Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)
Frau neben Liliana und rührte die Mixtur zu einem herrlich violetten Trank, während Liliana den Rest des Pürees zur Seite stellte und den dicken Mürbeteigboden, den sie schon gebacken hatte, zu sich heranzog. Es war ihr Spezialrezept, so buttrig und mächtig, dass der Teig im Mund zerschmolz. Selbst der Koch hatte sie für ihren Mürbeteig gelobt … besonders weil sie ihn nur für den Koch gebacken hatte, nicht für ihren Vater. Niemals für ihren Vater. Aber für den Lord der Schwarzen Burg würde sie ihn backen.
„So!“ Jissas Stimme wurde hell vor Aufregung. „Probier, probier es!“
Liliana fühlte sich wie ein Kind, als sie das kleine Glas an die Lippen hob und einen Schluck nahm. Sie riss die Augen auf. Über den Rand des Glases hinweg begegnete sie Jissas Blick. Beide legten gleichzeitig den Kopf zurück und tranken. Sie hatten den halben Krug geleert, als Jissa sich den Milchbart abwischte und sagte: „Bard würde es mögen, denke ich. Ja, das denke ich.“
„Seine Lordschaft ebenfalls.“
„Liliana.“
Lachend schenkte Liliana zwei weitere Gläser ein. „Hier, bring du es ihnen. Wenn
er
dich fragt, wo ich bin, sag ihm, ich schufte an seinem blöden Prallbeeren-Kuchen.“ Draußen war es schon dunkel, Schlafenszeit, aber er wollte seinen Kuchen.
„So aufmüpfig. Ärger, du bekommst Ärger.“ Kopfschüttelnd nahm Jissa die Gläser und ging hinaus.
Wie aufs Stichwort hörte Liliana von der rechten Seite ein leises Piepsen. Sie drehte sich um und legte einen Finger auf die Lippen. „Schsch. Du solltest nicht in der Küche sein.“
Ihr kleiner Freund setzte sich auf die Hinterbeine und setzte eine ausdrucksvolle Miene auf – als wollte er ihr mitteilen, dass er eine sehr saubere Kreatur war, vielen Dank auch. „Ja, natürlich bist du das“, entschuldigte sie sich. „Ich habe gesehen, wie reinlich du bist.“ Liliana fand es nicht so seltsam, wie sie vielleicht sollte, mit dem Tier zu sprechen – die Maus hatte ihre eigene Magie. Eine winzige Magie, aber dennoch Magie.
„Prallbeeren würden dir nicht schmecken“, sagte sie, und als ihr Freund enttäuscht zu ihr aufsah, zog sie den kleinen, aber perfekten Mürbeteigboden heran, den sie zur gleichen Zeit wie den großen gebacken hatte. „Hier, mein Freund. Jetzt schleich dich, ehe Jissa dich entdeckt.“
Die Maus zuckte vor Aufregung mit der Schnauze – ihre Knochen zeichneten sich jetzt nicht mehr so deutlich unter dem Fell ab – und zerrte ihre Beute davon. Liliana wusch sich die Hände und mischte einen süßen reichhaltigen Quark unter das Fruchtpüree, ehe sie alles auf den Mürbeteigboden strich. Danach musste der Kuchen nur noch für eine Viertelstunde in den Ofen. Sie nutzte die Zeit, um Sahne zu schlagen, da Seine Lordschaft verkündet hatte, dass er den Kuchen essen würde, sobald er aus dem Ofen kam.
Als die Tür sich öffnete, lag der süße Duft der Prallbeeren schwer und köstlich in der Luft. „Jissa, ich denke, der Kuchen wird …“ Da bemerkte sie den anderen Duft, der mit dem Öffnen der Tür in den Raum geweht worden war.
Dunkel und heiß und ursprünglich
männlich
.
Sie hielt den Blick entschlossen auf die Sahne gerichtet, während sie sagte: „Ihr seid jetzt in meinem Reich.“
Statt zu widersprechen, wie sie es erwartet hatte, trat er an den Ofen und streckte die Hand nach dem Griff aus. „Halt!“, befahl sie. „Wenn Ihr ihn jetzt öffnet, geht die ganze Hitze verloren.“
Er brummte frustriert, trat neben sie an die Anrichte und starrte die Sahne an. Sie wusste, was er vorhatte, noch ehe er versuchte, einen Finger hineinzutauchen. Schnell zog sie die Schüssel zur Seite und warf ihm einen bösen Blick zu. „Wenn Ihr Euch nicht benehmt, versalze ich den Kuchen.“
Er kam näher und langte noch einmal nach der Sahne.
Mit einem wütenden Funkeln zog sie die Schüssel wieder weg.
Er trat einen Schritt näher.
Sie sah hoch und wollte ihn zurechtweisen, da bemerkte sie das Lachen in seinen Augen. Er neckte sie schon wieder. Diese Erkenntnis ärgerte sie ein wenig, so sehr, dass sie den Schneebesen hob und ihm damit auf die Nase tupfte. „Da.“
Er blinzelte, hob einen Finger an die Nase und wischte die Sahne ab. Keine scharfen schwarzen Spitzen, dachte sie erstaunt – seine Hände waren frei von der Rüstung bis unterhalb seiner Handgelenke. Dann leckte er sich die Sahne vom Finger, und auf einmal war das Spiel kein Spiel mehr. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander wie Murmeln auf dem
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