Lord Camerons Versuchung
lässt dich Dinge für einen Menschen tun, vor dem du vielleicht lieber davonlaufen solltest. Komm zu mir zurück, weil du es willst, nicht weil du glaubst, du musst es tun. Verstehst du?«
Ainsley sah hoch zu ihm, ihr Blick war unergründlich. »Ich glaube, ich verstehe dich, Cameron.«
Cameron hörte mehr aus dem Satz heraus, als die bloßen Worte, aber er wusste nicht, was es war. Er küsste Ainsley, dann ließ er sie gehen.
Angelo begleitete sie, darauf hatte Cameron bestanden. Er vertraute Ainsley zwar, nicht aber den Narren, denen sie auf ihrer Reise vielleicht begegnen würde. Eine Zofe und ein Diener waren nicht genug, um sie zu beschützen, fand er. Angelo, davon war er überzeugt, würde dafür sorgen, dass ihr nichts passierte. Und deshalb fuhr Angelo mit, ohne aufzubegehren.
Als sie Windsor erreichten, verließ Angelo sie, um seine Familie auf dem Boot zu besuchen, das auf dem nahen Kennet and Avon Canal unterwegs war. Ainsley belud Angelo mit Paketen voller Lebensmittel und Kleidung sowie Spielzeug für seine Nichten und Neffen und verabschiedete sich von ihm.
Sie empfand Windsor als kalt, feucht und traurig.
Mein liebster Cameron,
die Königin ist verzweifelt und sieht sich an den meisten Tagen außerstande zu gehen. Sie hat ihrer Erleichterung Ausdruck verliehen, dass ich hier bin, und verlässt sich sehr auf mich.
Ich bin glücklich, dass ich hergekommen bin, weil die anderen Mitglieder ihres Haushalts Mr Brown nicht sehr geschätzt haben. Während die Königin trauert, sind sie es müde, ihre Lobpreisungen über ihn anzuhören und dass sie ihm ein Mausoleum und ein Denkmal errichten möchte. Sie denken, dass Mr Brown lediglich ein Diener war, und zwar einer, der sich über seinen Stand erhoben hat. Er verdiene ein anständiges Begräbnis, das ja, aber nicht mehr.
Doch sie vergessen, welch aufrichtiger Freund Mr Brown der Königin nach dem Tod ihres Mannes war, als ihr das Herz brach und sie sich von der Welt zurückzog. Es war Mr Brown, der sie dazu bewogen hat, wieder ihre Pflichten als Königin zu erfüllen, und der ihr die Kraft gegeben hat, weiterzumachen. Zumindest dafür sollte seiner gedacht werden.
Ich bezweifle, trotz des gemeinen Geredes und trotz dieser Briefe, über die Mrs Chase so entzückt war, sie damit erpressen zu können, dass die Königin und Mr Brown jemals ein Liebespaar waren. Ein Paar kann sehr intim miteinander sein, ohne das Körperliche zu teilen – auch wenn Du das vermutlich nicht glauben wirst, mein Cam.
Aber es kann so sein. Was ich für Dich fühle, ist überaus intensiv, ob Du nun neben mir stehst oder hundert Meilen weit entfernt bist. Ich muss Dich nicht berühren, um zu wissen, was ich fühle.
Die Königin und ich gehen selten aus, und ich schaue von meinem Fenster sehnsüchtig über die Felder und wünsche mir, bei Dir in Waterbury zu sein. Hier laufen die Lämmer über grüne Wiesen, und die Krokusse blühen in den Farben des Frühlings. Ich stelle mir vor, dass es in Waterbury ähnlich aussehen muss, aber alles dunstverhangener und gedämpfter.
Unglücklicherweise sehe ich nicht viel vom Frühling, weil ich die meiste Zeit hinter den zugezogenen dicken Vorhängen am Fenster sitze mit nichts zu tun, als Ihrer Majestät vorzulesen oder zu sticken oder manchmal auf dem Klavier zu spielen. Zumindest habe ich Zeit, an den Kissen zu arbeiten, die ich für unser Wohnzimmer sticke, in sehr hellen und fröhlichen Farben. Es macht mir Freude, mir vorzustellen, wie sie in unserem Haus aussehen werden.
Ich werde so oft schreiben, wie ich kann, aber um die Wahrheit zu sagen, ich habe nicht viel Zeit für mich allein. Die Königin ist in einer schlechten Verfassung und braucht jeden, der an ihrer Seite sein kann.
Aber wann immer ich meine Knöpfe öffne, um mich fürs Schlafengehen fertig zu machen, denke ich an Dich. Ich stelle mir vor, dass Du mein Kleid öffnest, mich öffnest wie ein Weihnachtsgeschenk zu deinem Vergnügen. In mir prickelt es sogar jetzt, wenn ich daran denke, und deshalb werde ich schließen, bevor ich ganz verbrenne und das Papier in Flammen aufgeht.
Bitte grüße alle im Haus und im Stall von mir, und die Pferde und McNab. Ich vermisse Euch alle!
In tiefster Liebe, mein geliebter Mann,
Deine Ainsley
»Und jetzt, meine Liebe, muss ich mit Ihnen über Ihre unglückselige Einheirat in den MacKenzie-Clan reden.«
Die Königin muss sich besser fühlen, wenn sie die Rede auf mein Durchbrennen mit Cameron bringt, dachte Ainsley.
Sie
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