Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)
geraten.
„Nein“, flüsterte sie und kämpfte gegen die Stimme an, gegen diesen Teil von ihr, den der Blutmagier mit seiner eigenen Bosheit versucht hatte zu vergiften.
Ein Leben war jedes Opfer wert. Denn wie konnte Liliana hoffen, ein Königreich zu retten, solange sie bereit war, sich dem Bösen zu beugen, wenn es vor ihr stand?
Sie trat aus den Schatten und ging auf leisen Sohlen auf den Magier zu. Trotzdem spürte er ihre Anwesenheit und drehte sich um. „Liliana!“, rief er erschrocken. „Dein Vater sucht dich.“ Habgier glitzerte in seinen Augen. „Jetzt werde ich es sein, der dich nach Hause bringt.“
„Welche Belohnung hat er dafür versprochen?“
„Ländereien, Reichtum, Macht.“ Er erschauerte, eine hässliche Imitation echter Freude. „Die Vereinbarung mit Ives ist beendet“, sagte er und bezog sich dabei auf den Mann, mit dem Liliana hatte verheiratet werden sollen – ob mit oder ohne ihre Zustimmung. „Wer dich findet, bekommt dich zur Frau und nimmt dich in sein Bett.“ Er versuchte nicht, seinen Ekel zu verbergen. „Du bist seine Tochter.“
Diese direkte Verbindung zu mehr Macht wäre es ihm wert, eine abstoßende Kreatur wie sie zu heiraten, das wusste Liliana. Bards Messer tief in den Falten ihrer Schürze verborgen, trat sie näher. „Seid Ihr deswegen hier in diesem Dorf?“
„Die anderen haben sich in alle Ecken der Königreiche verstreut, aber ich wusste, dass du etwas Unerwartetes tun würdest. Ich habe dich im Auge behalten – du bist klüger, als alle denken.“
Sie durchfuhr ein kalter Schauer bei der Vorstellung, dass er sie beobachtet hatte. „Ihr wisst, was jenen wie Euch passiert, die es wagen, den Abgrund zu betreten.“ Selbst ihr Vater fürchtete diesen Ort und wagte es nicht, einen Fuß in diese Welt zu setzen.
Hinter seinen Augen schien es kurz zu flackern. „Wir verschwinden von hier, sobald ich meine Macht aufgeladen habe.“
„Ja.“ Mit diesem Wort griff sie an und zielte dabei auf seinen Hals.
Sie verfehlte ihn.
Die Spitze des Messers glitt an seinem Wangenknochen ab, und sie wurde von brutaler Kraft zurückgeworfen. Sie wehrte sich mit ihrer eigenen Magie, und es gelang ihr, ihn ins Straucheln zu bringen, aber er fiel nicht. Dann drehte er sich zu dem Mädchen hinter sich um. Die Wunde an seiner Wange klaffte dabei grotesk und blutig. „Erst werde ich sie kosten. Dann kümmere ich mich um dich.“ Er küsste das Mädchen und krallte seine Finger grob in ihre Brust. „Schade, dass ich nicht die Zeit habe, sie zu genießen.“
Der Schmerz in ihren Rippen raubte Liliana den Atem, dennoch kroch sie auf ihn zu. Der Bastard glaubte, sie wäre außer Gefecht, aber das war sie nicht. Und doch war es zu spät. Der Magier hatte seine Beschwörungsformeln beendet, ging in die Knie und legte das Messer an den Hals des Mädchens.
„Nein!“
Er fing an zu lachen … dann wurde sein Kopf in ihre Richtung gedreht, und seine Augen traten hervor. Sein Hals brach mit einem einzigen harten Knacken durch mächtige Hände, die aus Mitternachtsschatten geschaffen zu sein schienen.
Etwas Heißes lag auf ihrem Gesicht, ein warmes feuchtes Tuch. Ihre Rippen schmerzten, der tröstliche Duft von Gewürztee drang in ihre Nase. Sie hob schwere Lider und sah in das Gesicht der Brownie, die langsam zu ihrer besten Freundin wurde. „Jissa.“ Ihre Stimme war heiser, ihre Kehle trocken.
„Oh, du bist wach, endlich wach.“ Tränen, groß und durchscheinend blau, liefen Jissas Gesicht hinab, noch als sie Liliana dabei half, sich aufzusetzen, und ihr ein Glas an die Lippen hielt. „Ich dachte, du wärst tot. Ganz tot.“
Liliana schob das Wasser nach einigen Schlucken von sich und ergriff die Hand ihrer Freundin. „Das Mädchen?“
„Sicherheit, ist in Sicherheit.“ Jissa wischte sich die Tränen weg, aber es flossen immer neue, groß und langsam. „Keine Erinnerung, überhaupt keine.“
„Gut.“ Schuldbewusst fragte sie: „Bard?“
Jissa tätschelte ihr die Hand. „Er sorgt sich um dich, hat die Tür die ganze Zeit nicht verlassen. So viel Sorgen.“
Liliana war sich sehr sicher, dass Bard nicht aus Sorge um sie Wache stand, aber sie wollte Jissa damit nicht das Herz brechen. „Wie lange habe ich geschlafen?“, fragte sie stattdessen und bemerkte, dass sie wieder ihr grobes braunes Kleid trug.
„Seit der Lord dich letzte Nacht nach Hause getragen hat. Jetzt ist es Morgen, die Sonne scheint.“ Jissa senkte die Stimme. „Wütend war er. So
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