Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)
Fußboden.
Sie zwang sich, wieder die Schüssel anzusehen, und begann mit aller Kraft zu schlagen. Vielleicht bemerkte sie deshalb nicht, wie er noch näher kam und sie mit seinen gepanzerten Armen auf beiden Seiten einschloss. Er legte seine Hände auf ihre, eine an den Rand der Schüssel, um sie festzuhalten, die andere schloss sich um ihre Hand, die den Schneebesen hielt.
Sie sollte protestieren, sollte sich befreien, aber sie rührte einfach weiter, während sein Körper sich auf ihren eigenen geradezu einprägte. Das Gefühl war unbeschreiblich. Kein Mann hatte sie je so angefasst, hatte sie je so anfassen wollen.
Das Herz wurde ihr schwer, als sie sich erinnerte, dass der Lord der Schwarzen Burg sein ganzes Leben hier gefangen gewesen war. Er begriff nicht, dass es Frauen von atemberaubender Eleganz und Anmut gab, die darum betteln würden, nur einmal das Bett mit ihm teilen zu dürfen, wenn er erst wieder seinen rechtmäßigen Platz als Prinz von Elden eingenommen hatte. Neben ihnen sähe sie tatsächlich aus wie ein Höhlentroll, wie ihr Vater sie immer bezeichnet hatte. Ihr Stolz geriet ins Wanken, aber sie rührte sich nicht von der Stelle.
Denn dieser Mann, der sie ansah, als bedeute sie ihm etwas, der sie so anfasste, als würde er gern viel mehr tun, schlug sie in seinen Bann. Und sie war nicht so stolz, dass sie seine Zuneigung zurückgewiesen hätte. Später würde die Scham kommen, das wusste sie. Aber dieser Augenblick, in dem er so heiß und hart und stark hinter ihr stand, dieser Augenblick gehörte ihr. Sie wollte ihn wie ein Juwel in ihrem Herzen verwahren, wie einen Schatz, den niemand mehr stehlen konnte von dem hässlichen Mädchen mit dem Gesicht wie eine böse Hexe.
„Du bist da unten sehr weich.“
Sie zuckte zusammen, als sie die tiefe Stimme so nah an ihrem Ohr hörte, und brauchte eine Sekunde, um die Bedeutung seiner Worte zu begreifen. Ihre Hand verkrampfte sich um das Metall des Schneebesens. „Ihr findet mich fett?“
„Das habe ich nicht gesagt.“ Er drückte sich näher an sie, sein eigener Körper nur harte Kanten und feste Muskeln. „Du bist überall knochig und hager – nur hier nicht.“
Heiße Röte stieg ihr ins Gesicht. Egal, wie viel sie an anderen Stellen ihres Körpers zunehmen könnte, dieser eine Teil war immer schon rund und pummelig gewesen. „Es ist nicht höflich, so etwas zu erwähnen.“
„Ist es nicht?“ Wieder erklang seine Stimme verführerisch nah an ihrem Ohr, und sein Atem fühlte sich heiß und unanständig an. „Ich befehle dir, mehr zu essen. Ich mag die Weichheit.“ Seine Lippen berührten ihr Ohrläppchen.
Sie würde nackt auf der Anrichte enden, wenn er so weitermachte. „Der Kuchen!“, rief sie und klammerte sich an diesen Strohhalm. „Ich muss ihn aus dem Ofen nehmen, sonst verbrennt er.“
Er wich sofort zurück – aber sie war sich fast sicher, dass sie seinen Mund kurz an ihrem Hals spürte, ehe er sie losließ. Schon jetzt vermisste sie seine Nähe, aber sie ergriff ein dickes Küchentuch, öffnete die Ofentür und nahm den Kuchen heraus. Sie trug ihn zur Anrichte und stellte ihn vorsichtig auf einen flachen Stein, den sie extra zu diesem Zweck dort hingelegt hatte.
Der Lord der Schwarzen Burg war sofort wieder neben ihr. „Gib ihn mir.“
Sie wollte sich zu ihm umdrehen, an seiner Halsbeuge riechen. „Er wird viel besser schmecken, wenn er ein wenig abgekühlt ist“, presste sie hervor.
„Lügst du mich auch nicht an, Liliana?“ Dieser sanfte, aber gefährliche Tonfall, den er bewusst einsetzte, um zu bekommen, was er wollte. Und seine Hand – warm und rau – legte sich in ihren Nacken.
Ehe sie antworten konnte, fuhr sein Kopf hoch. „Ich muss gehen. Die Bewohner des Abgrunds müssen daran erinnert werden, wer über sie herrscht.“
Liliana hätte zu einer zitternden Pfütze zusammenschmelzen können, sobald er gegangen war. Der Mann war mächtig. Und sie spielte ein sehr gefährliches Spiel, indem sie ihm gestattete, so weit zu gehen. Und wenn sie noch weiter gingen und er herausfand, wer sie wirklich war …
„Er wird mich ohnehin hassen.“ Es war eine schmerzhafte Erkenntnis, aber sie war auch befreiend. „Es gibt hier kein glückliches Ende für dich, Liliana.“ Was machte es also, wenn sie sich auf dem Weg nach Elden ein paar Augenblicke des Glücks stahl? Wenn sie ihm erlaubte, sie wie eine begehrenswerte Frau zu behandeln, auch wenn sie das nicht war? Das machte sie zu einer Lügnerin und
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