert an. »Es ist reines schottisches Gold, Madam.«
»Hmm, ich dachte, schottisches Gold sei Whisky.« Ihr Blick wurde weicher, als sie Ainsley ansah. »Sie sind recht hübsch, meine Liebe. Seine Lordschaft ist also endlich zur Vernunft gekommen, wie ich sehe. Jetzt kommen Sie her und setzen Sie sich zu mir. Ich lasse Ihnen ein hübsches Plätzchen zurechtmachen, während Sie hier sitzen und die Welt vorbeigleiten sehen.«
Patrick steckte sein Taschentuch zurück in die Tasche, als er Ainsley und Angelos Mutter folgte. Der Rom mit der Pfeife trug Ainsleys und Patricks Koffer nach unten, und Angelo löste die Taue des Bootes.
»Ich hoffe, es schaukelt nicht zu sehr«, sagte Patrick, als er sich setzte. Die Kinder beäugten ihn neugierig. »Du weißt, wie verteufelt krank ich auf Schiffen werde.«
Als Ainsleys Kutsche eine Woche später in Waterbury Grange in Berkshire hielt, wurde der Schlag für sie von niemand anderem als Hart MacKenzie persönlich aufgerissen.
»Euer Gnaden«, sagte Ainsley überrascht, als Hart sie um die Taille fasste und schwungvoll heraushob. »Was tun Sie hier?«
»Nach der Familie sehen.« Der Duke nickte Patrick zu, der in der Kutsche saß und seinen Hut in den Händen drehte. »Wo steckt Angelo?«
»Er folgt uns«, sagte Ainsley. »Wo ist Cam?«
»Dabei, alle anzufauchen.« Hart fixierte Ainsley mit einem durchdringenden Blick. »Sie haben ihm nicht geschrieben. Nicht kürzlich jedenfalls.«
Ainsley griff nach ihrer Tasche. »Ich konnte
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