Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)
Betrügerin, aber wenn sie erst tot oder verstoßen war und ihr Vater besiegt, würde der Wächter des Abgrundes ihr diese Täuschung vielleicht vergeben.
Tränen brannten in ihren Augen, und sie hätte ihnen vielleicht nachgegeben, wäre da nicht der schreckliche Schauder gewesen, der ihr den Rücken hinablief. Sie kannte diese Art Schauder: Sie bedeutete, dass in der Nähe schwarze Blutmagie gewirkt wurde. Ihr Magen verkrampfte sich vor Schreck und Wut, und sie rannte aus der Küche bis an das riesige Tor der Schwarzen Burg.
Bard erschien wie aus dem Nichts, um sich ihr in den Weg zu stellen.
„Blutmagie“, sagte sie und betete, dass er sie verstand. „Da draußen ist Blutmagie.“ Schrecklich und tödlich und stinkend vor Bosheit.
Der Mann blinzelte einmal. „Du bleibst hier.“
„Nein! Du verstehst nicht! Diese Art von Blutmagie …“ Schmutzig, faulig. „Sie bedeutet, jemand wird geopfert!“
Bard verzog keine Miene. „Du bleibst hier.“
Liliana biss sich auf die Zunge, so fest, dass es blutete. Dann flüsterte sie einen Zauber, der den Riesen zusammenbrechen ließ. „Es tut mir leid“, sagte sie und bückte sich, um ihm ein gebogenes Messer aus dem Gürtel zu ziehen. „Du wirst im Handumdrehen wieder aufwachen.“ Sie öffnete einen Flügel des schweren Tores und rannte hinaus in die schwarze Umarmung der Nacht.
10. KAPITEL
L iliana rannte durch den Flüsternden Wald, der aufgebracht rauschte. Nur die dünnen bestickten Schuhe, die sie vor ein paar Stunden in der Küche gefunden hatte, schützten ihre Füße vor scharfen Kanten, Steinen und Zweigen. Auf der Brücke, die den brausenden Fluss überspannte, wäre sie beinahe auf dem feuchten Moos ausgerutscht, doch sie rannte weiter und raffte dabei den Rock hoch über die Knöchel.
Die Lichter des Dorfes tauchten vor ihr auf, funkelnd und warm, aber durchzogen vom schwefligen Dunst der Blutmagie. Sie kämpfte gegen die Übelkeit an und rannte Hals über Kopf darauf zu, gerade vorsichtig genug, um sich nicht das Genick zu brechen. Denn wenn sie das tat, würde ein Unschuldiger sterben. Immer benutzten ihr Vater und seine Schüler Unschuldige. Ihr Blut war mächtiger, sagten sie. Reichhaltiger. Reiner. Aber nicht heute Nacht, schwor sie sich,
nicht heute Nacht
!
Sie stolperte bis an die Dorfgrenze und blieb dort stehen, um zu orten, wo genau das Böse sich befand. Sie fügte sich einen kurzen Schnitt in der Handfläche zu, achtete aber darauf, dass kein Blut auf die Erde tropfte, damit man sie nicht finden konnte. Dann befahl sie der Magie, sich zu erheben und ihr schwarzes Ebenbild zu suchen. Ihre Magie zögerte angewidert.
Unschuldige
, drängte Liliana,
unschuldiges Blut. Such das unschuldige Blut.
Kein Zögern mehr. Ihre Macht wand sich in tiefroten Funken durchs Dorf, und Liliana rannte ihr nach, rannte um Häuser herum, deren Fensterläden für die Nacht geschlossen und deren Höfe verlassen waren, über die ebenso menschenleere Hauptstraße und auf die Dorfwiese.
Ihre Magie zischte über den Abschaum, den sie dort sah, und wollte sich würgend um den Hals des Mannes schlingen, aber Liliana hielt sie zurück.
Warte. Warte. Wir haben nur die eine Chance.
Schwarze Blutmagier, vollgesogen mit Macht, die sie hilflosen Opfern geraubt hatten, waren stärker als Magier wie Liliana, die nur ihre eigenen Reserven benutzten.
Dieser hier war ein dünner, gut aussehender Mann. Mit seinem Gesicht war es ihm wahrscheinlich gelungen, das junge Mädchen aus dem Dorf, das zu seinen Füßen lag, mitten in der Nacht hierherzulocken. Sie lag bewusstlos im Gras, und der Magier sprach seine Zauberformeln über ihr, eine gezackte Klinge in der Hand. Diese Klinge, wusste Liliana, würde sich bald tief in den Bauch des Mädchens graben. Ein langsamer qualvoller Tod, bei dem ihr Blut Tropfen für Tropfen aus ihr herausquoll, während ihr Mörder trotz ihrer Qualen ihre Schmerzensschreie verstummen lassen und sich an ihrer Lebenskraft und ihrem Tod betrinken würde.
Macht loderte in der Luft auf, als der Zauberer über dem Mädchen eine Rune in die Luft malte. Liliana sah, dass er einer der Alten war, auch wenn sein Gesicht jung schien. Alt und mächtig. Es wäre dumm, sagte eine Stimme in ihr, das eigene Leben für dieses Mädchen zu opfern, wo sie doch gekommen war, um ein ganzes Königreich zu retten. Wenn Liliana starb, würde der Lord der Schwarzen Burg sich nicht erinnern und nie zurückkehren.
Und Elden würde für immer in die Klauen ihres Vaters
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